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02.10.10 / Weltspitze beim Verfall / Laut einer US-Zeitschrift ist Schloss Brandenburg das am meisten vom Verfall bedrohte Bauwerk Russlands

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-10 vom 02. Oktober 2010

Weltspitze beim Verfall
Laut einer US-Zeitschrift ist Schloss Brandenburg das am meisten vom Verfall bedrohte Bauwerk Russlands

Die Aufnahme des ehemaligen Ordensschlosses Brandenburg in Russlands staatliche Liste der zu erhaltenden Architekturdenkmäler hat der Anlage bislang wenig genutzt. Nachdem auch die bekannte US-amerikanische Wirtschaftszeitschrift „Forbes Magazine“ auf den Verfall des Schlosses hingewiesen hat, sind neue Hoffnungen aufgekeimt.

Das ehemalige Ordensschloss Brandenburg befindet sich unweit des Dorfes Brandenburg (Uschakowo) auf dem Weg von Königsberg nach Heiligenbeil. Kürzlich erschien es auf einer Liste der am meisten vom Verfall bedrohten Architekturdenkmäler der Russischen Föderation, die das „Forbes“-Magazin veröffentlicht hatte. Schloss Brandenburg steht sogar an erster Stelle neben sechs weiteren Objekten von kulturhistorischem Wert. Außer Brandenburg gelangten Gut Samojlow im Smolensker Gebiet, eine hölzerne Stadt in Tomsk, Gut Winogradow bei Moskau und die Fresken des berühmten mittelalterlichen Malers Andrej Rubljow in Wladimir und Zwenigorod sowie eine Küchenfabrik namens Maslennikowa in Samara auf diese Liste.

Schloss Brandenburg wurde unter der Leitung des Markgrafen Otto III. von Brandenburg in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts während des Kreuzzugs der Ritter des Deutschen Ordens als Bollwerk gegen die Prußen erbaut. Während der gesamten Geschichte des Ordens galt Schloss Brandenburg mit seiner beeindruckenden Größe als eine der wichtigsten Komtureien. Es hatte die Form eines großen Rechtecks von 65 auf 52 Metern. Ab 1322 wurde im Schloss eine wichtige Reliquie aufbewahrt: ein Fragment des Kreuzes Jesu.

Um das Schloss herum entstand bald ein Handwerker- und Fischerdorf. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde daraus dank seiner Lage in der Nähe des Haffs und am Fluss eine größere Siedlung, an der belebte Wege vorbeiführten. Bald gab es in Brandenburg Jahrmärkte, aber das Dorf erhielt damit noch keinen Stadtstatus. Das Schloss wurde noch vor den Kriegshandlungen des 15. und 16. Jahrhunderts mehrfach zerstört. Danach begann sein Verfall. Während der heftigen Kämpfe im Zweiten Weltkrieg wurde das Ordensschloss stark beschädigt, und bis heute wurde es nicht restauriert. Nach dem Krieg lebten für einige Zeit russische Übersiedler in den noch erhaltenen Gebäuden, doch als sie ausgesiedelt wurden, wurden die Überreste des Schlosses und der Kirche aus dem 14. Jahrhundert am gegenüberliegenden Ufer des Flusses Frischung nach und nach geplündert, weil die Bewohner der umliegenden Dörfer die Steine der Ruinen als Baumaterial verwendeten. Heute befindet sich das Ordensschloss Brandenburg wie auch viele ähnliche Ruinen auf der staatlichen Liste der zu erhaltenden Architektur- und historischen Kulturdenkmäler, doch das allein sagt wenig über deren Zustand aus.

Viele ehemalige Ordensschlösser auf ostpreußischem Boden hätten es ebenfalls verdient, in die „Forbes“-Liste aufgenommen zu werden, zumal viele noch stärker zerstört sind als Schloss Brandenburg, beispielsweise Schloss Balga, Gerdauen, Fischhausen, Ragnit und viele andere. Doch nur Schloss Brandenburg fand Eingang auf die Liste der zu erhaltenden „russischen Kulturdenkmäler“. Bleibt zu hoffen, dass durch diese Veröffentlichung die Aufmerksamkeit von Regierung und Öffentlichkeit wieder einmal auf das Schicksal der Ordensschlösser gelenkt wird und dass die Verantwortlichen positiv über die Erhaltung dieser Zeugnisse der Geschichte entscheiden.  Jurij Tschernyschew


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