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09.10.10 / Von wegen Widerstand / Zum Streit um Stuttgart 21 – Den Gegnern geht es nicht nur um den Bahnhof

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-10 vom 09. Oktober 2010

Von wegen Widerstand
Zum Streit um Stuttgart 21 – Den Gegnern geht es nicht nur um den Bahnhof

In der Schlammschlacht um „Stuttgart 21“ geht vieles durcheinander. Die Hoffnung besteht, dass Standfestigkeit der schwarz-gelben Landesregierung ein Signal für mehr Handlungsfähigkeit des Staates setzen könnte.

Jetzt also der Juchtenkäfer: Gegner des Neubauprojekts Stuttgart 21 setzen ihre Hoffnung darauf, dass der Bau unterbrochen werden könnte, weil in der Rinde der dazu gefällten Bäume angeblich eine seltene Insektenart entdeckt wurde. Dieses Argument wird tatsächlich vorgebracht, auch wenn es wie eine Karikatur der Befürworter des Baus auf die Gegner wirkt – schließlich sind die 25 Bäume schon gefällt. Auch dass für jeden Baum am Ende weit mehr als ein Hektar neuer Grünfläche stehen wird, dringt momentan ohnehin nicht durch.

Doch die Zeit des inhaltlichen Für und Wider ist ohnehin längst vorbei. Die Entscheidung fiel im Oktober 2006 mit großer Mehrheit im baden-württembergischen Landtag. Dort war sie offenbar weit besser aufgehoben als auf der Straße, wie das nunmehr erreichte Niveau der Debatte zeigt. Zum qualitativen Argument kommt ein quantitatives: Jeder einzelne der 139 Landtagsabgeordneten vertritt 77000 Bürger, also mehr als die bisher größten Demonstrationen gegen das Projekt an Teilnehmern hatte.

Die aktuelle Debatte um das überwiegend vom Bund finanzierte Projekt, das für Baden-Württemberg und seine Landeshauptstadt wirtschaftlich wie ein Lottogewinn ist, lehrt zweierlei.

Sie belegt zum einen eindrucksvoll die Grenzen der direkten Demokratie. Selbsternannte „Parkschützer“, teilweise mit DKP-Hintergrund, nennen stinknormalen Protest „Widerstand“. Seit Bahnchef Rüdiger Grube darauf mit dem schlichten Satz reagiert hat, „Ein Widerstandsrecht gegen einen Bahnhofsbau gibt es nicht“, muss er wegen Morddrohungen von der Polizei geschützt werden.

Eher noch tragischer als solche Zuspitzungen ist, dass im Schatten der Schlafmützigkeit der Bahnhofsgegner, die vor vier Jahren das Demonstrieren vergaßen, längst weitere Weichenstellungen vorgenommen werden − offen in den Landtagen, aber auch nichtöffentlich in Küchenkabinetten und Wirtschaftsgremien. Der viel zu große Rummel um Stuttgart 21 lenkt ab von den wirklichen Auseinandersetzung des Jahres 2010.

Alle beteiligten Politiker wissen das − und wohl auch die Organisatoren der Proteste selbst. Die Grünen kochen ihr politisches Süppchen auf einer Bewegung, an deren eng begrenzter Legitimität und Urteilsfähigkeit es auch für sie wenig Zweifel geben dürfte. Mehr als das: Sie heizen diesen Streit an, etwa mit dem unsäglichen Vorwurf des Grünen-Chef Özdemir, Ministerpräsident Mappus wolle „Blut sehen“. Das ließ tief blicken, denn jeder weiß, dass die Eskalation den Grünen nützt und der CDU schadet. Wenn Mappus standhaft bleibt, wäre das nicht weniger ein Dienst am Rechtsstaat (s. Seite 5).       Konrad Badenheuer


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