29.03.2024

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09.10.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-10 vom 09. Oktober 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

es gibt ein wunderschönes Gedicht von der ostpreußischen Schriftstellerin Tamara Ehlert: „Kindersommer“, und immer, wenn ich es lese, fühle ich mich in die Kindersommer meiner Heimat zurückversetzt, die so sind, wie sie die Königsbergerin auch empfunden hat: „Gott malt die Kindersommer bunt und golden mit leuchtenden Lupinendolden auf grünem Grund und Sonnenblumen.“ Im langen Rückblick erscheint es, als seien alle Kindersommer so gewesen, als hätte es niemals graue, nasskalte, regengepeitschte Tage gegeben. Tamara Ehlert ist da ehrlicher und erzählt von den beiden Tüchern, aus dem ihr Kindersommer gemacht war – ein leuchtendes für den Tag und ein besterntes für die Nacht –, aber das leuchtende Tuch vom Tag konnte manchmal Regenfransen haben und sein Muster Zickzack­spuren vom Gewitterhund aufweisen. Also trösten wir uns: Verregnete Sommertage hat es immer gegeben und heute erst recht, aber man soll dann das Beste daraus machen.

Und das hat Herr Professor Dr. Ing. Günter Hertel aus Dresden auch getan, der die Ruine der barocken Kirche von Rauterskirch sichern will und bereits gute Informationen aus unserm Leserkreis erhalten hat, wie von Frau Frieda Luckner aus Orlando/Florida. Ich hatte, wie ich in Folge 32 schrieb, Professor Hertel einen dicken Brief von ihr übermitteln können, in dem sie vor allem auf die „Rauterin“ eingeht, die im 17. Jahrhundert als Frau eine damals kaum vorstellbare Leistung vollbrachte, indem sie mit dem Bau des Großen Friedrichsgrabens das Werk ihres verstorbenen Mannes Phi­lipp von Chieze, dem Oberbaumeister des Großen Kurfürsten, vollendete. Und diesen Wasserweg ist Herr Professor Hertel schon zweimal abgefahren, einmal bei strömendem Regen, der ihm aber nicht die gute Laune verdarb, wie man auf dem Foto erkennen kann. Ihm lag es an der Landschaft, die ihn, den Sachsen, so fesselt, dass es ihn immer wieder in die Elchniederung zieht, und die ihn zu der Aktion veranlasst hat. Er schildert in seinem Antwortbrief an Frau Luckner, von dem er mir dankenswerter Weise eine Kopie zukommen ließ, seine Eindrücke von der Fahrt durch das Große Moosbruch:

„Im vergangenen Jahr bin ich den Großen Friedrichsgraben zum zweiten Mal mit einem kleinen Boot abgefahren, diesmal mit Lilo Oberli aus der Schweiz, geboren etwa 1932 in Königsberg. Strömender Regen hielt uns nicht ab, den Friedrichsgraben, den Nemonienstrom über das Haff bis nach Gilge und zurück abzufahren. Offenbar sind Sie in Labiau an der Deime geboren. Von Ihrem Elternhaus konnte man wahrscheinlich die wiederhergestellte Adlerbrücke über die Deime sehen. Diese Brücke gewährt einen herrlichen Blick über die Deime südwärts Richtung Pregel. So weit das Auge blickt, stehen die so charakteristischen Wolken am Himmel und laden zum Träumen an dieses Stück deutscher Kulturerde ein. Aber auch grausame Geschichte wird lebendig. Einer meiner Mitreisenden im Jahre 2005, geboren 1930 in Hindenburg – Sie wissen, gleich das Nachbardorf von Labiau hinter der Deimebrücke über den großen Friedrichsgraben –, wurde im Januar 1945 von seinen Eltern getrennt und als junger Bub mit einigen anderen zusammen im nachbarlichen Hühnerstall von der russischen Soldateska eingesperrt. Nach Flucht und wochenlangem Mundraub wurde er in Labiau gefasst, musste dort im letzten Haus vor der Adlerbrücke Fahrräder für die Russen reparieren. So verhungerte er wenigstens nicht. Die Zeit bis zur Deportation 1948 kann man sich kaum vorstellen. Und dennoch: Ostpreußen müssen nicht nur tapfere Menschen sein, sondern auch immer zu einem Spaß aufgelegt. Er erzählte die Geschichte mit Humor und ohne Bitternis, erstaunlich für einen Nachgeborenen wie mich. Das rote Backsteingebäude steht heute noch. Sie erwähnen neben der nicht mehr existierenden Adamsbrücke in Labiau auch eine Drehbrücke, die leider nicht mehr als solche verwendet wird, sondern durch eine feste Straßenbrücke ersetzt ist. Auch die von Ihnen beschriebene Befestigung des Kanalufers des Gr. Friedrichsgrabens in den 30er Jahren ist deutlich zu sehen. Ich hatte gedacht, diese unschönen Betonplatten seien in der sowjetischen Zeit eingelassen worden. Nun habe ich es anders gelernt. Zum Schluss zur Kirche in Alt-Lappienen/Rauterskirch. Ich übermittele Ihnen zwei Fotos mit Resten der großen Glasfenster, die wahrscheinlich bis 1975 die als Getreidespeicher genutzte Kirche einigermaßen gegen Regen schützten, bis sie angeblich durch einen Blitzschlag ausbrannte. Ich habe ein Foto unmittelbar vor der Zerstörung von Peter Westphal erhalten, der dort 1940 geboren wurde. Das Foto mit den Glassplittern stammt aus diesem Jahr von meinem bislang letzten Besuch dort.“

„Bislang“ – hat Herr Professor Dr. Hertel geschrieben, und so werden wir noch viel von ihm, der „Ostpreußen im Herzen“ hat, hören. Er selber schreibt dazu: „Um Irrtümern vorzubeugen: Pläne zum Wiederaufbau der Kirche existieren nicht, sondern es gibt ein paar Enthusiasten, die glauben, dass man die Kirchenruine sichern könnte. Mit ostpreußischer Beharrlichkeit, Glauben, Zuversicht, Hoffnung und Sich-nicht-klein-kriegen-lassen!“

Seinem mit vielen Fotos versehenen Schreiben lag auch eine Suchmeldung bei, die er dem Heimatbrief des Kreises Elchniederung Nr. 50 entnommen hatte und auf die er mich aufmerksam machen wollte. Fast gleichzeitig erhielt ich auch eine Anfrage aus England, so dass ich die Suchwünsche kombinieren kann, zumal es sich in beiden um Familienfragen handelt. Zuerst zu Frau Irene Cotton, die 1938 als Irene Ruth Szillat in Kuckerneese/Kaukehmen geboren wurde. Ihre Eltern waren Friedrich Wilhelm und Maria Petrick, die außer der Tochter Irene noch die Söhne Erich, Arno und Heinz sowie eine weitere Tochter, Gerda, hatten. Von ihnen scheint niemand mehr zu leben, denn Frau Cotton schreibt, dass sie jetzt die Einzige sei und deshalb mit allen, die ihre Familie kannten, Kontakt aufnehmen wolle. Und ganz besonders würde sie sich freuen, wenn sich noch ehemalige Mitschülerinnen melden würden. An zwei alte Freundinnen appelliert sie besonders: Lotte Sprenger und Erna Gesoves, wenn Ihr noch lebt, bitte meldet Euch! (Mrs. Irene Cotton, 29, Redvers Way, Tiverton, Devon, EX16 6X16 6XL, England, Telefon 0044188242800.)

Schwieriger dürfte der Suchwunsch von Herrn John Kubow zu erfüllen sein, der seine deutschen Verwandten finden will, „ehe es zu spät ist“. Schwierig vor allem deshalb, weil sein vor zehn Jahren verstorbener Vater Eugeniusz Kubow vor dem Ersten Weltkrieg im damaligen Kowno geboren wurde. Noch schwieriger dadurch, dass viele Daten und Ortsangaben und damit nähere Angaben fehlen. Herr Kubow hat lediglich eine Art Stammbaum aufgezeichnet, der die Formulierung dieser Suchfrage nicht gerade einfacher macht. Also fangen wir mit John Kubow an. Er ist der Sohn von Eugeniusz Kubow *1911, der eine Engländerin Mary (Nachname unleserlich) heiratete. Ihr gemeinsamer Sohn John, 1955 geboren, hat anscheinend noch eine Zwillingsschwester Theresa. Johns Großvater Pavel Iwanowich Kubow wurde im damaligen Petrograd, Russland geboren. Er war verheiratet mit Ida Rosamunde Wiskandt, *27. Dezember 1882 in Kowno. Ihre Eltern waren Karl Adolf Wiskandt und Ernestine Wilhelmina Wiskandt geborene Mertens aus Königsberg. Anscheinend war dieser Urgroßvater von John Kubow Kaufmann, der aus beruflichen Gründen nach Kowno ging. Außer der Tochter Rosamunde hatte das Ehepaar Wiskandt noch zwei weitere Töchter, Helena und Lena, über die es keinerlei Angaben gibt. Paul Iwanowich und Ida Rosemunde hatten außer dem Sohn Eugeniusz noch drei weitere Söhne: Wladislaw, *1900, Jan, *1906, und Leon *1910. Das sind alle Angaben aus dem kleinen „Stammbaum“ des John Kubow. Die Suche richtet sich jetzt an vielleicht noch lebende Verwandte der Familien Wiskandt und Mertens aus Königsberg. Es müsste sich also um Nachkommen der Geschwister der Urgroßeltern Karl Adolf Wiskandt und Ernestine Wilhelmina Mertens handeln oder um Nachkommen ihrer Töchter Helena und Lena, falls diese verheiratet waren. Ob sich hier auch nur die Spur eines Fadens findet, den man aufrollen könnte, bezweifele ich trotz meiner von Herrn Professor Hertel aufgeführten ostpreußischen Eigenschaften. Mr. John Kubow hat nur seine postalische Anschrift angegeben, hier ist sie: 6 Shenstone close, Four Oaks, SUTTON OLDFIELD, West Midlands, England, B 74 4XB.

Bei der nächsten Suchfrage machen wir es etwas kürzer, denn hier wird nämlich nur ein Name genannt, und das ist der des Großvaters der Schreibers: Paul Kugland. Sein Enkel Klaus trägt auch diesen Namen, aber über seine väterliche Familie weiß er so gut wie gar nichts, und das möchte er nun heute im späten Alter nachholen. Sein Großvater muss in Ostpreußen einen großen Bekanntenkreis gehabt haben, denn Paul Kugland war Hotelier und besaß drei Hotels: Das „Deutsche Haus“ in Drengfurt, den „Reichshof“ in Domnau und den „Anker“ in Pillau. Es ist anzunehmen, dass Paul Kugland geflüchtet ist, denn er soll in Braunschweig verstorben sein. Sicher wird sein Enkel Zuschriften bekommen, dem heute 76-Jährigen wäre es zu wünschen. (Klaus Kugland, Am Runden Garten 14 in 61169 Friedberg, Telefon 06031/2230.)

So, nun machen wir es mal leichter für mich wie für Euch, liebe Leser, und bringen einige kleine Dinge, eben das, was wir Ostpreußen als „bunte Nuschtkes“ bezeichnen, und das müssen nicht immer Fragen und Wünsche sein, sondern auch nette Zuschriften. So wie die von Frau Evelin Kirchbach aus Erkelenz, die mir mitteilte, dass sie ein „ganzes Bücherpaket“ für die Heimatstube in Siegen gepackt hat. Sie hofft sehr, damit zur Bereicherung der neuen Heimatstube beizutragen – das mit Sicherheit, liebe Frau Kirchbach! – und meint, dass solch eine heimatliche Anlaufstelle für Menschen aus Ostdeutschland ein Stück Geborgenheit und Heimat für die älteren Vertriebenen bietet, aber auch eine Geschichtsquelle für die Jüngeren ist. Das sehen andere Leserinnen und Leser auch so, denn auf unsere Veröffentlichung in Folge 37 hin brachten einige Teilnehmer zum Braunsberger Treffen in Münster Bücher und andere heimatliche Relikte für die Heimatstube mit.

Aus diesem rührigen Kreis kam auch der Hinweis auf die heute in einem Seniorenheim lebende Frau Christel Schneider, für die bekannte und unbekannte Landsleute aus ihrem Kirchspiel Rauschken, Kreis Osterode als Gesprächsteilnehmer gesucht wurden, die sich dann auch aufgrund unserer Veröffentlichung einfanden. Darunter war auch eine Frau aus ihrem Kirchspiel, die leider weder Telefonnummer noch Anschrift nannte. Ich bat diese, sich doch erneut bei Frau Schneider zu melden – na, und das hat sie auch getan. Ich freue mich, dass unsere Zeitung so aufmerksam gelesen wird.

Letzteres bestätigt mir auch ein Neuleser aus der Lüneburger Heide, für den ich auf Ahnenforschung gehen sollte. Was ich inzwischen auch getan habe, da es sich in diesem Falle um die Familie einer ostpreußischen Schriftstellerin handelt, mit der ich sehr befreundet war. Es geschieht eben in unserer Familienarbeit vieles, was hier auf unserer Seite keinen Niederschlag findet, vor allem, wenn es sich um eine sehr persönliche Angelegenheit handelt. Aber was der Betreffende über unsere Zeitung geschrieben hat, will und kann ich hier gerne wiedergeben: „Ich habe vor kurzem ein Jahresabonnement Ihrer Zeitung von einem Verwandten geschenkt bekommen. Begeistert lese ich die Artikel und Beiträge, entsprechen sie doch weitgehend meiner deutschen Meinung. (Apropos Geschenkabonnement! Wäre das nicht ein Tipp für Weihnachten?)

Eure Ruth Geede


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