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16.10.10 / Bruderzwist / Medwedew liest Lukaschenko die Leviten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Bruderzwist
Medwedew liest Lukaschenko die Leviten

Die Luft wird für Alexander Lukaschenko zunehmend dünner, wenn er bei der weißrussischen Präsidentenwahl am 21. Dezember für eine vierte Amtszeit kandidiert. Seinen Wahlkampf führt er wie gehabt: Versammlungen der Opposition werden gewaltsam aufgelöst wie kürzlich die der Bürgerbewegung „Europäisches Weißrussland“ in Minsk oder wie in Brest vom Stadtzentrum in Randbezirke verdrängt. Gegenüber Mos-kau zeigt er sich kampfeslustig und scheut nicht davor zurück, sich in giftigen Angriffen auf die Moskauer Führung, insbesondere auf Dmitrij Medwedew, den er für den seit Sommer herrschenden Medienkrieg gegen ihn verantwortlich macht, zu ereifern. Medwedew hat zurückgeschlagen. Er bezeichnete den weißrussischen Kollegen als „unehrenhaft“ und „unverschämt“ und äußerte öffentlich, dass Mos­kau sich durchaus einen Oppositionspolitiker im Präsidentenamt vorstellen könne. Seit Monaten gehen im Kreml mögliche weißrussische Kandidaten ein und aus. Politiker, die daran gehindert werden, einen offenen Wahlkampf zu führen, nutzen das Internet.

Zwischen Minsk und Moskau herrscht auf wirtschaftlicher Ebene Streit um Preise und Zölle für russisches Öl und Gas. 1995 wurde ein Freundschaftsvertrag geschlossen, der die Erhebung von Zöllen für gegenseitige Geschäfte ausschließt. Dies gilt nach russischer Lesart jedoch nur für selbstgenutzte Ware, während die Weißrussen seit Jahren vom Weiterexport der vergüngstigt importierten Rohstoffe zu Weltmarktpreisen profitieren. Politisch verübelt der Kreml dem Partnerland Kontakte zu Georgien und dass Weißrussland die Selbständigkeit Südossetiens und Abchasiens nicht anerkannt hat. Auch für das Scheitern der Zollunion macht Russland Lukaschenko verantwortlich.

Lukaschenko sucht Unterstützung bei Partnern außerhalb Russlands und Europas. Er setzt auf Länder, die nicht so genau auf die weißrussische Innenpolitik schauen. Iran und Venezuela haben Öl, China das Geld. Bei einem Besuch der Expo 2010 in China traf Lukaschenko Staatschef Hu Jiantao, der ihm zusagte, den Handel zwischen beiden Ländern ausbauen zu wollen. Von besonderem Interesse für die Chinesen sind neben Investitionen in die Energieversorgung der Bau von groß angelegten Industriezonen auf weißrussischem Territorium.            M. Rosenthal-Kappi


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