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16.10.10 / Theologisches Genie / Newman war seiner Zeit weit voraus – Kritiker des Liberalismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Theologisches Genie
Newman war seiner Zeit weit voraus – Kritiker des Liberalismus

Papst Benedikt XVI. gilt als großer Verehrer von John Henry Newman (1801–1890) und ließ es sich nicht nehmen, den Theologen am 19. September, nur einen Kilometer von seinem Grab entfernt, persönlich selig zu sprechen. Newman galt schon als Kind und Jugendlicher als intellektuelles Genie. Mit 16 Jahren bekehrte er sich zum lebendigen Glauben an Jesus Christus und beschloss gleichzeitig, ehelos zu bleiben. Nach seinem Theologiestudium am angesehenen „Trinity College“ der Universität Oxford wurde er schon mit 21 Jahren zum Professor am benachbarten „Oriel College“ berufen. Eine glänzende Karriere lag vor dem jungen Mann und ganz England schaute zu ihm auf. 1833 wurde er zudem zum geistlichen Kopf der wichtigsten anglikanischen Reformströmung, die sich nach ihrem Herkunftsort „Oxford-Bewegung“ nannte.

Die zentrale Hoffnung dieser Reformer würden wir heute „ökumenisch“ nennen. Die Männer um Newman erkannten, dass nur eine geeinte Christenheit stark und missionarisch erfolgreich sein könnte. Daher suchten sie eine „Via Media“, einen Mittelweg zwischen katholischer und protestantischer Spiritualität, um die Einheit der Kirche wiederzustellen. Vor allen Dingen die Theologie der Kirchenväter der frühen Kirche sollte ein Schlüssel für ihre Bemühungen liefern. Denn in den ersten 500 Jahren war die Christenheit noch weitgehend eins. Doch je mehr sich John Henry Newman in die Theologie der Kirchenväter vertiefte, desto mehr wuchsen seine Zweifel. Eine Rückkehr in die erste Christenheit erschien unmöglich. Zu groß war nicht nur der zeitliche Abstand, sondern auch die theologische Differenz zwischen dem Anglikanismus des 19. Jahrhunderts und dem Glauben der ökumenischen Kirchenväter, wie er etwa im Apostolischen Glaubensbekenntnis oder in den frühkirchlichen Dogmen niedergelegt ist.

So entschlossen sich Newman und viele seiner theologischen Weggefährten zwischen 1843 und 1845 zur Konversion in die katholische Kirche. Nach einem mehrmonatigen Studienaufenthalt in Rom wurde Newman 1847 zum katholischen Priester geweiht und damit beauftragt in England das „Oratorium“ (nach dem hl. Philipp Neri) zu begründen. Dabei handelt es sich um eine ordensähnlich lebende Gemeinschaft von Priestern. Newman erfuhr in den folgenden Jahrzehnten feindselige Ablehnung sowohl von Anglikanern wie von seinen neuen katholischen Weggefährten. Davon unbeirrt arbeitete er an seinen theologischen Werken, wovon seine „Apologia pro sua vita“, eine Selbstverteidigung seines Weges, die bekannteste ist. Hierin kritisiert er bereits vor 150 Jahren die heute verbreitete Strömung des theologischen Relativismus und Liberalismus. Seine theologischen Werke umfassen 38 Bände, besonders bekannt ist sein Schluss aus dem menschlichen Gewissen auf die Existenz Gottes. Für seine theologischen Arbeiten wurde der große Theologe und „Kirchenvater der Neuzeit“ 1879 ehrenhalber zum Kardinal ernannt.      Hinrich E. Bues


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