28.03.2024

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11.09.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,     

liebe Familienfreunde,

heute wollen wir über die erfreulichen Reaktionen berichten, die unsere letzten Folgen zu verzeichnen haben. Und wenn es auch keine großen Wunder sind, so ist jeder Erfolg wichtig, denn er beweist, wie unsere Leserinnen und Leser sich bemühen, Mosaiksteinchen zusammen zu tragen, die vielleicht ein Gesamtbild ergeben können. So sieht es auch Marko Starick aus Ludwigsburg, dessen Suchwunsch wir in Folge 28 veröffentlichten. Es geht um seine Urgroßmutter Anna Link, geb. Engel aus Wackern, Kreis Pr. Eylau, über deren Schicksal der 34-Jährige nur so viel weiß, dass sie nach missglückter Flucht im Winter 1946/47 an einem unbekannten Ort in Ostpreußen verhungerte. Er hatte gehofft, über unsere Ostpreußische Familie mehr über seine Familie zu erfahren, vielleicht auch entfernte Verwandte zu finden – das ist allerdings noch nicht eingetreten, aber die ersten Steinchen sind bereits gelegt worden Denn Herr Starick schreibt: „Dank der Veröffentlichung meines Schreibens habe ich Kontakt zu Herrn Schneidewind und Dietmar Wrage erhalten. Letzterer konnte mir eindeutig zusichern, dass Oskar Link – mein Opa – und sein Bruder Gerhard (also Söhne von Anna Link) auf dem Gut Prilacken, Gemeinde Wickau, geboren wurden. Der Vater Martin Ferdinand Link ist als Deputant auf dem Gut vermerkt. Herr Wrage hat mir weitere Hilfe angeboten und Kontakt zu Herrn Mückenberger hergestellt. Dieser hat bereits signalisiert, dass er Nachforschungen zur Familie Engel tätigen wird. Auch Walter Klink, Kirchspielvertreter Schillen, hatte sich – wie bereits in Folge 31 erwähnt – zu Worte gemeldet und Informationen zu meiner Ururgroßmutter Berta geb. Hobucher mitgeteilt. Auf diesem Wege möchte ich allen Personen recht herzlich danken!“ Und diesen Dank reiche ich gerne weiter.

Die Folge 28 ist anscheinend sehr sorgsam gelesen worden, denn es kamen Zuschriften zu weiteren Fällen. Wir berichteten, dass die Frage von Heidi-Huberta Baldauf aus Chemnitz nach dem Geburtsort ihrer Großmutter, den sie auf keiner Landkarte finden konnte, durch unsere Leser geklärt werden konnte: Bodzanowo lag im Gouvernement Plock südlich von Thorn. War das schon erfreulich, kam dann noch das Sahnehäubchen, denn Frau Baldauf teilte uns mit, dass dieser Ort auch einen deutschen Namen trug: Sporwitten! Sie schreibt: „Somit ein voller Erfolg. Die Freude war groß. Nochmals herzlichen Dank!“

Die in der gleichen Ausgabe erschienene Suchfrage von Petra Wollherr aus Zschorlau fand bisher leider kein nennenswertes Echo, denn sie bekam nur eine Zuschrift und die bezog sich auf den Geburtsort ihres Großvaters Eduard Moiszinski, der aber schon bekannt war: Lipno, Kreis Schwetz, Westpreußen. Doch es gab keine Angaben zu den großelterlichen Familien. Auf die Schwierigkeiten hatten wir schon hingedeutet, denn der staatenlose Eduard Moiszinski hatte den Namen seiner Frau Ida – Sokolowski – angenommen und zog mit seiner Familie als Wanderschmied durch das südliche Ostpreußen. Das sieht auch die Enkeltochter so, denn sie schreibt: „Ich bedanke mich für die Veröffentlichung meiner Suchanzeige. Aber mit meiner Familie ist das nun mal nicht einfach, die mussten ja alle zwei Jahre umziehen. Ich war jetzt in Masuren, in Lyck und Umgebung, dort ist es sehr schön. Meine Tante war mit, und wir haben ihren Geburtsort Glinken besucht. Da stand noch ihr Geburtshaus und auch die Schmiede, in der mein Opa gearbeitet hat. Dabei erzählte sie mir, dass die Leute im Ort zu meiner Großmutter nie „Frau Sokolowski“ gesagt hatten, sondern sie war die „Frau Schmied“. Vielleicht erinnern sich jetzt Landsleute aus der Lycker Gegend an den Schmied und seine Frau? Wir bleiben in dieser Angelegenheit weiter am Ball, da noch nähere Angaben zur Flucht der Familie zu erwarten sind.

Einen ähnlichen Fall hatten wir in Folge 31 gebracht, denn auch bei der Frage von Freya Rosan handelte es sich um ihren ebenfalls staatenlosen Großvater Andreas Wessolowski. Er soll einen „grünlichen Pass“ als Ausweis besessen haben, über den die Familie noch immer rätselt. Aber nicht mehr, denn kaum hatten wir die Frage veröffentlicht, kam eine E-Mail von Helge-Jan Schmodde, der sie restlos klärte: „Es handelt sich um den Nansen-Pass, der Anfang der 20er Jahre zunächst an russische Emigranten ausgestellt wurde. Seine Farbe war, wie einer seiner damaligen Inhaber in seinen Lebens-Erinnerungen schreibt, kränklich grün“. Das ist nun mehr als der von Frau Rosan erhoffte kleinste Hinweis, und der „blinde Fleck“ in ihrer Familiengeschichte ist somit gefüllt. Sie wird sich freuen ebenso wie Reinhard Kayss vom Kreisverband Neidenburg, der ihr den Rat gegeben hatte, sich an unsere Ostpreußische Familie zu wenden, was sich als der richtige Weg erwies. Ihnen, lieber Herr Schmodde, ein großes Dankeschön für diese prompte Information.

Wir freuen uns über jedes Lob, stärkt es doch unserer gemeinsamen Sucharbeit den Rücken. Und deshalb bedanke ich mich auch sehr herzlich für die Blumenkarte von Elke Schwenzfeier aus Wülfrath, die ohne Wunsch und Frage – einfach so – ihrer Verbundenheit mit unserer Ostpreußischen Familie mit wenigen Worten Ausdruck gibt: „Ich sende Ihnen und der gesamten Ostpreußischen Familie meine herzlichsten Grüße. Ihre Familienseite gehört zum menschlich Feinsten, was ich in meinem bisherigen Leben erfahren habe. Da findet Herzlichkeit statt! Danke!“

Und die empfindet auch die kleine Gruppe „Königsberger Kinder“, über deren Besuch in ihrer Heimatstadt, in der sie als Waisen die bitterste Zeit ihrer Kindheit erlebten, wir in Folge 30 berichtet haben. Für alle Beteiligten schreibt Helga van de Loo: „Sie haben uns eine große Freude bereitet. Von vielen Seiten, auch von Nichtbetroffenen, kamen Bekundungen, die Mitempfindung und auch Dank ausdrückten. Heute möchten wir, alle Beteiligten, unseren innigsten Dank für Ihre uns und unserer Mission so spontan geschenkten Aufmerksamkeit und Begleitung zum Ausdruck geben. Sie haben mit Ihrem feinfühligen Erkennen unserer Motivation, aus empfundener Verlorenheit, uns eine große, nachhaltige Genugtuung, auch Halt, vermittelt. Der Kontakt zwischen uns ist vielseitig, wie lebendig geworden, und wir werden ihn auch künftig pflegen. Es hat sich viel getan.“ Beigelegt waren diesem Schreiben mehrere, für die Dokumentation wertvolle Aufnahmen von der Einsetzung des von der Gruppe gestifteten Gedenksteines an die Königsberger Waisenkinder, die in den Jahren 1945 bis 1948 in Königsberg verstarben, auf dem ehemaligen Luisenfriedhof. Aus einigen dieser Fotos ist ersichtbar, dass der kleine Gedenkstein nicht so einsam steht, wie es auf der von uns veröffentlichten Aufnahme erscheint. Er befindet sich in enger Nachbarschaft zu einem größeren Stein, der vom Kirchenvorstand der Auferstehungskirche im vergangenen Jahr aufgestellt wurde: „Zur Erinnerung an die Menschen, die hier lebten, Ostpreußen und Königsberg als ihre Heimat liebten, die von hier in die Ewigkeit Gottes gingen und deren Leiber hier auf dem ehemaligen Luisenfriedhof beerdigt wurden“ – wie die Inschrift in Deutsch und russisch besagt. Gestiftet wurde dieser schöne Stein, zu dem ein Plattenweg führt, von der Königsberghilfe Bonn. Ich möchte mich bei Hannelore Müller für die mir übersandten Fotos aus dem heutigen Königsberg bedanken, mit denen ich unsere Kolumne bereichern werde.

Auch Eberhard Jung aus Bonn kann erste Erfolge auf seine Bitte nach Erinnerungen an seine Urgroßtante, die Dichterin Frieda Jung, verzeichnen. Angeregt durch die Fotos aus Kiaulkehmen, die uns Bruno Fietz übersandt hatte und auf denen auch das Schulhaus erkennbar war, hatte sich Herr Jung an uns gewandt als den einzig gangbaren Weg, noch etwas über die Dichterin zu erfahren, um ihre Biographie ergänzen zu können. Eine der wichtigsten Zuschriften kam von Irene Werner aus Dornstadt, da scheint sich eine interessante Geschichte zu ergeben, wie Eberhard Jung mir mitteilt. (Da ich ja selber über eine Urgroßmutter mit der Jung-Sippe verwandt bin, wenn auch recht weitläufig, bin ich natürlich sehr gespannt!) Beim Aufarbeiten der Unterlagen mit seiner Kusine Gerlies Niesner, geb. Donnermann, fand Eberhard Jung nun ein Foto, das im Sommer 1942 oder 1943 in Buddern aufgenommen wurde. Die damals zwei- oder dreijährige Gerlies aus Berlin war zu ihrer Urgroßmutter Martha Mengel, der Schwester von Frieda Jung, und ihrer Großtante Margarete Lengkeit nach Buddern gebracht worden, wo sie behütete Kindersommer verbrachte. Auf dem Foto hält sie ein größerer Junge an der Hand, der wie die Barfüssigkeit beweist, aus der Nachbarschaft stammte. Der Blondschopf könnte damals etwa sechs/sieben Jahre alt gewesen sein – wer erkennt ihn oder sogar sich selbst? (Eberhard Jung, Deutschherrenstraße 131 in 53 179 Bonn, Telefon: 0228/330901)

Von vielen Funden in Nachlässen haben wir in der letzten Zeit berichtet, so wollen wir es auch heute halten, und zwar mit einem heiteren Fundstück. Es geht um ein Gedicht, das Herrn Ulrich Lutz aus Neidlingen Rätsel aufgibt, weil es aus Fragmenten besteht. Seine Eltern stammen aus Masuren und deshalb glaubt er, dass das in ihrem Nachlass entdeckte Poem ein Spottgedicht auf unsere ostpreußische Eigenschaft ist, allem ein „…chen“ anzuhängen, ach Gottchen ja, das stimmt. Ich kenne das Gedichtchen nicht, aber sicherlich jemand von unseren Leserchen. Die ersten sechs Zeilen sind bekannt, sie lauten: „Bei nächtlichen Gewitterchen / im Walde ritt ein Ritterchen. / Er sah von fern ein Feuerchen, / das Herzchen schlug ihm freierchen. / Doch ach, wie sank sein Mütchen, / es waren acht Banditchen.“ Dann fehlen einige Zeilen, bis es zum Schluss heißt: „Der Mond trat aus den Wölkchen / beschien das tote Völkchen.“

Wenn es von einem ostpreußischen Verseschmied gemacht wurde, könnte es von Erich Petukat sein, dort fand ich es aber nicht. Und der hätte wohl auch nicht den – für uns untypischen – Umlaut gewählt, sondern „Volkchen“ auf „Wolkchen“ gereimt. Vielleicht hat also einer von außenbords uns Ostpreußen verspotten wollen – na, wollen mal sehen, ob jemand die fehlenden Zeilen kennt. Nicht nur Herr Lutz würde sich freuen, sondern auch wir. (Ulrich Lutz, Schloßstraße 131, 73272 Neidlingen, Telefon 07023/743131 oder 07023/71623 abends und am Wochenende.)

Erfreuliches kann ich auch für die nächste Kolumne aufheben. Was mich besonders berührt: Es sind immer mehr junge Menschen, die uns schreiben. Unbelastet von den persönlichen Erlebnissen, unter denen ihre Großeltern oder Eltern ihr Leben lang litten, fragen sie nach ihren Wurzeln. Und das gibt auch uns Kraft und Bestätigung unserer Brückenarbeit zwischen Generationen und Ländern.

Eure Ruth Geede


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