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11.09.10 / Die rote Wut auf Grün / Umfrage: Ökopartei stärkste Kraft an der Spree – SPD: »Lohn der Verantwortungslosigkeit«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Die rote Wut auf Grün
Umfrage: Ökopartei stärkste Kraft an der Spree – SPD: »Lohn der Verantwortungslosigkeit«

Die Beobachter der politischen Szene in der Hauptstadt grübeln: Können die Grünen mit einer möglichen Spitzenkandidatin Renate Künast im Herbst 2011 stärkste Partei werden? Und falls ja: Wen suchen sie sich als Juniorpartner aus? Die handzahme CDU oder die fuchsteufelswilde SPD?

Die Umfrage von Ende August ließ in der Tat aufhorchen: In der Hauptstadt führen die Grünen laut „Forsa“ mit 27 Prozent vor der SPD mit 26 Prozent. Es folgen die CDU mit 17, die Linke mit 16 und die FDP mit vier Prozent. Wenn die FDP im Herbst 2011 tatsächlich aus dem Abgeordnetenhaus flöge, könnte es rechnerisch für Grün-Schwarz reichen.

Die SPD reagierte in der Art einer Tarantel auf diese Umfragewerte. Generalsekretärin Andrea Nahles gab sich ungewohnt bissig gegenüber den Grünen, denen sich die SPD doch sonst ideologisch recht eng verbunden fühlt. Die Grünen wollten Volkspartei sein, ohne Verantwortung für die ganze Bevölkerung zu übernehmen, so Nahles im „Tagesspiegel“. „Sie wollen numerisch stark sein, ohne sich die Mühe zu machen, Kompromisse zwischen den Interessen unterschiedlicher Milieus zu schmieden.“

Damit verweist Nahles indirekt auf die Schwierigkeiten und Sachzwänge, in denen die SPD selbst wegen ihrer Regierungsverantwortung steckt und die zwangsläufig die links-ideologische Ideallinie der Partei verfälschen – im Gegensatz zur Daueropposition der Grünen. Die profitieren in einer politikverdrossenen Öffentlichkeit davon, dass sie praktisch konsequent „gegen alles“ sein können und niemandem wehtun müssen.

Falls die bisherige Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Renate Künast, wie erwartet als Spitzenkandidatin in Berlin antritt – worüber die Hauptstadt-Grünen erst im November entscheiden wollen – kündigte Nahles einen harten und offensiven Wahlkampf an. Der SPD behagt offensichtlich die Aussicht gar nicht, möglicherweise nur die Rolle eines Juniorpartners der Grünen einzunehmen oder gar auf den harten Oppositionsbänken Platz nehmen zu müssen. Dabei ist es alles andere als sicher, ob der seit Monaten amtsmüde wirkende Bürgermeister Klaus Wowereit nochmals für die SPD antreten will.

Die CDU als weiterer möglicher Partner potenziell siegreicher Grüner ist weit von den Zeiten eines Eberhard Diepgen entfernt, als die Union zumindest im Westen Berlins durchaus mehrheitsfähig war. Gerade 17 Prozent in den Umfragen sind ein Armutszeugnis. Die Hauptstadt-CDU hat sich im Willen, zu einer „modernen Großstadtpartei“ zu werden, jahrelang beinahe systematisch jegliches konservative Profil abgeschliffen, statt es in der Opposition zu schärfen, wie es die Theorie der parlamentarischen Demokratie eigentlich vorsieht.

Als Morgengabe für eine mögliche Liaison mit den Grünen hat die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus den Islamkritiker Rene Stadtkewitz ausgeschlossen – auf Antrag des Fraktionschefs Frank Henkel selbst. Stadtkewitz, Landesvorsitzender der konservativen islamkritischen Bürgerbewegung „Pax Europa“, war bereits 2009 aus der CDU als Partei ausgetreten, weil er sich bei seiner Kritik am mangelhaften Integrationswillens vor allem der moslemischen Türken und Araber in Berlin alleingelassen fühlte.

Den Ausschluss-Antrag stellte Fraktionschef Henkel, nachdem Stadtkewitz sich geweigert hatte, eine Diskussion mit dem niederländischen islamkritischen Politiker Geert Wilders Anfang Oktober abzusagen. Außerdem sollte Stadtkewitz eine Treue-Erklärung zu den „Werten der Union“ unterschreiben – wobei Beobachter sich schon fragen, worin diese Werte bei der ziemlich profillosen CDU eigentlich noch bestehen sollten: Verbot jeder Kritik am Islam und Pflicht zur „Political Correctness“ etwa?

Kenner der Szene nennen den Fall Stadtkewitz bereits einen „zweiten Fall Sarrazin“, allerdings in der CDU. Der frühere Innensenator und langjährige konservative Haudegen Heinrich Lummer warnte die Spree-Union bereits ausdrücklich vor einem Ausschluss. Zum einen seien Stadtkewitz’ Warnungen vor dem Islam durchaus berechtigt, zum anderen müsse die CDU aufpassen, ihre konservativen Wähler nicht vollends zu verprellen, so Lummer in der „Jungen Freiheit“. Doch auf so erfahrene Stimmen hört in der Berliner CDU heute niemand mehr.

So darf erwartet werden, dass die CDU im Herbst 2011 ein bequemerer Juniorpartner für eventuell siegreiche Grüne wäre als eine frustrierte und angstbeißende SPD. Man darf schon einmal gespannt sein, ob sich die CDU wohl wenigstens gegen einen grünen Justizsenator Christian Ströbele wehren würde …

Renate Künast ist bereits dabei, die Latte für Grün-Schwarz noch höher zu legen und gleichzeitig Einschüchterungspotenzial für die CDU aufzubauen. Nach dem Kompromiss der christlich-liberalen Bundesregierung zur Verlängerung der Kernkraftwerks-Laufzeiten stellte sie sogar Bündnisse zwischen Grünen und CDU generell in Frage. „Wir haben immer gesagt, dass diese Atomenergiefrage natürlich die Möglichkeiten für Schwarz-Grün verschlechtert“, sagte Künast im ZDF.

Angesichts dieser scharfen Konfrontation, die SPD, Grüne und Linke auf Bundesebene auch mit dem Mittel einer Länder-Klage vor dem Bundesverfassungsgericht suchen, ist wiederum kaum vorstellbar, dass Künast und ihre Grünen für ihre erste „eigene“ Landesregierung ausgerechnet die CDU ins Boot holen.            Anton Heinrich


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