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04.09.10 / Grüne auf Stimmenfang / »Stuttgart 21« wird zum großen Thema bei der Landtagswahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-10 vom 04. September 2010

Grüne auf Stimmenfang
»Stuttgart 21« wird zum großen Thema bei der Landtagswahl

Für den Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) wird es eng: Die Proteste gegen das Bauvorhaben „Stuttgart 21“, das vorsieht, den Hauptbahnhof der baden-württembergischen Landeshauptstadt zu einem unterirdischen Durchgangsbahnhof umzubauen, werden immer stärker. Bestehende Unklarheiten im Bauprozess sowie wackelnde Fronten könnten dafür sorgen, dass am Ende Köpfe rollen. Zumindest stehen alsbald entscheidende Gespräche an. 

In diesem Monat erreichten die Proteste ungekanntes Ausmaß: Am 27. August kamen etwa 30000 Menschen auf die Straße (die Veranstalter zählten 50000) und zogen vom Bahnhof zum Landtag. Bilder von drei Protestlern, die sich via Hebebühne an einen Großbagger ketteten, der zum Abriss eines Bahnhofsflügels eingesetzt wird, sorgten für Furore. Unmut verursachten krawallmachende „Protest-Touristen“, die nicht selten unter der Fahne linksextremer Organisationen segelten. Die neue Schärfe im Protest war Anlass für einen Offenen Brief von OB Schuster. In diesem forderte er zu einer sachlicheren Diskussion auf: „Ich habe kein Verständnis für verbale Attacken, Diffamierungen oder Beleidigungen, mit denen Stuttgart 21-Befürworter eingeschüchtert, genötigt oder bedroht werden.“

Die Grünen, die von Anfang an gegen das Projekt waren, sprachen von einer „Diffamierung“ des Aktionsbündnisses gegen „S21“ und wiesen den Vorwurf einer „Radikalisierung“ zurück: „Der Protest ist getragen von abertausenden von eigenständig und kritisch denkenden Bürgern, die sich individuell gegen das Projekt stellen. Sie laufen nicht hinter irgendeiner Fahne her, sondern nehmen ihr in der Demokratie verankertes Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch.“ Auf Seiten der Gegner ruft man unverändert zu „kreativen“ und „phantasievollen“ Aktionen auf.

Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), OB Schuster und Bahn-Chef Rüdiger Grube kündigten nun für Anfang September einen Runden Tisch an, zu dem auch der grüne Landes-Fraktionschef Winfried Kretschmann eingeladen wurde. Neuer Streitpunkt ist die Forderung der Gegner, während der Gespräche einen Baustopp zu verhängen, was bislang abgelehnt wird.

Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat bleiben dagegen bei der Forderung. Sie wissen, dass sie seit letztem Jahr mit 25,3 Prozent nur deshalb die größte Fraktion in der Landeshauptstadt bilden, weil sie den Protest gegen „S21“ auf sich vereinigen konnten. Laut einer Umfrage der „Stuttgarter Nachrichten“ von Mitte August sprechen sich 63 Prozent der Stadtbewohner gegen das vier Milliarden schwere Prestigeprojekt aus. Gangolf Stocker, Sprecher des Aktionsbündnisses, antwortete zynisch und enttäuscht auf die Frage, was sich Kretschmann vom Gesprächsangebot der Gegenseite erhoffte: „Vielleicht eine Koalition nach der Landtagswahl?“

In der Tat dürfte die nahende Landtagswahl im März 2011 für eine völlig neue Ausgangssituation sorgen: Mappus, der damit rechnen muss, dass es für Schwarz-Gelb nicht mehr reicht, liebäugelt mit der SPD, die zwischen die Fronten gerät. Die Grünen müssten sich in ihrer Position mäßigen, wollen sie Regierungsluft schnuppern. Eine Entscheidung drängt.                         C.C.


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