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23.10.10 / Europa muss Eigenständigkeit bewahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Europa muss Eigenständigkeit bewahren

Das Ziel eines aus sich heraus operierenden Europa mit einer unabhängigen Rüstungsbasis besteht bis heute fort (siehe Artikel unten). Wer sie durch den Verzicht auf eigenständige Entwicklungen durch Kauf (in den USA als größtem Anbieter) gefährdet, kündigt den Konsens über eine Politik, welche die Rüstung über Jahrzehnte mitbestimmt hat.

Sollen Kosten unter Wahrung des europäischen Konsenses gespart werden, gibt es nur einen Weg: Die Militärs des Bündnisses, die sämtlich immer noch auf eine selbständige Kriegführung in allen Bereichen (Land, See, Luft) hin strukturiert sind, müssen auf der Basis einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eine Lastenteilung vornehmen.

Die Rüstungsindustrien der Länder müssen sich nach nationaler Konsolidierung zusammenschließen, um zu kostengünstigeren Strukturen zu gelangen und sich mit Unterstützung dann aller Regierungen neue Chancen insbesondere in den USA als lukrativstem Markt zu erschließen.

Die Lösung ist im Einsparungszeitraum nicht zu erreichen. Angesichts der Tatsache, dass sich mit den Stimmen von 90000 Beschäftigten keine Wahlen gewinnen lassen, und der Neigung der Bevölkerung, im Verteidigungs-etat stets die erste Einsparungsstelle zu sehen, wird der Minister keine Mehrheit für eine großzügigere Behandlung seines Etats finden. Die unpopuläre Rüstung wird politisch anders gewichtet als etwa HochTief. Es wird ihm folglich nichts anderes übrig bleiben, als die Ausgaben für künftige Entwicklungen über alle Bedenken hinweg zu kürzen. Die kleineren Firmen werden das nicht überleben.    Martin Guddat

Der Autor war unter anderem Chef der Rüstungsabteilung im Verteidigungsministerium.

 

Zeitzeugen

Volker Wieker – Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Nachfolger des im Streit mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zurückgetretenen Wolfgang Schneiderhan, ließ erst vor kurzem seinen Ärger über die deutsche Rüstungsindustrie freien Lauf. So sagte er vor dem Verteidigungsausschuss, dass sämtliche großen Rüstungsprojekte drei Merkmale einen würde: „Sie fallen aus dem Kostenrahmen, sie fallen aus dem Zeitrahmen“ und sie brächten „nicht einmal das geforderte Fähigkeitsspektrum“.

Hans-Peter Bartels – Der SPD-Verteidigungspolitiker bezeichnet speziell „die Geschichte des NH90“ als „eine Geschichte voller Kümmernisse“. Der Transport-hubschrauber, eine Gemeinschaftsproduktion von Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden, sei zu „spät, in den Fähigkeiten prekär und zugleich dringend notwendig“. Experten bezweifeln, dass er in Gebieten wie Afghanistan einsetzbar ist.

Louis Gallois – „Wenn EADS die Verteidigungsaktivitäten in unseren Heimatländern signifikant zurückfahren muss, wird das wahrscheinlich Auswirkungen auf Jobs haben“, warnte der Chef des europäische Flugzeugbau- und Rüstungskonzern EADS. EADS ist mit Produkten wie dem Kampfflugzeug Eurofighter, dem Militärtransporter A400M und dem Transporthubschrauber NH90 der größte Rüstungslieferant der Bundeswehr. Doch bei all diesen Projekten gibt es Lieferverzögerungen, Qualitätsmängel und massive Kostensteigerungen.

Manmohan Singh – Wenn der indische Premier oder seine Minister Besuch von Regierungsvertretern aus Russland, der USA, Deutschland oder Frankreich erhalten, können sie sicher sein, dass es auch um die von Indien geplante Anschaffung von 120 neuen Kampfjets geht. „Ich bin kein Rüstungsminister, sondern Handelsminister“, schimpfte der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vor seinem letzten Indienbesuch, als von EADS und aus der Politik der Wunsch geäußert wurde, er möge doch dort für den Eurofighter werben.


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