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04.09.10 / Front gegen das Volk / Der Fall Sarrazin zeigt, wie weit sich die Politik von den Bürgern entfernt hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-10 vom 04. September 2010

Front gegen das Volk
Der Fall Sarrazin zeigt, wie weit sich die Politik von den Bürgern entfernt hat

Während sich Politiker in ihrem Entsetzen über Thilo Sarrazins Äußerungen überbieten, erhält er aus dem Volk breite Zustimmung.

Selten zeigte sich ein derart tiefer Graben zwischen der politischen Führung dieses Landes und weiter Teile, wenn nicht gar der großen Mehrheit des Volkes. Die führenden Politiker aller Bundestagsparteien waren sich lange nicht mehr so einig wie in der Verdammung von Thilo Sarrazin. Was sich hingegen in den überquellenden Leserforen, gedruckt und vor allem im Internet, zeigt, ist breite Zustimmung für die vergangene Woche von Sarrazin vorveröffentlichten Teile seines Buches und seine in zahlreichen Interviews geäußerten Thesen.

Kennzeichnend für die Stimmen aus dem Volk ist vor allem die Qualität der Beiträge. Es ist eben nicht „dumpfes Stammtischniveau“, das dort zutage tritt, wie einige Politiker, Lobbyisten und Medienmacher reflexhaft behaupten. Was sich in den massenhaften Reaktionen äußert, ist die ernste Sorge von Menschen, die sich durchaus differenziert und kenntnisreich mit den Problemen auseinandersetzen, die sie durch die muslimische Einwanderung hervorgerufen sehen.

Nichts davon will man „oben“ wissen: Mit aller Unerbittlichkeit soll Thilo Sarrazin an den Rand gedrängt, gesellschaftlich abgeurteilt werden. Die Hoffnung ist, dass Sarrazin bald vergessen ist und sich das Volk schon wieder beruhigen wird. Die erst im vergangenen März 93-jährig verstorbene Pionierin der deutschen Meinungsforschung, Elisabeth Noelle-Neumann, nannte diesen Prozess die „Schweigespirale“: Von mächtigen Meinungsmachern dekretiert wird eine bestimmte Meinung mit solcher Wucht verbreitet (und die gegenläufige verworfen), bis zunächst niemand mehr wagt, gegen das Meinungsdekret öffentlich aufzutreten.

Später wagt er auch nicht mehr, im privaten Rahmen zu widersprechen, und eines Tages möchte er nicht einmal mehr „politisch inkorrekt“ denken, passt sich auch innerlich an. In diesem Stadium dann sind die Abweichler endgültig zum Schweigen gebracht.

Angesichts der Menge an Sarrazin-freundlichen Reaktionen aus dem Volk erscheint es allerdings zum derzeitigen Stand fraglich, ob die „Spirale“ hier noch wirkt. Der Unwille, den bisherigen Bahnen der offiziellen „Integrationsdebatte“ zu folgen, hat kaum geahnte Ausmaße angenommen. Es hat sich eine innere Distanz zwischen „unten“ und „oben“ aufgebaut, die in den Zentralen der Macht offenbar lange nicht wahrgenommen wurde.

Doch wenn die „Repräsentanten des Volkes“ in einer so existenziellen Frage wie Immigration und Integration per Einheitsfront gegen eine Mehrheit des Volkes auftreten, dann werden bald Fragen laut, wie „repräsentativ“ unser Parteiensystem überhaupt noch ist. Die Debatte ist Wasser auf die Mühlen derer, die sagen, dass unser Parteienspektrum das Meinungsspektrum der Deutschen längst nicht mehr angemessen widerspiegelt. Hans Heckel


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