© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Desorientiert
von Hans Heckel

In Berlin wollten die Sozialdemokraten demonstrieren, dass sie wieder da sind, zurück auf dem Sprung zur Macht. In Wahrheit gaben sie, allen voran Parteichef Gabriel, ein Zeugnis tiefer Desorientierung. Eingekeilt zwischen lauter sozialdemokratisierter Konkurrenz von der Union bis zu den Grünen wissen sie kaum, wohin sie sich noch wenden sollen.

In ihrer Not versuchte die SPD nun, ihr „sozialdemokratisches Profil“ noch weiter zu „schärfen“. Was dabei herauskam, schwankt zwischen unscharf und unverantwortlich. Einzig bei ihrem Kampf um mehr Geld für den nichtarbeitenden Teil des Volkes vermochte sich die einstige Arbeiterpartei überhaupt noch sichtbar zu profilieren.

Das aber ist nicht das Terrain, auf dem die SPD einst groß wurde. Vielmehr war sie die Partei der aufstiegsorientierten Arbeiter und Facharbeiter, die eben nicht das Geld für sich beanspruchten, das andere erwirtschaftet hatten. Ganz im Gegenteil forderten sie den ihnen zustehenden Teil von jenen Gewinnen, die aus ihrer eigenen Hände Arbeit in den Wirtschaftskreislauf geflossen waren.

Das Dilemma der SPD besteht darin, dass diese Position ebenso Gemeingut aller Parteien geworden ist wie das Bewusstsein, dass in Not Geratenen geholfen werden muss. Um sich trotzdem noch abheben zu können, stürzen sich die Sozialdemokraten in einen dumpfen Verteilungspopulismus, den sie lieber jenen überlassen sollten, denen zwecks Verwüstung der Wirtschaft mit Absicht nichts anderes einfällt: den Kommunisten.