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11.09.10 / Kirchen und Katakomben / In neuem Glanz: Die dritte Kulturhauptstadt Europas, Fünfkirchen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-10 vom 11. September 2010

Kirchen und Katakomben
In neuem Glanz: Die dritte Kulturhauptstadt Europas, Fünfkirchen

Unter den drei Europäischen Kulturhauptstädten 2010 ist das in Südtransdanubien gelegene Fünfkirchen (Pécs) die unbekannteste. Und das völlig zu Unrecht. Die knapp 160000 Einwohner zählende Stadt ist einer der geschichtsträchtigsten Orte des Alten Kontinents. Sie stellt ein kunterbuntes Kaleidoskop der Völker dar – Europa in der Nussschale! Hier tummeln sich Serben, Kroaten, Tschechen und Deutsche, die „Donauschwaben“, die nach dem Rückzug der Türken Ende des 17. Jahrhunderts hier angesiedelt wurden. Der Reiseleiter János, der aus einer alten deutsch-ungarischen Familie stammt und ein unverfälschtes, von seinen Altvorderen gepflegtes Schwäbisch spricht, geht noch weiter in der Geschichte zurück. „Weit vor den Osmanen kamen die Römer, die sich bei uns wegen des milden Klimas und der vielen heißen Quellen sehr wohl fühlten. Unter Kaiser Diokletian wurde der Ort zur Hauptstadt der Provinz Valeria erhoben“, erzählt er.

Die folgende Herrschaft durch die Habsburger währte am längsten. Sie setzten Akzente, die sich sehr reizvoll mit denen ihrer muslimischen Vorgänger mischen. Am deutlichsten ist dies in der Architektur des weitläufigen Széchenyi ter (alter Marktplatz) spürbar. Während zahlreiche palastartige Bauwerke und die barocke Dreifaltigkeitssäule in der Mitte des Platzes lebhaft an die k.u.k-Vergangenheit erinnern, beschwört die monumentale, von einer grünen Kuppel gekrönte Moschee des Pascha Gasi Khasim an der Stirnseite die Türkenzeit herauf. Die Christen funktionierten sie später zur katholischen Pfarrkirche

St. Maria um. Zum Kulturjahr erstrahlt die gute Stube der Stadt in neuem Glanz. Die Fassaden sind gereinigt, die Gehsteige neu gepflastert. Fünfkirchen ist reich an Gotteshäusern. Das imposanteste ist die viertürmige St.-Peter-Basilika, deren Fundamente bereits im 11. Jahrhundert gelegt wurden. Nach verschiedenen Umbauten herrschen heute neoromanische Stilelemente vor.

Die historische Altstadt strahlt einen unwiderstehlichen südlichen Charme aus. Dort pulsiert das Leben auf Straßen und in engen Gassen, in Cafés unter freiem Himmel, in avantgardistischen Galerien und schicken Boutiquen. „Man nennt Pécs auch die Stadt der guten Laune“, strahlt eine junge Malerin, die gerade die prächtige, mit Keramik verzierte Jugendstilfassade eines Hauses auf ihre Leinwand bannt. Die Porzellanmanufaktur Zsolnay hat in den 150 Jahren ihres Bestehens zahlreiche Gebäude und Dächer mit anmutigen Dekors verschönert.

In Fünfkirchen kann man auch in die Unterwelt abtauchen. Die Katakomben erreicht man über das Besucherzentrum am Szent István ter. Sie sind Bestandteil des Unesco-Weltkulturerbes und führen den Besucher in die Bestattungsrituale der frühen Christen ein. Faszinierend sind die Wandmalereien aus dem Alten Testament, die farbenfrohen Darstellungen des Paradieses und der Apostel. Nach einem einstündigen Rundgang durch enge Gänge, über steinerne Treppen vorbei an verliesartigen Nischen freut man sich aber, wieder Tageslicht zu sehen. Uta Buhr


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