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23.10.10 / »Make up« für Dinge / Ausstellung in Zürich: Von wegen oberflächlich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

»Make up« für Dinge
Ausstellung in Zürich: Von wegen oberflächlich

In Zürich ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, die dokumentiert, wie Designer die Oberfläche ihrer Produkte herausputzen, um den Verbraucher zum Zugreifen zu animieren. „Bedeutung und Attraktivität eines De-signprodukts hängen wesentlich von der Gestaltung seiner Oberfläche ab. Damit lässt sich der erhebliche Arbeitsaufwand für ein ,Finish‘ oder ,Make up‘ erklären“, erläutern die Ausstellungsmacher. „Die Ausstellung ,Make up‘ im Zürcher Museum für Gestaltung zelebriert den Reiz der Oberfläche und bezieht sich auf alle Gebiete der Gestaltung. Sie zeigt Texturen von Designklassikern im Zusammenhang mit aktuellen Beschichtungstechniken und zeichnet eine inspirierende Geschichte der Oberfläche an Objekten der Alltagswelt.“

Erst bei genauem Hinsehen, bei bewusstem Wahrnehmen entdeckt der Verbraucher das Gesicht eines Produkts. Selbst das unscheinbarste Ding hat ein „Make up“, sei es der Parfümflakon mit einem Deckel aus geflochtenem Plastik – nicht notwendig, aber angenehm anzufassen, sei es das Deospray mit dem Stoffbezug, das Sauberkeit und Frische verheißt. „Produkte haben ein Gesicht, mit dem sie sich an ihre Benutzer wenden – sie wollen bewundert, verstanden oder berührt werden. Neben ihrer Erscheinung wirken Oberflächen auch in der physischen Interaktion. Solche funktionalen ,Coatings‘ (Beschichtungen) werden für die Industrie entwickelt und dringen in alltägliche Lebensbereiche vor; als Sportbekleidung, Autolack oder Lidschatten. Die sinnvolle Nutzung dieses Potenzials ist eine Herausforderung fürs Design.“ „Make up“ ist im modernen Leben kaum noch wegzudenken. Die meisten Frauen verzichten ungern auf ihr tägliches „Make up“. Sie fühlen sich geradezu nackt, wenn sie nicht wenigsten ein Hauch Rouge auf den Wangen oder eine Spur Lippenstift verteilen – selbst dann, wenn sie nur zum Bäcker um die Ecke gehen.

Schminke ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Bereits an der vor etwa 25000 vor Christus entstandenen sogenannten Venus von Willendorf, die in der Wachau gefunden wurde, konnten Farbreste aus Ocker, Kalkweiß und Asche festgestellt werden. Ein wunderschönes Beispiel altägyptischer Schminkkunst ist die Büste der Nofretete. Mit zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnissen achtet man bei der Verwendung von Schminke nun auch auf die möglichen gesundheitlichen Schäden. So entwickelte der Berliner Bariton Ludwig Leichner (1836–1912) 1873 die erste bleifreie Theaterschminke. Leichner hatte zuvor Pharmazie und Chemie studiert. Als Sänger hatte der Wagner-Verehrer Engagements in Bamberg, Köln, Königsberg und in Stettin. Seine 1873 gegründete Puder- und Schminkenfabrik bestand bis 2003.

Der Begriff „Make up“ wird dem 1875 in Lodz geborenen Max Factor zugeschrieben. Bereits mit neun Jahren arbeitete er bei einem Perückenmacher und Kosmetiker in seiner Vaterstadt. 1904 wanderte er in die USA aus, wo er zunächst auch die Schminke von Leichner vertrieb, dann aber in Kalifornien ein eigenes Kosmetik-Imperium aufbauen konnte. Er machte sich die Filmindustrie in Hollywood zunutze und entwickelte eine Creme in zwölf verschiedenen Schattierungen, die anders als andere Theaterschminke nicht hart wurde. Factor nannte seine Produkte „Make up“, ein Ausdruck, der zuvor nur im Theater und von Leuten mit zweifelhaftem Ruf benutzt wurde. Max Factors Werbespruch war: Jedes Mädchen kann aussehen wie ein Hollywood-Star. Und von denen zählten solche Größen wie Mary Pickford, Gloria Swanson, Bette Davis, Joan Crawford und Judy Garland zu Factors Stammkunden.       S. Osman

Die Ausstellung „Make up – Design der Oberfläche“ ist noch bis zum 2. Januar 2011 dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr in der Galerie des Museums für Gestaltung in Zürich zu sehen.


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