20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.09.10 / Alles für den eigenen Machterhalt / CSU-Chef meint, mit Frauenquote die Bayern begeistern zu können − Vor allem junge Frauen sind dagegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-10 vom 25. September 2010

Alles für den eigenen Machterhalt
CSU-Chef meint, mit Frauenquote die Bayern begeistern zu können − Vor allem junge Frauen sind dagegen

Die CSU ringt in der Konservatismus-Debatte um ihr Profil. In der Ausländerpolitik und der Inneren Sicherheit fährt die bayerische Unionsschwester seit jeher einen klaren Kurs. Aber nun unterstützt Parteichef Seehofer ein innerparteiliches „Frauen-Quorum“. Ein Großteil der Basis murrt.

Die CSU ist die männlichste aller großen Parteien in Deutschland. Nur 19 Prozent der Mitgliedschaft ist weiblich. Allerdings sind seit vielen Jahren viele Kreisvorsitzende schon der Außenwirkung wegen bestrebt, vor allem junge Frauen auf wichtige Posten ihrer Vorstände und weit vorne auf Wahllisten zu hieven.

Das Problem nur: Es gibt einfach zu wenige (konservative) junge Frauen, die bereit sind, sich dauerhaft in der CSU zu engagieren. Eine mehrmonatige Stadtratskandidatur geht gerade noch, aber jahrelange Arbeit in irgendwelchen Vorstandsgremien, stundenlange abendliche Debatten in Hinterzimmern stickiger Schützenheime? Das ist für junge Frauen wenig attraktiv. Für die meisten, die dafür in Frage kommen, ist Familienleben und/oder berufliche Karriere, aber auch abendliches Ausspannen nach einem anstrengenden Tag wesentlich interessanter.

Daher hört man oft folgendes Argument in der CSU-internen Diskussion: „Eine Frauenquote würde lediglich das männliche Mittelmaß, das wir bisher haben, durch weibliches Mittelmaß ersetzen, weil gute Frauen sich schon bisher durchsetzen konnten.“ Mit anderen Worten: Es ist illusionär zu glauben, dass wegen einer Quote hunderte junger Frauen quasi von den Bäumen fallen, die politisch hoch interessiert und gleichzeitig bereit sind, viele Stunden Engagement in die Parteiarbeit zu stecken. Das dominierende weibliche Mittelmaß, das die SPD dank Frauenquote hervorgebracht hat, dient ebenfalls als abschreckendes Beispiel.

Der Riss der Zustimmung zur Frauenquote verläuft bei den CSU-Frauen auch entlang einer Generationengrenze: Die jungen, selbstbewussten Frauen wie CSU-Vizegeneralsekretärin Dorothee Bär, Carmen Langhanke, die Landesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) oder Bayerns JU-Vizechefin Katrin Poleschner sprechen sich entschieden gegen jede Quotierung aus – wie auch die gesamte Junge Union Bayern. Auf www.maedchen-denken-schneller.de haben sie ihre Argumente zusammengetragen. Am schwerwiegendsten dürfte sein, dass diejenigen, die sich eine Position in der Partei erkämpfen, künftig als „Quoten-Tussi“ abqualifiziert werden könnten.

Demgegenüber sind es eher die mittleren bis gehobenen Semester, die eine Quote fordern: Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm etwa, Justizministerin Beate Merk und die Chefin der bayerischen Frauen-Union, Angelika Niebler. Eine CSU-Vorstandssitzung schlug ein „Quorum“ vor: Eine 40-Prozent-Frauenquote ab Kreisverbands-Ebene aufwärts – in der ersten Wahlrunde. Wenn das mangels Kandidatinnen nicht erfüllt werden kann, kommt es zu einer zweiten Runde ohne Quote. Für dieses Modell will Parteichef Horst Seehofer nun auf mehreren Bezirks- und Kreisvorsitzendenkonferenzen werben, ehe es beim Parteitag Ende Oktober verabschiedet werden soll. Offiziell gilt dies als Diskussionsprozess, aber nachdem Seehofer erklärte, er wolle sich mit seinem ganzen Gewicht dafür einsetzen, dürfte klar sein, wohin die Reise geht.

Mit der Quotendiskussion will Seehofer innerparteilich Boden gutmachen. Der Parteichef hatte nämlich zuvor bei seinem Taktieren gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Sachen Wehrpflicht eine herbe Schlappe hinnehmen müssen. Er hatte wohl erwartet, dem jungen Superstar und Konkurrenten einen Dämpfer zufügen zu können, wenn er die Wehrpflicht zum „Markenkern“ der CSU erkläre.

Doch zu Guttenberg hatte offensichtlich die besseren Argumente und schließlich die Zustimmung der CSU-Basis hinter sich: Ein Gremium nach dem anderen schloss sich seiner Sichtweise an, dass die Wehrpflicht für die Bundeswehr in der neuen Bedrohungslage nicht mehr Nutzen, sondern Last sei. Eine kleinere, schlagkräftigere Bundeswehr brauche keine Sechsmonats-Praktikanten, die dann wieder entlassen werden – wobei die Ausbildung dieser Praktikanten mehr als 10000 hervorragend ausgebildete Offiziere binde. Die CSU sei die Partei der Inneren und Äußeren Sicherheit und damit die Partei der Bundeswehr, aber nicht unbedingt die Partei der Wehrpflicht. Diese habe auch nichts mit „konservativ“ zu tun, obgleich die Linkspresse genau das suggeriert. Dieser Sichtweise zu Guttenbergs schlossen sich immer größere Teile von CSU und CDU an. Seehofer drehte sehr rasch bei, seine „Markenkern“-Rhetorik entpuppte sich als reines Taktieren.

Mit der Unterstützung der Frauenquote sichert sich Seehofer die innerparteiliche Sympathie der Frauen-Union. Dabei ist es ihm nachrangig, ob er erneut Konservative vor den Kopf stößt. Ebenso die Tatsache, dass die CSU eine solche Quotierung früher, als sie nur bei SPD und Grünen vorhanden war, als sozialistisches Teufelszeug und damit als Gegenteil von konservativ brandmarkte. All das tritt im Ringen um den Machterhalt gegen Strahlemann Guttenberg, der von Parteikollege Michael Glos vergangene Woche als „schon jetzt mit weitem Abstand die führende Figur der CSU“ genannt wurde,  in den Hintergrund. Und das trotz miserabler CSU-Umfragewerte, weil die konservativen Stammwähler sich weiterhin irritiert abwenden.   Anton Heinrich

Foto: Horst Seehofer (Mitte) fürchtet überstrahlt zu werden: Mit Ilse Aigner und Karl-Theodor zu Guttenberg


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren