29.03.2024

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09.10.10 / Höchst sensible Grenze

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-10 vom 09. Oktober 2010

Höchst sensible Grenze
von Konrad Badenheuer

Kein vernünftiger Mensch kann behaupten, die Deutschen der Jahre 1933 bis 1945 hätten von der Judenverfolgung nichts mitbekommen. Die letzte Zuspitzung, der Massenmord im Osten, war „geheime Reichssache“ und wurde auch in den Sendern der Westalliierten nur sehr selten direkt angesprochen. Doch alles andere – von der Verdrängung aus dem Staatsdienst über den Raubzug namens „Arisierung“ bis zum gelben Stern und der Reichskristallnacht vollzog sich in obszöner Offenheit.

Bleibt die Gretchenfrage: Was hielten die Deutschen davon? Der Politologe Konrad Löw hat mit dem eindrucksvollen Buch „,Das Volk ist ein Trost‘: Die Deutsche und Juden 1933 bis 1945 im Urteil der jüdischen Zeitzeugen“ und in weiteren Arbeiten mit Belegen aufgezeigt, in welchem Maße die Judenverfolgung der großen Mehrheit der Deutschen widerstrebte.

Für diesen Beitrag, der ein strakes Argument gegen jeglichen Kollektivschuldvorwurf darstellt, bekam Löw merkwürdigerweise nicht nur wenig Lob, sondern erntete massive Schmähungen seitens des „Mainstreams“ der deutschen Holocaust- und NS-Forschung. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), die einen Aufsatz Löws zunächst (mit einem Dankesbrief an Löw) in einem ihrer Periodika zum Abdruck brachte, vollzog eine Kehrtwende und beteiligte sich – ohne ein einziges Sachargument – an der Schmähung des Bayreuther Politologen.

Wohlgemerkt könnte niemand etwas dagegen einwenden, wenn mit klarer Begründung Löw Ungenauigkeiten nachgewiesen würden oder wenn glaubhaft gemacht würde, dass er seinerseits zu nachsichtig mit den Deutschen umgegangen wäre. Es ist ja gerade Sinn und Zweck der wissenschaftlichen Debatte, sich im Für und Wider allmählich der nie ganz erreichbaren „Asymptote“ Wahrheit anzunähern.

Doch von solchen Differenzierungen sind die meisten Kritiker Löws weit entfernt. Große Blätter wie die „Süddeutsche Zeitung“, „Welt“ und „Zeit“ schlagen Löw gegenüber seit längerem eine Tonlage an, über die man nur erschrecken kann. Einige Belege sind auf Seite 4 dieser Zeitung zusammengetragen, doch die Liste ist unvollständig. „Die Zeit“ nannte Löw zuletzt einen „Revisionisten“, der „in revanchistischen Zirkeln ... geprägt“ worden sei – dies wieder ohne Sachargumente und nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass Löw in seinen Grundrechten verletzt wurde.

Dass inzwischen tatsächlich Grundrechte auf dem Spiel stehen, zeigt die Reaktion auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts zugunsten Löws: Mehrere große Zeitungen gingen von der Attacke gegen Löw unmittelbar auf Polemik gegen das Verfassungsgericht über. Damit ist allerdings eine höchst sensible Grenze überschritten. Bundesregierung und Bundestag sollten zugunsten des angegriffenen Verfassungsgerichts Stellung nehmen.


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