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11.09.10 / Auf tönernen Füßen / Nahost: Selbst Einigkeit der Verhandlungspartner änderte nichts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Auf tönernen Füßen
Nahost: Selbst Einigkeit der Verhandlungspartner änderte nichts

Der Nahost-Gipfel vorige Woche in Washington kann als einziges Ergebnis vorweisen, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und „Palästinenserpräsident“ Mahmud Abbas einander künftig regelmäßig „in der Region“ treffen wollen. Mehr war auch nicht zu erwarten, denn eine dauerhafte Konflikt-Lösung scheint nahezu aussichtslos.

Das liegt erstens am Kernproblem selbst. Denn die Palästinenser berufen sich darauf, dass sie Heimatvertriebene und in ihrer Heimat heute Unterdrückte und Bürger zweiter Klasse seien, obwohl ihre Vorfahren nie andere vertrieben hätten. Die Israelis wiederum begründen Ansprüche auf Palästina damit, dass es dort in der Antike ein jüdisches Königreich gegeben und Gott ihnen das Land verheißen habe. Nicht zuletzt darum wird der israelische Historiker Schlomo Sand so vehement für sein Buch „Die Erfindung des jüdischen Volkes“ angegriffen, und nicht zuletzt darum sucht man genetisch nachzuweisen, dass die heutigen Juden überwiegend von denen der Antike abstammen und nicht bloß von Konvertiten.

Zweitens liegt es an den Verhandlungspartnern. Der ungleich stärkere ist zwar Netanjahu, der in einer im Mai von der „Jerusalem Post“ veröffentlichten Rangliste der 50 weltweit einflussreichsten Juden an erster Stelle steht. Doch selbst wenn er bei der völkerrechtswidrigen Besiedelung des Westjordanlands und der Jerusalem-Frage zu Konzessionen bereit wäre, würden das die extremistischen Kleinparteien, auf die seine Regierung angewiesen ist, verhindern. Mahmud Abbas wiederum hat weder de iure noch de facto ein Mandat für Vereinbarungen. Denn seine Amtszeit ist bereits im Januar 2009 ausgelaufen, und selbst wenn die Hamas heute vielleicht keinen so gewaltigen Sieg erringen dürfte wie in den freien Wahlen Anfang 2006, würde seine Fatah nicht einmal die relative Mehrheit erreichen.

Und die als Vermittler agierenden USA sind ebenso parteiisch wie die zwei anderen von Präsident Obama bestellten „Vermittler“, deren Regierungen ganz von US-Finanz- und Militärhilfe abhängen. Obama, der nur Misserfolge oder durchsichtige Schein-erfolge vorweisen kann, steht vor Kongresswahlen. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, der auch gleich seinen Sohn und geplanten Nachfolger Gamal mitbrachte, ist daheim so verhasst wie nie zuvor. Und die Untertanen von Jordaniens König Abdallah II. sind mehrheitlich vertriebene Palästinenser.

Drittens ist das Palästina-Problem untrennbar mit sämtlichen anderen nahöstlichen Konflikten verflochten, die – zumindest in ihrem Ausmaß – Folgeerscheinungen des Palästina-Konflikts sind. Alle Araber wissen, dass Israel bereits Dutzende UN-Resolutionen einfach ignorieren konnte und dass die USA alle Israel nicht genehmen Sicherheitsratsbeschlüsse blockieren oder entschärfen. Und selbst die in der Arabischen Liga nach jahrzehntelangem Ringen formulierte Formel „Frieden bei Rückzug Israels auf die Grenzen vor 1967“ gilt in Israel als inakzeptabel. R. G. Kerschhofer


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