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09.10.10 / Nur Spielball eines Diktators / Zwei neue Bücher schildern eindrucksvoll das Schicksal von Nordkoreanern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-10 vom 09. Oktober 2010

Nur Spielball eines Diktators
Zwei neue Bücher schildern eindrucksvoll das Schicksal von Nordkoreanern

„Im Dienst des Diktators“ schildert die Lebensgeschichte des Nordkoreaners Kim Jung Ryuls. Seine Ergebenheit zum System, gepaart mit Begabung und ausgeprägtem Lerneifer brachten den jungen Oberst in das streng geheime „Büro 39“: Unter verschiedenster Tarnung hatte er auftragsgemäß immer wieder nach Wien zu fliegen, um über korrupte westliche Zwischenhändler verbotene Embargowaren zu beschaffen; teils war es modernstes Militärgerät und Spezialwaffen, die zur Beseitigung von „Parteifeinden“ des Diktators Kim Jong-il dienten, teils waren es Luxusartikel, die für dessen ausschweifenden Lebensstil bestimmt waren. Geld spielte dabei keine Rolle. Doch bei all seiner „Linientreue“ entgingen Kim Jung Ryuls indes nicht der politische Terror und die übergroßen Leiden seines Volkes. Mehr und mehr kam er zur Überzeugung, dass seine Ideale vom Kommunismus im Sinne eines Arbeiterparadieses vom Regime verraten würden, dessen Politik das Land in den Untergang steuerte. Bei einer Wien-Reise gelang es ihm endlich, abzuspringen und vor seinen Begleitern seinen Tod vorzutäuschen. So blieben seine Angehörigen von der Sippenhaft verschont.

Ein zweites Buch zu Nordkorea, „Die Kinogänger von Chongqing“, basiert auf Interviews mit über 100 Nordkoreanern, denen die Flucht nach China glückte. Sie sind Überlebende des nordkoreanischen „Paradies“, wo allein bis 1998 rund zwei Millionen Menschen an Hunger gestorben sein sollen.

Der Leser erfährt aus den Interviews viel über die Indoktrination mit dem Götzenkult um den Diktator und die völlig gegensätzliche Realitäten in diesem hermetisch von aller Außenwelt abgeschlossenen Land. Flüchtlinge berichten von Briefen, die Postangestellte verbrannten – aus Mangel an anderem Heizmaterial. Eine geflohene Ärztin war völlig überrascht, als sie feststellte, dass eine Metallschale mit weißem Reis und Fleischbrocken auf dem Hof eines chinesischen Bauern, für dessen Hund bestimmt war. Immer hatte sie geglaubt, ihre Heimat sei das beste Land der Welt. „Doch jetzt konnte sie die Augen vor der sehr bitteren Wahrheit nicht verschließen: In China leben die Hunde besser als in Nordkorea die Ärzte!“         F.-W. Schlomann

Ingrid Steiner-Gashi und Dardan Gashi: „Im Dienst des Diktators“, Überreuter, Wien 2010, 207 Seiten, 19,95 Euro; Barbara Damico: „Die Kinogänger von Chongqing“, Roemer, München 2010, 423 Seiten, 19,95 Euro


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