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02.10.10 / Von Mitschwestern kennen wir ihr grausames Ende / Das Martyriumvon von 14 ostpreußischen Katharinenschwestern im Jahre 1945 – PAZ-Serie über ostpreußische Märtyrer (Teil 7)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Von Mitschwestern kennen wir ihr grausames Ende
Das Martyrium von 14 ostpreußischen Katharinenschwestern im Jahre 1945 – PAZ-Serie über ostpreußische Märtyrer (Teil 7)

Was Augenzeugen vom Einmarsch der Roten Armee 1945 in Ostpreußen berichten, liest sich wie ein grausamer Roman. Doch nicht die Fiktionen eines Schriftstellers, sondern reale und bittere Schicksale liegen den Berichten zu Grunde. Beispielsweise die Ermordung von 14 Schwestern des angesehen Ordens der Heiligen Katharina im Jahr 1945. Sie erlitten in Allenstein, Heilsberg, Rastenburg Wormditt, Schneidemühl oder (als Verschleppte) in der UdSSR das Martyrium.

Die Katharinenschwestern wirkten bis zu ihrer Vertreibung 1945 rund 350 Jahre segensreich in ganz Ostpreußen. Bei der Großoffensive der Roten Armee wurden nicht wenige von ihnen aufgespürt, gefangengenommen oder unsittlich bedroht. Wer von den Schwestern sich weigerte, die vor Gott gelobte Jungfräulichkeit aufzugeben, sah sich oftmals direkt dem Tod ausgeliefert.

Vom Leiden der 14 Katharinerinnen, von denen vier hier besonders vorgestellt werden, weiß die Nachwelt aus den Berichten der überlebenden Schwestern, niedergeschrieben nach ihrer Flucht in den Westen. Schwester M. Christophora Klomfaß, geboren 1903, ist eine der 14 Märtyrerinnen. Sie arbeitete sieben Jahre lang bis 1945 als Operationsschwester am St.-Marien-Krankenhaus in Allenstein, beliebt bei ihren Mitschwestern und Schülerinnen durch ihr freundliches Wesen und ihre wohlklingende Gesangsstimme. Mitte Januar, als der Donner der Geschütze bereits näherrückte, blieb Schwester Christophora als eine der letzten Schwestern im Marien-Krankenhaus. Da der versprochene Zug zum Abtransport der Kranken am Vortage nicht gekommen war, suchten Schwestern und Angestellte zusammen mit den vier letzten Kranken Zuflucht im Bunker des Hauses. Am Morgen des 22. Januar kamen russische Soldaten in den Bunker und nahmen den Schwestern zunächst ihre Uhren ab.

Um 15 Uhr rückte eine „große Horde Russen“ an, wie es in einem Bericht heißt. Darunter ein großer und starker Mann mit hasserfülltem Gesichtsausdruck. Er ent­deckt­e Schwester Christophora in einer hinteren Ecke des Bunkers und bemächtigte sich ihrer. Trotz größter Anstrengung gelang es ihr nicht, dem Mann zu entkommen. Wohl eine Stunde wehrte sie sich tapfer gegen ihn, dann wurden ihre Hilferufe schwach und schwächer. Schließlich fand man sie tot auf. Blutverschmiert von Schlägen mit einem Gewehrkolben, mit einem Dolch in der Brust und entkleidet auf einem Stuhl sitzend, entdeck­ten sie die schockierten Mitschwestern.

Drei weitere Schwestern, darunter die 65-jährige Oberin der Heilsberger Niederlassung des Katharinenordens, Schwester Sabinella Angrick, erlitten ähnliche Schicksale. Am Abend des 1. Februar 1945, am Vorabend des katholischen Feiertags „Maria Lichtmeß“, drang die Schreckensmeldung ins Kloster: „Die Russen sind in Heilsberg einmarschiert.“ Schon viele Tage zuvor hatten die Ordensfrauen wegen des dauernden Beschusses der Stadt im Luftschutzkeller verbracht. Die Schwestern beratschlagten mit der Oberin, was zu tun sei und beschlossen  im großen Kloster ihrer Kongregation Zuflucht zu suchen. Dort herrschte bereits Hochbetrieb. Hunderte von Flüchtlingen hatten sich versammelt. Während viele Schwestern vor dem Allerheiligsten die Hilfe des Höchsten erflehten, hieß es plötzlich: „Die Russen sind in das Haus eingedrungen!“

Eine Gruppe höherer Offiziere nahm das Gastzimmer in Beschlag und forderte gutes Essen und Wein, was sie sofort erhielten. Andere Soldaten durchsuchten das ganze Haus und kommandierten die Ordensfrauen aus ihren Zimmern heraus. Die Oberin Sabinella erhielt den Befehl, in ihr Schlafzimmer zu gehen. Ein Russe trat wenig später ein, riss ihr den Schleier vom Kopf und wollte sie vergewaltigen. Die Oberin wehrte sich und zeigte auch keine Angst, als der Russe ihr sein Gewehr auf die Brust setzte. Schließlich ließ er sie frei, als eine mutige Mitschwester die Tür öffnete und fragte, was los sei.

Doch im Refektorium, dem Speisesaal der Schwestern, ging der Terror wenig später weiter. Ein russischer Oberst erschien mit einer Schar Soldaten, fuchtelte mit seinem Revolver herum, riss den Schwestern Schleier und Kragen ab und schalt sie „Weiber der SS-Männer“. Wütend blickte er die Nonnen an und schoss unvermittelt auf Schwester Aniceta Skibowski, eine 63-jährige Ordensfrau. Sie sank, getroffen von einem Bauchschuss, zu Boden. Als daraufhin eine Mitschwester, Gebharda Schröter, neben der tödlich Getroffenen niederkniete, um ihr die Sterbegebete vorzusprechen, empörte das den Oberst so sehr, dass er auch auf sie schoss. Schwester Gebharda starb, mitten im Herz getroffen, ohne noch ein Wort sagen zu können.

Während die anderen Katharinerinnen glaubten, nun habe auch ihre letzte irdische Stunde geschlagen, blieben sie zunächst unbehelligt. Soldaten tasteten sie nach Waffen ab, während andere die beiden Leichen untersuchten. Nach einiger Zeit kam der Oberst jedoch wieder, zielte diesmal ohne Umschweife auf die Schläfe der Oberin Sabinella und drückte ab. Blutüberströmt sank die Getroffene vom Stuhl. Während der dreifache Mörder das Zimmer verließ, gab ein anderer Russe den Schwestern heimlich einen Wink und forderte sie auf, schnell zu fliehen. Auf dem Trockenboden eines Hinterhauses fanden die schockierten Schwestern ein sicheres Versteck. Dort harrten sie halberfroren bis zum Morgengrauen aus. Erst dann trauten sie sich zurück ins Refektorium, um die drei Leichen zu bergen und sie notdürftig im Freien unter einer Veranda zu lagern. Mit 13 weiteren Flüchtlingen, die im Kloster Schutz gesucht und willkürlich erschossen worden waren, fanden sie später in einem Massengrab auf dem alten Friedhof ihre letzte Ruhe. In ähnlicher Weise starben zehn weitere Katharinenschwestern, die den Kranken und Verwundeten beistehen wollten und daher nicht die Gelegenheit zu einer rechtzeitigen Flucht nutzten. Hinrich E. Bues

Nach „Zeugen für Christus – Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“, herausgegeben von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, 4., vermehrte und aktualisierte Auflage, Paderborn 2006.


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