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02.10.10 / Hindenburgs vorletzte Ruhestätte / Über ein Jahr nach seinem Tod wurde der Reichspräsident und Generalfeldmarschall im Tannenbergdenkmal beigesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Hindenburgs vorletzte Ruhestätte
Über ein Jahr nach seinem Tod wurde der Reichspräsident und Generalfeldmarschall im Tannenbergdenkmal beigesetzt

Kein Name ist stärker mit der Tannenbergschlacht von 1914 verbunden als jener Paul von Hindenburgs. Vor 75 Jahren wurde der verstorbene Reichspräsident und Generalfeldmarschall am Ort seines größten Sieges beigesetzt.

Eigentlich hatte Hindenburg den Wunsch geäußert, in Neudeck, wo er ein Gut besaß und auch gestorben ist, an der Seite seiner Ehefrau bestattet zu werden. Bereits zwei Tage nach dem Tod Hindenburgs, am 4. August 1934, vermeldete jedoch das Deutsche Nachrichtenbüro, dass Adolf Hitler „im Einvernehmen mit der Familie von Hindenburg“ die Beisetzung im Tannenbergdenkmal angeordnet habe. Als Grablegung Hindenburgs war das Denkmal jedoch nicht ausgelegt und so wurden umfangreiche bauliche Veränderungen vorgenommen. Bis zu deren Ende wurden die sterblichen Überreste des Staatsoberhauptes nach einer aufwendigen Trauerfeier am 7. August 1934 im Turm 2 des Denkmals zwischengelagert.

Acht Türme besaß das analog zum Castel del Monte Kaiser Friedrichs II. achtseitige Denkmal, in der Mitte jeder Seite einer. Turm 1 diente als Eingang, der gegenüberliegende Turm 5 als Ausgang. Zwischen ihnen befand sich im Zentrum des gleichseitigen Achtecks ein Grabhügel mit den sterblichen Überresten von 20 unbekannten Soldaten, von dessen Mitte ein Kreuz aufragte.

Der Umbau zu Hindenburgs vermeintlich letzter Ruhestätte bestand nun vornehmlich darin, mit dem Grabhügel und dem Kreuz das bisherige Denkmalszentrum zu entfernen und den bisherigen Ausgangsturm 5 zum Gruftturm und neuen Zentrum der Anlage auszubauen. Um den Zugang zur Gruft zu erleichtern, wurde das Niveau des von den acht Seiten begrenzten Innenhofes abgesenkt.

Am 2. Oktober 1935, dem 88. Geburtstag Hindenburgs, war es dann so weit, er wurde mit allen Ehren in der Gruft beigesetzt. Wie schon bei der Trauerfeier über ein Jahr zuvor waren Posten auf den offenen Umgängen des Denkmals aufgestellt, die das Gewehr präsentierten. Ein Feldbischof predigte und weihte anschließend die Gruft ein. Unter den Klängen der Nationalhymne wurden die zuvor vor dem Eingang aufgereihten Fahnen der Hindenburg-Regimenter in die Gruft hineingetragen. Dem Horst-Wessel-Lied und dem Parademarsch des 3. Garde-Regiments zu Fuß, in dem der Verstorbene seine militärische Laufbahn einst begonnen hatte, folgten 21 Schuss Ehrensalut von Batterien, die um das Denkmal Stellung bezogen hatten. Währenddessen wurde der mit der Reichskriegsflagge des Kaiserreiches sowie dem Helm und dem Säbel Hindenburgs geschmückte Sarg von Offizieren der Reichswehr in die Gruft getragen. Den Abschluss der Feierlichkeiten bildete das Lied „Der gute Kamerad“. Hitler, der an der Veranstaltung ebenso wie Generalfeldmarschall August von Mackensen teilnahm, erhob noch am selben Tag das Tannenberg-Nationaldenkmal zum Reichsehrenmal. Hindenburgs Bestattungswunsch fand insoweit Erfüllung, als seine Ehefrau Gertrud neben ihm bestattet wurde.

Wenn man die Gruft betrat, passierte man als erstes zwei überlebensgroße Wachsoldaten, die der Bildhauer Paul Bronisch aus Stein gemeißelt hatte. Von einem tonnengewölbten, querrechteckigen Raum aus Granit konnte der Besucher dann durch ein Eisengitter in den eigentlichen Gruftraum mit den von Otto Hitzberger geschaffenen beiden Sarkophagen des Ehepaares Hindenburg schauen.

Der Gruftvorhalle schloss sich zu beiden Seiten je ein ebenfalls tonnengewölbter Raum an. Bei beiden stand in einer Seitenwandnische ein mit einem liegenden Soldaten geschmückter Sarkophag. Wie bei den Wachsoldaten am Grufteingang handelte es sich auch bei diesen beiden von Bernhard Bleeker geschaffenen Kriegern um einen alten und einen jungen Mann. Hinter der jeweiligen Wand war je die Hälfte der 20 unbekannten Soldaten beigesetzt, die ursprünglich im Zentrum des Denkmals unter dem Kreuz gelegen hatten. Das Kreuz schmückte nun die dem Innenhof zugewandte Wand des Turmes 5 und hob ihn damit zusätzlich aus dem Kreis der acht hervor.

Am Ende der Soldatengrabgewölbe führte je eine Treppe zu der oberhalb der Gruft liegenden Hindenburgehrenhalle. Sie wurde beherrscht von einer 3,7 Meter hohen Hindenburgstatue Friedrich Bagdons’ aus Porphyr, die ihren rückwärtigen Abschluss bildete. Diese Ehrenhalle, die außer über die Soldatengrabgewölbe auch direkt vom Denkmalsinnenhof aus über mehrere Stufen erreicht werden konnte, bildete mit ihrer überlebensgroßen Hindenburgdarstellung neben der Gruft den zweiten inszenatorischen Höhepunkt des umgebauten Tannenbergdenkmals.

Analog zur zwölfjährigen Dauer des angeblich Tausendjährigen Reiches stand auch die Existenz der vermeintlich letzten Ruhestätte des Siegers von Tannenberg in einem geradezu grotesken Verhältnis zu ihrer Monumentalität. Scheinbar für die Ewigkeit gebaut, bestand das Tannenbergdenkmal nach seinem Umbau gerade einmal ein Jahrzehnt. Um eine Schändung des Reichsehrenmales durch den vorrückenden Feind zu vermeiden, wurde die Anlage gegen Kriegsende von den Streitkräften des Reiches zerstört, dessen Ehrenmal sie war. Groteskerweise hatten die Eroberer das selbe Ziel. Sie setzten das Zerstörungswerk fort. Was die Pioniere der Wehrmacht in der Eile des Rückzugs nicht hatten zerstören können, demontierten nun die Besatzer.

Als das Tannenbergdenkmal beziehungsweise deren Ruine in die Hände der Roten Armee fiel, war es schon nicht mehr Hindenburgs Ruhestätte. Rechtzeitig waren die beiden Särge den Sarkophagen entnommen worden. Über verschlungene Wege führte ihre Odyssee ins westdeutsche Marburg. Dort haben Paul und Gertrud in der Elisabethkirche ihre (bislang) letzte Ruhestätte gefunden.     Manuel Ruoff


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