19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.10.10 / Umstrittener Gast / Ahmadinedschad im Libanon gefeiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Umstrittener Gast
Ahmadinedschad im Libanon gefeiert

Was auch immer vom iranischen Mullah-Regime und von dem hinter Ajatollah Chamenei de jure und de facto nur an zweiter Stelle stehenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu halten sein mag, dessen Staatsbesuch im Libanon war über weite Strecken ein Triumphzug. Begeisterung herrschte zwar nur in den nach der israelischen Invasion 2006 mit iranischer Hilfe wiederaufgebauten Schiiten-Quartieren und bei der vom Iran aufgerüsteten Hisbollah-Miliz. Aber selbst andere politische Gruppierungen tun sich schwer mit Kritik, seit Libanons Premier Saad Hariri, ein Sunnit, es im September als „Fehler“ bezeichnete, Syrien – und damit indirekt den Iran – für die Ermordung seines Vaters 2005 verantwortlich zu machen, und seit die fragwürdige politische Rolle des „Internationalen Hariri-Tribunals“ in Den Haag immer deutlicher wird. Um Befürchtungen im sunnitischen Lager zu zerstreuen, hatte Ahmadinedschad außerdem noch kurz vor der Reise mit dem saudischen König Abdallah telefoniert.

Ahmadinedschads Auftreten im Libanon und vor allem in der nahe an der Grenze zu Israel liegenden Ortschaft Bint Dschubail, die 2006 zerstört und dank Iran wiederaufgebaut worden war, wird zwar in Israel und den USA – und daher pflichteifrig auch in Europa – als „Provokation“ bezeichnet. Aber zeigen sich nicht auch westliche Politiker gerne an umkämpften Frontlinien und Grenzen? Und man sollte sich nicht von Wunschdenken und einer anti-iranischen Propagandawalze irreleiten lassen: Untersuchungen ergeben, dass die meisten Araber einen möglichen Angriff auf den Iran klar ablehnen und – wohl im Unterschied zu manchen ihrer Regierungen – sich von Israel und den USA um ein vielfaches stärker bedroht fühlen als vom Iran. Das Konzept der „Umma“, der „Gemeinschaft der Gläubigen“, ist im Denken von Muslimen eben bis heute stärker verankert als etwa die Nation oder die Volkszugehörigkeit – wie unter anderem die türkische Iran-Politik zeigt.  R. G. Kerschhofer


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren