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04.09.10 / Auf der Flucht vor Dürre / Wassermigration könnte für Russland zum Problem werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-10 vom 04. September 2010

Auf der Flucht vor Dürre
Wassermigration könnte für Russland zum Problem werden

Die verheerende Dürreka-tastrophe in Russland hat in den südlich angrenzenden Regionen Angst vor anhaltender Hitze und dem Klimawandel hervorgerufen. Seit einigen Jahren steigen in den fünf ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenien und Usbekistan die Temperaturen stetig an. Sie beziehen nahezu all ihr Wasser aus einem einzigen Gebirge, dem Pamirgebirge. Selbst in Kirgisien und Tadschikistan, auf deren Territorien sich Gletscher befinden, nehmen Dürreperioden zu, was das Abschmelzen der Gletscher zur Folge hat. Nur Kasachstan wird von Flüssen aus anderen Gebirgen und aus Russland mit Wasser versorgt. Weil die Oberanlieger der Flüsse Amurdarja und Syrdarja – Kirgisien und Tadschikistan – zur Energiegewinnung Wasserkraftwerke gebaut haben und deshalb bei den Ländern am Unterlauf, Usbekistan, Turkmenistan und Kasachstan weniger Wasser ankommt, das diese aber dringend für ihre Landwirtschaft und für die Versorgung ihrer großen Bevölkerung mit Trinkwasser benötigen, kommt es zu ständigen Konflikten.

In Russland wächst die Sorge, dass es bei zu erwartenden militärischen Konflikten in der Region zu verstärkter Migration Richtung Norden kommen könnte. Schon seit einigen Jahren wachsen in  Russland die Probleme mit illegaler Arbeitsmigration, vor allem in der Millionenmetropole Moskau. Nikolaj Petruschew, Chef des russischen Sicherheitsdienstes, fürchtet deshalb eine steigende Welle von Wassermigranten. Allein im Jahr 2009 kamen über 20 Millionen Menschen aus wasserlosen Gegenden im Süden nach Russland, Tendenz steigend. Zwar verfügt Russland über zirka 20 Prozent aller Trinkwasservorräte der Welt, hat aber selbst ein Riesenproblem mit der Nutzung. Nur 38 Prozent der russischen Ortschaften waren 2009 mit sauberem Trinkwasser versorgt. In der Hälfte der Städte gibt es erst gar keine Qualitätskontrollen für Trinkwasser.

Bei aller Komplexität der durch Dürre und Naturkatastrophen hervorgerufenen Probleme bietet deshalb die steigende Wasserknappheit auch Chancen für Russland. Dem Land könnte zukünftig eine Schlüsselrolle als Wasserexporteur zufallen, wenn es ihm gelingt, durch Umweltschutz und Renaturierungsmaßnahmen die immensen Wasservorräte als Trinkwasser zu nutzen. Laut Vereinten Nationen wird in den nächsten 20 Jahren das Thema Wassersicherheit neben der Energiesicherheit mehr Bedeutung gewinnen. Schon heute hat ein Drittel der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Finanzexperten haben den Rohstoff Wasser längst als Spekulationsobjekt erkannt. Zwar gibt es  noch keinen globalen Wassermarkt, sondern nur zahlreiche regionale Märkte, Analysten sehen jedoch Bedarf und sagen dem globalen Wassermarkt ein überdurchschnittliches Wachstum voraus. Schon heute existieren Investitionsmöglichkeiten in Unternehmen, die Staudämme und Meerwasserentsalzungsanlagen bauen, die Wasser- und Abwassernetze modernisieren sowie zur Optimierung des Wasserverbrauchs in Industrie und Agrarwirtschaft beitragen. Sie trauen Russland eine wichtige Rolle als Exporteur von Wasserprodukten zu. Das steigende Wasserdefizit wird dabei unvermeidlich zu Preisanstiegen führen.        Manuela Rosenthal-Kappi


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