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04.09.10 / Favoritin des Deutschordensstaates / Eine Reliquie der Katharina von Alexandrien wurde eigens nach Ostpreußen überführt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-10 vom 04. September 2010

Favoritin des Deutschordensstaates
Eine Reliquie der Katharina von Alexandrien wurde eigens nach Ostpreußen überführt

Katharina von Alexandrien erfreute sich im Deutschordensstaat einer Beliebtheit wie kaum eine andere Heilige. So gehört die Translation einer Katharinenreliquie in die Komturei Brandenburg am Frischen Haff denn auch zu den wenigen Überführungen einer Reliquie an einen anderen Ort, von denen die Umstände bekannt sind, .

Allgemein standen die Märtyrer und Märtyrerinnen der frühen Christenheit während der Epoche der Kreuzzüge (1096–1291) bei Fürsten und Rittern in hohem Ansehen. Sie galten als Schutzpatrone der Kreuzritter und wurden von ihnen vor einer Schlacht um Hilfe durch ihre Fürbitte zu Gott angerufen. Wie die Märtyrer fassten auch jene, die unter dem Zeichen des Kreuzes ins Feld zogen, bewusst die Möglichkeit ins Auge, im Glaubenskampf zu sterben.

Beim Deutschen Orden erfreute sich dabei die byzantinische Heilige Katharina von Alexandrien besonderer Beliebtheit. Durch den Einfluss der Deutschordensritter wurde sie in Ostpreußen zu einer großen Volksheiligen, sogar zu einer der beliebtesten weiblichen Heiligen nach der Jungfrau Maria. Auch von manchen Gelehrten bereits im ausgehenden Mittelalter geäußerte Zweifel an der tatsächlichen Existenz Katharina von Alexandriens taten dieser Popularität keinen Abbruch. Ab 1300 zählte sie zu den 14 Nothelferheiligen. Für ihren Festtag, den 25. November, entwickelte sich ein vielfältiges Brauchtum. So wurde in Königsberg im 14. Jahrhundert ein Katharinenspiel aufgeführt, das der geistlichen Erbauung der Gläubigen diente.

Äußerst selten nur sind die Umstände der Überführung einer Reliquie an einen anderen Ort überliefert worden. Bezeichnenderweise gehört dazu Translation einer Katharinenreliquie in eine ostpreußische Komturei, nämlich nach Brandenburg am Frischen Haff nahe Königsberg. Über dieses Ereignis des Jahres 1378 ist ein Bericht des Chronisten Wigand von Marburg, eines Herolds des Deutschen Ordens, erhalten. Wigand beschrieb detailliert die Umstände der Reliquienüberführung. Ihr Ziel, die Brandenburg des Deutschen Ordens, war zur Überwachung der Schiffe nach Königsberg angelegt worden. Bei der Reliquie handelte es sich um ein Geschenk des römisch-deutschen Kaisers Karls IV. (1316–1378) an den Komtur der Burg Brandenburg, Gün­ther von Hohenstein, da dieser ihm zuvor als Komtur von Schwetz treue Dienste geleistet hatte. Der Kaiser hatte ihm die Erfüllung eines Wunsches offeriert, worauf sich Günther von Hohenstein eine Reliquie der Heiligen Katharina aus dem großen Reliquienschatz des Monarchen erbeten hatte. 1378 wurde ihm diese wunschgemäß überbracht, wobei der ermländische Bischof Heinrich III. Surbom, ein ehemaliger Sekretär Karls IV., die Vermittlerrolle übernahm.

Der überaus fromme Kaiser Karl IV. nannte eine der größten Reliquiensammlungen der damaligen Zeit sein eigen. Sie wurde im Dom zu Prag und auf dem Karlstein in Böhmen aufbewahrt. 1373 hatte der Kaiser das Kurfürstentum Brandenburg für 500000 Gulden erworben und Tangermünde zu seinem Zweitsitz gemacht. Von dort brach der schwerkranke Regent im November 1377 mit Bischof Heinrich Surboom in seinem Gefolge zu seiner letzten Reise auf, die ihn zu einem französischen Wallfahrtsort führte. 1378 kehrte er nach Prag zurück, wo er wenig später starb.

Im selben Jahr ließ Bischof Heinrich die Reliquie in die Komturei Brandenburg überbringen. Günther von Hohenstein hatte dafür eine kostbare Figur der Heiligen Katharina als Behälter anfertigen lassen, da er, nach Wigand von Marburg, sich diese Heilige „zur Himmelsbraut und Freundin“ erwählt hatte. Die Statue wurde mit einem prachtvollen Mantel umgeben, und zu ihren Füßen lag Maxentius, der heidnische Herrscher. An dem festgesetzten Tag geleiteten 220 Geistliche das Behältnis mit seinem kostbaren Inhalt in feierlicher Prozession zum Dorf Brandenburg, wo es von den Menschen mit Jubel empfangen wurde. Bischof Heinrich feierte eine Messe zu Ehren der jungfräulichen Katharina, und der Gemeinde wurde bekannt gegeben, auf welche Weise die Reliquie dorthin gelangt war. Anschließend trug der Bischof das Reliquiar in einer von Gesang begleiteten Prozession in die Burgkapelle.

Günther von Hohenstein starb 1380. Er wurde in der Kirche des Dorfes Brandenburg beigesetzt. Burg und Kirche sind seit den Kämpfen von 1945 Ruinen. Das Katharinenreliquiar aus der Burgkapelle gelangte – wann genau, ist nicht bekannt – in die Marienburg, wo es in der Kapelle des Hochmeisters aufgestellt wurde, die den Namen „St. Katharinenkapelle“ erhielt. Dagmar Jestrzemski

Die Verfasserin dieses Beitrags ist Autorin des diesen Sommer im Berliner Lukas Verlag für Kunst und Geistesgeschichte erschienen Buches „Katharina von Alexandrien – Die Kreuzritter und ihre Heilige“.


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