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16.10.10 / Sechs Millionen verschenkt / Potsdamer Garnisonkirche: Ideologische Aufladung könnte die Steuerzahler teuer kommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Sechs Millionen verschenkt
Potsdamer Garnisonkirche: Ideologische Aufladung könnte die Steuerzahler teuer kommen

Nach jahrelangem Hin und Her soll der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche beginnen. Doch der Anfang steht unter einem schlechten Stern, denn Landeskirche und Landesregierung haben das Bürgerengagement beiseite gedrängt.

Der Wiederaufbau der geschichts­trächtigen Potsdamer Garnisonkirche beginnt, zumindest gedanklich. Die Planung ist jetzt an die Dresdner Firma „teamprojekt“ vergeben. Evangelische Kirche und Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche (FWG) setzen damit auf baldigen Baubeginn am Turm. Den Startschuss ermöglicht ein Landeszuschuss – aus dem Topf ehemaliger DDR-Parteivermögen. Doch dürfte weder für den 88,43 Meter hohen Träger des weltbekannten Glockenspiels noch für den Gesamtbau annähernd genug Geld vorhanden sein. Zudem bleibt das Konzept „Versöhnungszentrum“ statt originalgetreuer Rekonstruktion umstritten, zumal der ideologisch aufgeladene Ansatz kaum einen Spender anlockt.

„Üb’ immer Treu und Redlichkeit“ – der Text des Dichters Ludwig Heinrich Christoph Hölty, 1775 als „Der alte Landmann an seinen Sohn“ verfasst, und die Melodie von Wolfgang Amadeus Mozart in Anlehnung an die „Zauberflöte“ standen Pate für das Glockenspiel der Kirche. Die Kirche sollte im Sinne des Erbauers, König Friedrich Wilhelm I., ein „Symbol des christlichen Preußen“ sein.

Seit 1991 gibt es das Glockenspiel in Potsdam wieder – dank dem Einsatz der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG). Sie gab mit der ersten Spendensammlung und dem Guss der Glocken schon vor dem Mauerfall, nämlich im Jahre 1987, den Anstoß zum Wiederaufbau der 1968 gesprengten Kirche und sammelte Unterstützer. Linke Kreise in der Evangelischen Kirche bekämpften die Pläne als Ausdruck von „Militarismus“. Die zuständigen Kirchengremien sagten noch nach Ende der DDR nein.

Seit diesen Anfängen hat sich die Stimmung zugunsten des Projekts an sich verschoben. Spätestens mit der Grundsteinlegung 2005, der keine wesentlichen Baumaßnahmen folgten, bekundete auch die Politik prinzipielle Unterstützung und mischte sich inhaltlich ein. Um die Art der Rekonstruktion und die spätere Nutzung schwelt indes der Streit. Die Kirche hat mit der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ ihr eigenes Konzept nachgelegt: Nagelkreuz (in Anspielung auf Coventry) statt Wetterfahne außen, vor allem aber innen Verzicht auf entscheidende Teile der Ausstattung, so voraussichtlich auch den Altarraum.

Wiederaufbau-Aktive der ersten Stunde werfen der Landeskirche wie der Landesregierung vor, es mit der Redlichkeit nicht so genau zu nehmen und das Projekt weiterhin verschleppen zu wollen. Tatsächlich kommt der offizielle Plan kaum voran, obwohl sich die Verantwortlichen öffentlich wie im Internet als Macher präsentieren: „Das primäre Ziel der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche ist eine weitestgehend form- und materialgerechte Rekonstruktion.“ Doch „die wieder gewonnene Garnisonkirche soll zukünftig als offene Stadtkirche, als Symbolkirche und als Schule des Gewissens genutzt werden“, so der Plan der FWG. Das Innere solle „dem Zustand von 1732 angenähert“ und „die Querausrichtung des Raumes“ wiederhergestellt werden, heißt es im Internet nebulös. Indes: „Der neubarocke Zustand von 1898 soll nicht rekonstruiert werden“ so die FWG weiter.

Fördergesellschaft und Kirchenstiftung ziehen an einem Strang. Die FWG sammelte bisher 600000 Euro an Spenden ein. Mehr als das Zehnfache trug dagegen die TPG zusammen für einen innen wie außen historisch kompletten Bau. Nach ihrem Rückzug wegen der nicht ideologiefreien Konzeption von Kirche und Politik müssen die nun Verantwortlichen aber zusehen, wie sie ihre Pläne selbst finanzieren. Allein der einer niederländischen Kirche nachempfundene Turm kostet 39 Millionen Euro. Bereits 2017 soll er fertig sein. Doch aktuell stehen gerade zwei Millionen aus sogenanntem PMO-Vermögen, das sind Gelder der Parteien und Massenorganisationen der DDR, als „Initialzündung“ zur Verfügung. Davon sind 1,4 Millionen für die Planung an sich vorgesehen, weitere 400000 Euro für eine zeitweilige Ausstellung – bleiben ganze 200000 Euro für den Bau. Dieser bescheidene Betrag soll „Einzelbauteile“ ermöglichen. Die hoffen die Bauherren bald spektakulär in Szene zu setzen und so Spender zu werben.

Bisher legt sich die Landeskirche nur mit einer Ausstellung zur Garnisonkirche ins Zeug, samt „Ziegelsteinaktion für den Wiederaufbau sowie Schmalzstullen-Buffet“. Für 2011 kündigt sie mit der Untersuchung der noch vorhandenen Kirchenfundamente die nächste Bauphase an. Dazu wird der Standort der Ausstellung abgerissen.

Die Planungsfirma „teamproject“ sammelte bisher Erfahrungen mit steuerfinanzierten Schloss-Sanierungen (Dresdener Schloss, Moritzburg, Meißen). Ihr jetziges Engagement kann als Zeichen verstanden werden, dass am Ende der Steuerzahler mehr zahlt als in der TPG-Variante – und weniger dafür bekommt.

Vor wenigen Tagen verbuchte die FWG immerhin eine spektakuläre Einzelspende: 700000 Euro plus Erlös aus einer Eigentumswohnung wurden ihr aus dem Nachlass einer offenbar durch den TPG-Rückzug heimatlos gewordenen 93-Jährigen vermacht. Ob davon eine „Signalwirkung auf andere potenzielle Spender“ ausgeht, wie FWG-Vorsitzender Johann-Peter Bauer hofft, bleibt offen. Sverre Gutschmidt


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