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16.10.10 / Zu DDR-Zeiten grunzten hier Schweine / Karl Friedrich Schinkel baute Neuhardenberg um – Heute ein Hotel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-10 vom 16. Oktober 2010

Zu DDR-Zeiten grunzten hier Schweine
Karl Friedrich Schinkel baute Neuhardenberg um – Heute ein Hotel

Zu den Perlen der Mark Brandenburg gehören ihre Herrenhäuser. Neuhardenberg ist eines von ihnen. Dort verbrachte Preußens Staatskanzler und Reformer Karl August von Hardenberg allerdings nur kurze Zeit.

Auf dem Sterbebett beschwor Königin Luise ihren Mann, König Friedrich Wilhelm III.: „Halte Hardenberg!“ 200 Jahre nach ihrem Tod ist Preußens Staatskanzler und Reformer noch immer präsent. Sein Landsitz Neuhardenberg ist hervorragend saniert und erinnert nicht nur mit einem eindrucksvollen Museum an das politische Engagement der Familie, er wird auch als internationale Begegnungsstätte und Klausurort der Bundesregierung genutzt.

1814 war die Komturei an Fürst Hardenberg gelangt und im Besitz der Familie geblieben, bis man diese am 24. Juli 1944 enteignete: Graf Carl-Hans von Hardenberg hatte zu den Verschwörern des Stauffenberg-Attentats vom 20. Juli 1944 gehört. Während der Graf auf wundersame Weise überlebte, blieb der Besitz bis 1993 verloren. Zu DDR-Zeiten hatten auf dem volkseigenen Gut rund 6000 Schweine gegrunzt. Von den Hardenbergs wird die auf 3000 Hektar angewachsene Komturei jetzt vornehmlich für Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft genutzt. Daneben hat man mit viel Geld und Arbeit das Gut denkmalgerecht saniert.

Die Komturei Lietzen war vermutlich ab 1229 im Besitz des Templerordens. Ein Stück Hofmauer aus jener Zeit ist immer noch erhalten. Nach der Auflösung des Templerordens 1312 fiel der größte Teil seines Besitzes an den Johanniterorden, darunter auch die Komturei Lietzen. 1810 erklärte König Friedrich Wilhelm III. den Johanniterbesitz per Edikt zum preußischen Staatseigentum und machte Lietzen wenig später Karl August Fürst von Hardenberg zum Geschenk.

Hardenberg hatte eigentlich nie ins preußische Stammland zurückkehren wollen. Doch 1798 hatte man ihn, damals Kabinettsminister, aus Ansbach dorthin zurückbefohlen. Am Berliner Opernplatz, heute Bebelplatz, hatte er daraufhin zwei Etagen eines Palais gemietet, ein Geschoss für die Wohnung, eines für die Kanzlei. Heute steht dort ein Hotel. Sechs Jahre später, 1804, erwarb er ein Stadtpalais in der Leipziger Straße. Schon 1808 kaufte der König es ihm als Akt der finanziellen Unterstützung ab, gewährte seinem Minister jedoch kostenloses Wohnrecht auf Lebenszeit. Ironie des Schicksals: In genau dieses Haus zog 20 Jahre nach Hardenbergs Tod das von ihm so heiß ersehnte erste preußische Parlament ein. Schon im Jahre 1800 hatte Hardenberg seine ererbten Stammgüter bei Göttingen aufgegeben, um in Preußen neuen Besitz zu erwerben. Dieser sollte schließlich von Potsdam bis in die Neumark reichen. Zum Auftakt hatte er um 1798 einen ersten Sommersitz in Lichtenberg gekauft, der allerdings ab 1814 wieder sukzessive verkauft wurde.

Hardenbergs nächste Erwerbung war Tempelberg, das er 1801 von der Familie von Wulffen übernahm und als erstes Gut in der Mark Brandenburg immer weiter ausbaute. Tempelberg wurde sein Lebensmittelpunkt, sein gesellschaftliches Refugium, wohin er sogar die 16000 Bände seiner Bibliothek aus dem Stadtpalais in Berlin verlegte. Nicht ohne Grund. Schon 1795 hatte er Charlotte Schönemann kennen- und lieben gelernt. Als Tochter eines Stuhlmachers war sie für die Berliner Gesellschaft untragbar. Nach sechs Jahren in wilder Ehe machte Hardenberg sie 1807 auch ohne Genehmigung in Riga zu seiner dritten Ehefrau. Schloss Tempelberg wurde nach 1945 im Zuge der Bodenreform abgetragen. An die Vergangenheit des Ortes erinnert heute nur noch die mittelalterliche Feldstein-Kirche der Tempelritter am idyllischen Kirchenpfuhl.

Nach der Besetzung Preußens 1806 ordnete Napoleon an, dass der von ihm zum Staatsfeind erklärte Hardenberg sich mindestens 40 Meilen vom Hof seines Königs Friedrich Wilhelm III. entfernt aufhalten musste. Mit der Ernennung zum preußischen Staatskanzler 1810 war wieder Nähe zum Hof angesagt.

Dieser weilte im Sommer in Potsdam. Daher mietete Hardenberg noch im selben Jahr in Glienicke, heute Teil von Berlin, einen zweiten Sommersitz, den er 1814 auch kaufte und bis zu seinem Tod nutzte. Die Landwirtschaft dort gab er auf und beauftragte 1816 Peter Joseph Lenné, einen Park anzulegen. Durch die Aussichten auf den Park Babelsberg, nach Potsdam und auf die Havel zieht dieser bis heute den Besucher in seinen Bann und gehört seit 1990 zum Weltkulturerbe der Unesco. Das Schloss selbst hat die hardenbergsche Zeit nicht überdauert. Es wurde von Schinkel später im Stil einer antiken Villa grundlegend umgebaut.

Dafür erstrahlt das hardenbergsche Andenken in der Mark umso authentischer. Zum Dank für seine Verdienste um den Staat hatte

Friedrich Wilhelm III. dem Regierungschef 1814 nicht nur Lietzen und Rosenthal, sondern auch das Amt Quilitz geschenkt. Zusammen bildeten sie die neue Standesherrschaft Neu-Hardenberg. Denn in Anlehnung an den Erstsitz der Familie, Nörten-Hardenberg bei Göttingen, war Quilitz, zu Hardenbergs Ehren, ein Jahr später in Neu-Hardenberg (seit 1991 Neuhardenberg) umbenannt worden.

Mit dem Staatskanzler zogen nun auch in diesem Teil der Provinz „Urbanität, Grazie und Lebensgefühl“ ein. Die umfangreiche Bibliothek fand ein neues Domizil; Tempelberg wurde verpachtet. Hardenbergs Lebensmittelpunkt aber wurde keiner seiner preußischen Besitztümer mehr, sondern die Welt, die er fortan bis zu seinem Tod bereiste. Auf dem neuen Anwesen sollte er insgesamt nur 114 Tage verbringen. Genug Zeit jedoch, um das Schloss ab 1820 nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel umbauen zu lassen. Der wichtigste Neubau jener Zeit war die 1817 fertiggestellte Kirche am Schlossplatz. Es war Hardenbergs Wille, in ihr seine letzte Ruhe zu finden. Nachdem er am 26. November 1822 im Alter von 72 Jahren in Genua verstarb, wurde sein Leichnam nach Neu-Hardenberg überführt und im Mausoleum beigesetzt. Das Herz aber, so hatte es der Fürst verfügt, sollte man im Altar der Kirche aufbewahren. Es ruht dort bis heute.

1996 hatten die Hardenbergs auch den Besitz in Neuhardenberg zurück erhalten und verfügten damit wieder über das Kernland der einstigen Standesherrschaft. Ein Jahr später wurden das Schloss, die Nebengebäude und der Park vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband aufgekauft und nach sorgfältiger Restaurierung und stilvoll eingefügten Um- und Neubauten 2002 als luxuriöses Hotel und internationale Begegnungsstätte wiedereröffnet. Damit hat Schinkels klassizistisches Meisterwerk den ihm angemessenen Glanz zurück erhalten. Helga Schnehagen


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