19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.10.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-10 vom 23. Oktober 2010

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Von Beruf beleidigt / Warum Kenan Kolat immer etwas findet, was die Fifa-Schmiermichs besser gesagt hätten, und wieso Hochtief nicht zu helfen ist

Das konnte auch Christian Wulff nicht alles kitten. Die Wunden sind tief, die wir bei unseren türkischen Freunden geschlagen haben. Der Vorsitzende der „Türkischen Gemeinde“ in Deutschland, Kenan Kolat, berichtet vorwurfsvoll von der Enttäuschung, die sich unter türkischen Jugendlichen in Deutschland breitgemacht habe. Die jungen Leute beschwerten sich bitter darüber, wie ihr einstiger Star Mesut Özil von den Deutschen „vereinnahmt“ würde, während man ihnen die Anerkennung verweigere.

Wie bitte? Ist der Özil nicht das Beispiel für gelungene Integration? Wir haben schon wieder alles falsch gemacht. Dabei wähnten wir uns doch auf der Seite der Guten, als wir den Mesut fest an unser deutsches Herz drückten und ihm hinterher jubelten, als er die Tore für uns schoss. War das nicht auch eine Geste an die Türken im Land? Pustekuchen, gerade deswegen sind die jetzt beleidigt: „Vereinnahmung!“

Das wäre vermeidbar gewesen, es gab andere Möglichkeiten. Die wollen wir hier mal – rein hypothetisch! – durchspielen, und uns – noch viel hypothetischer – ausmalen, was Herr Kolat wohl dazu gesagt hätte.

Wie also können wir die perfide „Vereinnahmung“ eines jungen Türken durch die deutsche National-Elf verhindern? Beispielsweise könnten die Kaderschmieden des deutschen Fußballs ganz darauf verzichten, junge Türken zu fördern. Dann könnten die bei uns ja auch keine Nationalspieler mehr werden, die Gefahr der Vereinnahmung wäre gebannt. Was würde Kenan Kolat dazu sagen? „Der deutsche Spitzenfußball bleibt ein Hort der Fremdenfeindlichkeit. Das zeigt die Ausgrenzung türkischer Talente.“

Oha, ja, das hätte der wohl dazu gesagt. Geht also auch nicht. Zweite Möglichkeit: Man hätte dem Özil die deutsche Staatsbürgerschaft verweigern können! Dann wäre der zwar ein guter Kicker geworden. Die Vereinnahmung durch das Nationalteam aber wäre unmöglich geworden. Und, Herr Kolat? Gefällt Ihnen das? Kolat: „Die Verweigerung der Staatsbürgerschaft selbst für hochbegabte Spitzensportler ist ein Armutszeugnis für Deutschland!“

Wieder nichts, also weiter: Eine dritte Möglichkeit wäre noch, türkische Einwanderer mit deutschem Pass per Sonderregelung aus Nationalmannschaften herauszuhalten. Kolat: „Die himmelschreiende Diskriminierung von Migranten gemahnt an das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte! Wir überlegen, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Ja, die  Weltgemeinschaft muss darüber urteilen, was in Deutschland ... !!!“ Okay, okay, schon verstanden. Wieder nichts.

Tja, bleibt nicht mehr viel, um die „Vereinnahmung“ zu verhindern. Letztes Mittel: Man könnte ihn ja in die Elf aufnehmen, aber die deutschen Mitspieler und erst recht die Fans lassen ihn und die Öffentlichkeit spüren, dass er nicht dazu gehört. Dann wäre er zwar dabei, aber eben nicht „vereinnahmt“. Na? Kolat: „Die unerträgliche Art, mit der die deutschen Fans und sogar die Mannschaftskollegen Mesut Özil ausgrenzen, zeigt, dass die Fremdenfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und alle Schichten infiziert hat.“

Ja, was denn nun? Wir sehen: Es gibt keinen Ausweg, Kenan Kolat wird in jedem Falle beleidigt sein. Doch ist das denn ein Grund zum Verzweifeln? Kommt auf den Standpunkt an. Für Kenan Kolat ist es das ganz gewiss nicht. Er gehört zu denen, welche die türkischstämmige Berliner Journalistin Güner Balci als „NDP“ bezeichnet, das steht für „Nutznießer der Parallelgesellschaft“.

Die Nutznießer verdanken ihre ganze Medienpräsenz und bisweilen sogar ihre berufliche Stellung dem pausenlosen Aufdecken von Diskriminierung. Sie haben es dabei zu so großer Kunstfertigkeit gebracht, dass sie ohne Schwierigkeit von allen Seiten gleichzeitig angreifen können: So befinden sich die Türken in Deutschland tief im Elend der Ausgrenzung, um – plopp! – schon beim geringsten Integrationsfortschritt in die verhängnisvolle Falle der „Vereinnahmung“ zu stürzen. Dazwischen gibt es nichts, und wo die Grenze ist, bestimmen die NDPs danach, mit welchem Vorwurf man gerade mehr Aufmerksamkeit erzielen kann. Denn von der leben sie.

Mesut Özil hat sich entschieden, lieber vom Fußball zu leben. Da ist ja auch eine Menge Geld drin. Allerdings nicht genug für alle, weshalb die Fifa-Vertreter von Tahiti und Nigeria die Hände weit aufgehalten haben. Leider vor der falschen Person, einer fiesen Presse-Petze nämlich. Der Nigerianer wollte 570000 Dollar, der Tahitianer gar 2,3 Millionen dafür, dass er bei der Vergabe der WM 2022 für die USA stimmt. Uns Zuschauer hat die erfrischende Offenheit gerührt, mit welcher die beiden Schmiermichs ihre Wünsche darbrachten. Noch frischer wurde uns, als der Tahitianer nach Bekanntwerden des peinlichen Mitschnitts darauf bestand, absolut „integer“ zu sein. Er wollte die Millionen ja nicht für sich, sagt er. Ach ja.

Was für eine dumme Ausrede. Ein bundesrepublikanischer NDP hätte ganz anderes Kaliber aufgefahren. Etwa so: Ist nicht das unerträgliche Ungleichgewicht zwischen armen und reichen Ländern  Schuld an solch abstoßenden Szenen? Eben! Und wer ist für dieses Ungleichgewicht verantwortlich? Na also!

Ungleichgewichte sind unsozial, das geht nicht im sozialen Europa. Deshalb ist der deutsche Aufschwung ein Akt unsozialer Selbstsucht, für den die Deutschen zahlen sollen. Das geht so: Man verschuldet sich über beide Ohren in den Staatsruin, klagt die „europäische Solidarität“ ein, und schon müssen die „reichen“ EU-Länder mit Deutschland an der Spitze blechen.

Allerdings gab es da eine Fußangel, den „Stabilitätspakt“, der die Verschuldungsorgie stoppen sollte. Und zwar per kaltem Automatismus, ohne „politische Kontrolle“, sprich, die Gelegenheit zum Schachern. Aber das war einmal: Nicolas Sarkozy hat unserer Kanzlerin den teuflischen „Automatismus“ am Strand von Deauville abgehandelt. Strafverfahren gegen Defizitsünder werden künftig auf dem Markt für europäische Kuhhandel beschlossen, und zwar nur noch mit „qualifizierter Mehrheit“, also gar nicht mehr. Immerhin, verteidigt sich Angela Merkel, habe sie dem Franzosen dafür abgetrotzt, dass man bis 2013 ein neues System zur Verhinderung künftiger Griechenländereien finden werde, wolle, müsse, oder so ähnlich. Da sind wir ja wirklich gespannt.

Na! Nicht so negativ denken! Schließlich beteuern die Politiker doch, dass „Europa es ernst meint mit der Stabilität“: Angesichts kafkaesker Schuldenpegel weit jenseits aller vereinbarten Grenzen in etlichen Euro-Ländern wurden doch schon saftige Strafen erlassen gegen ... äh ... ja ... ja gut, gegen niemanden. Aber die „moralische Wirkung des Stabilitätspakts“, die war trotzdem ganz enorm, was an Beispielen zu sehen ist wie ... na gut, Moral kann man eben nicht sehen. Basta.

Aber geht bei der Gleichmacherei nicht die europäische Vielfalt verloren? Aber nein, die Vielfalt wird überall dort bewahrt, wo sie nützlich ist, etwa bei den Gesetzen zu Firmenübernahmen. So könnte kein deutsches Unternehmen den spanischen Baukonzern ACS schlucken, weil die dortigen Übernahmegesetze einen solchen Handstreich verbieten. Umgekehrt geht das mit Hochtief schon. Die Bundesregierung will daran auch nichts machen. Wegen der Vielfalt und wegen der „Ordnungspolitik“, soll heißen: In der deutschen Marktwirtschaft müssen die Betriebe sich selber schützen, sonst macht irgendwann die Politik die Wirtschaft. Und was dabei herauskommt, haben wir ja bei den Landesbanken gesehen.

Gut, geschenkt, „Ordnung“ muss ja sein. Das Ganze kommt einem aber vor wie ein Haufen Knirpse, die sich zu einer Balgerei verabreden mit dem festen Versprechen, dass keiner seinen großen Bruder mitbringt. Doch der einzige, der seinen dann wirklich nicht dabei hat, ist der Deutsche.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren