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25.09.10 / Tabuisierte Forschungen / Bei uns wird die Humangenetik misstrauisch beäugt – anderswo intensiv erforscht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-10 vom 25. September 2010

Tabuisierte Forschungen
Bei uns wird die Humangenetik misstrauisch beäugt – anderswo intensiv erforscht

Während die humangenetische Forschung weltweit wahre Erkenntnissprünge macht, ist in Deutschland politisch umstritten, ob die Ergebnisse solcher Forschungen überhaupt offen diskutiert werden dürfen. Deutschland ist in dieser Frage wissenschaftlich längst zur Provinz geworden.

Aus den Jahren, als Galileo Galilei mit dem Vatikan um die Kugelgestalt der Erde kämpfen musste, ist überliefert, dass die Vertreter des Papstes den von Galileo empfohlenen Blick ins Teleskop auf die Juppitermonde mit dem Verdikt ablehnten, das Gerät sei „Teufelszeug“. Und lehrte der Vatikan noch im 19. Jahrhundrt offiziell, die Sonne kreise um die Erde und nicht umgekehrt.

Ein ähnliches intellektuelles Desaster zeichnet sich heute in Deutschland beim Thema Humangenetik ab. Während SPD-Chef Sigmar Gabriel voller Abscheu sinngemäß erklärte, Thilo Sarrazin sei als Person des öffentlichen Lebens untragbar geworden, weil er ganzen Völker genetische Unterschiede zuschreibe, zeichnen überall sonst in der Welt Humangenetiker ein immer detaillierteres Bild der genetischen Geschichte von Völkern, Ländern, ganzen Kontinenten und von der Menschheit insgesamt.

Die Ergebnisse haben hunderte Facetten und sind für jeden an Geschichte und Anthropologie interessierten Menschen schlechterdings faszinierend. Ein winziges Beispiel der Ergebnisse der Arbeit der Humangenetiker zeigt die Grafik in der Bildmitte. Durch systematische genetische Vergleiche ist es gelungen, die Verwandtschaft der Indianervölker des amerikanischen Doppelkontinents verblüffend genau zu beschreiben. Diese Untersuchungen haben zwar (bisher) nicht dieselbe Sicherheit wie der typische DNA-Test mit seiner sprichwörtlichen 99,9999 -prozentigen Sicherheit bei der Identifikation von Personen. Und doch liefern sie Ergebnisse, die überaus lehrreich sind. Beispielsweise leben (wie zu erwarten) verwandte Völker oft in räumlicher Nachbarschaft. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Diese sind letztlich nur durch prähistorische Wanderungen erklärbar, für die humangenetische Untersuchungen ebenso den (indirekten) Nachweis geben wie für frühe Vermischungen ganzer Völker.

Das eine oder andere Ergebnis der Humangenetik taugt durchaus als Argument für eine Politik, wie Thilo Sarrazin sie empfiehlt. Zwar ist es bis heute nicht gelungen, intellektuelle Begabungen des Menschen mit diesem oder jenem der rund 28000 menschlichen Gene in Verbindung zu bringen − eher im Gegenteil: Je länger man über „Intelligenz“ forscht, umso deutlicher wird, dass dieses Phänomen viele Dimensionen hat und nicht so einfach zu fassen ist.

Und doch spricht vieles dafür, dass die Fähigkeiten des menschlichen Verstandes zu recht großen Teilen genetisch bestimmt werden. Das wusste man schon lange vor der Sequenzierung der menschlichen DNA etwa durch Forschungen an eineiigen Zwillingen. Später kamen die oft verblüffenden Schulerfolge solcher Kinder hinzu, die zwar in bildungsfernen Familien aufwachsen, deren biologischer Vater aber ein Spitzenwissenschaftler ist. Samenbanken in den USA, bei denen Frauen quasi nach Katalog bestellen können, haben solche Fälle „hervorgebracht“, über die inzwischen einiges geforscht wurde.

Allerdings sind die Ergebnisse der Humangenetik oft unerwartet und keineswegs so, dass Nationalisten immer ihre Freude daran hätten. Beispielsweise galten die Isländer bis vor einigen Jahren als „lupenreine“ Nachkommen der Wikinger und damit als sozusagen „waschechte“ Germanen – schließlich war Island bis zur Landnahme im 9. Jahrhundert menschenleer. Forschungen an der sogenannten mitochondrialen DNA, die allein in der mütterlichen Linie vererbt wird, ergaben hingegen einen erheblichen keltischen Einschlag im Genom der Isländer. Einzige Erklärung nach nochmaliger Sichtung der alten Sagas und Annalen: Vor der Besiedlung Islands sind die Wikinger des öfteren auf Irland und den britischen Inseln vorbeigekommen. Dort kam es offenbar zu Entführungen einheimischer Frauen, reguläre Eheschließungen wären überliefert worden. Nichts war es mit dem genetisch reinen Volk – und selbst die Ehre der alten Wikinger, deren brutale Raubzüge allerdings schon bekannt waren, hatte einen zusätzlichen Kratzer abbekommen.

Deutsche Medien berichten erstaunlich wenig über alle diese Dinge, vermutlich weil man doch irgendwelche Berührungspunkte mit der NS-Ideologie befürchten zu müssen meint. Das Ergebnis ist blanke Ignoranz, wie ein kurzer Vergleich der deutschen und englischen Wikipedia zum Themenkreis der Humangenetik eindrucksvoll zeigt. Über die eine oder andere Frage, die bei uns hochnervös diskutiert wird, wurde in den USA bereits vor 40 Jahren gestritten. Ein schwacher Trost: Viel souveräner wurden diese Debatten damals dort auch nicht geführt (siehe unten). K. Badenheuer

Foto: Faszinierende Forschungsergebnisse: Die Humangenetik erlaubt es, die Verwandschaftsbeziehungen ganzer Völker − hier der amerikanischen Indianer − verblüffend detailliert zu verstehen. Manchmal sind Völker, die nahe beieinander siedeln (hier durch gleiche Farben markiert) genetisch dennoch nur entfernt miteinander verwandt. Dies setzt frühe Wanderungsbewegungen voraus, die nicht historisch überliefert sind.

 

Zeitzeugen

Francis Galton – Der enorm vielseitige britische Naturforscher war ein Cousin von Charles Darwin. Galton (1822–1911) prägte den Begriff der Eugenik; viele seiner Theorien zur Vererbung von geistigen Eigenschaften und Verhaltensweisen sind naturgemäß überholt, sein Rang als Pionier der Humangenetik ist ihm indes nicht mehr zu nehmen.

 

Alan S. Kaufman – Der 1944 geborene US-amerikanische Psychologe gilt als Experte der Intelligenzforschung. Er kommt zu einem hohen Anteil der Vererblichkeit intellektueller Fähigkeiten. Der englische Wikipedia-Artikel über die „Vererblichkeit des IQ“ („Heritability of IQ“) umfasst übrigens volle 15 Seiten und zitiert 86 Quellen, darunter Kaufman. Ein deutschsprachiger Artikel zu diesem Thema existiert hingegen nicht.

 

Gregor Mendel – Der katholische Ordenspriester und Naturforscher gilt als Begründer der Vererbungslehre (Genetik) überhaupt. Mendel lebte von 1822 bis  1864 meist in der mährischen Hauptstadt Brünn und wurde durch seine Kreuzungsversuche mit Erbsen weltberühmt. Er verfolgte über Generationen die Vererbung von sieben Merkmalen und entdeckte, dass manche dominant, andere rezessiv vererbt werden. Viele Merkmale vererben sich indessen weit komplizierter.

 

Richard J. Herrnstein – Der US-amerikanische Psychologe (1930−1994) machte 1994 mit dem Buch „The Bell Curve“ über den wissenschaftlichen Bereich hinaus Schlagzeilen. Seine Kernthese lautete, dass die menschliche Intelligenz bestimmten statistischen Verteilungsregeln folgt und durch Bildungspolitik im Durchschnitt kaum zu beeinflussen ist.

 

Arthur R. Jenson – Der 1923 geborene Psychologe dänisch-polnischer Herkunft bezweifelt den Nutzen sogenannter „kompensatorischer Bildung“ für Schüler aus „bildungsfernen Schichten“. Der Nutzen sei im Durchschnitt so gering, dass solche Programme sich nicht lohnten. Jenson sieht aber durchaus Begabungen bei Arbeiterkindern, insbesondere in deren „assoziativer Intelligenz“, die durch geeignete Förderung, vor allem praktischen Unterricht, optimal entwickelt werden sollte.


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