19.04.2024

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25.09.10 / 90 Jahre »Groß-Berlin«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-10 vom 25. September 2010

90 Jahre »Groß-Berlin«

In den „Goldenen Zwanzigern“ war die Reichshauptstadt Berlin eine pulsierende Weltmetropole sowie das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Europas. Diese Entwicklung war indes erst durch die Bildung von Groß-Berlin am 1. Oktober 1920 möglich geworden.

Geprägt durch die Industrialisierung und den Aufstieg von der preußischen Residenzstadt zur Reichshauptstadt, war Berlin rasant gewachsen. Betrug die Einwohnerzahl im Jahre 1800 lediglich 172000, hatte sie sich bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts verzehnfacht. Die bis dahin überwiegend landwirtschaftlich genutzten Flächen beiderseits der Stadtgrenzen wurden mehr und mehr für den Wohnungsbau und Industrieansiedlungen verwendet, so dass die Vororte immer mehr in die Großstadt hineinwuchsen. Aus diesem Grund waren bereits im Januar 1860 mehrere Landgemeinden und Vorstädte nach Berlin eingemeindet worden. Gegenläufige Interessen der Verantwortlichen in Berlin und im Umland verhinderten danach für Jahrzehnte weitere Eingemeindungen. Die um Berlin liegenden Kommunen blieben voneinander getrennt und selbständig. Die Folge waren eine unkoordinierte Stadt- und Verkehrsplanung im Großraum Berlin und eine unsolidarische Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben durch die Kommunen, die eine teilweise vollkommen unterschiedlichen Sozialstruktur und Wirtschaftskraft hatten.

Erst der Erste Weltkrieg und der Zusammenbruch des Kaiserreichs erzwangen eine engere Zusammenarbeit der Verwaltungen, die schließlich zur Schaffung von Groß-Berlin führte. Am 27. April 1920 verabschiedete der Preußische Landtag das „Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin“, das am 1. Ok­tober in Kraft trat. Dies war die Geburtsstunde Groß-Berlins, das aus dem bisherigen Stadtkreis Berlin, den sechs kreisfreien Städten Lichtenberg, Schöneberg, Wilmersdorf, Charlottenburg, Neukölln und Spandau, der Stadtgemeinde Köpenick sowie 59 Dörfern und 29 Gutsbezirken gebildet wurde. Auch das Berliner Stadtschloss gehörte erst von jetzt an offiziell zu Berlin, war es doch bis dahin ein eigenständiger Gutsbezirk inmitten des Stadtgebietes gewesen.

Groß-Berlin bildete jetzt eine Einheitsgemeinde sowie einen eigenen Regierungsbezirk im Freistaat Preußen, mit Funktion ähnlich einer preußischen Provinz. Außerdem wurde die Metropole in 20 Bezirke untergliedert, denen eine Reihe von Selbstverwaltungsaufgaben zugewiesen wurde.

Mit dem Groß-Berlin-Gesetz war endlich eine einheitliche städtebauliche Gestaltung und großstädtische Infrastrukturplanung möglich geworden. Durch die Eingemeindung verdreizehnfachte sich das Stadtgebiet von 66 auf 872 Quadratkilometer, und die Einwohnerzahl stieg von 1,9 Millionen auf knapp vier Millionen an. Dadurch wurde Berlin flächenmäßig zur zweitgrößten Stadt der Welt nach Los Angeles und gemäß der Einwohnerzahl zur drittgrößten nach London und New York sowie zur größten Industriestadt Europas. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Metropole zu einem kulturellen Mittelpunkt und Kraftzentrum Europas.  Jan Heitmann


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