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30.10.10 / Die Fetzen fliegen wieder / Obwohl die Bundesregierung wieder erfolgreich arbeitet, ist ihre Einigkeit dahin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Die Fetzen fliegen wieder
Obwohl die Bundesregierung wieder erfolgreich arbeitet, ist ihre Einigkeit dahin

Nur wenige Monate hielt der „Burgfriede“ der schwarz-gelben Koalition. Seit wenigen Tagen wird über etliche Themen wieder temperamentvoll gestritten. Die Koalition riskiert damit, dass ihr die exzellenten Wirtschaftsdaten nicht zugerechnet werden.

Nach Monaten mit vielen Querelen und wenigen Entscheidungen ist der Regierung Merkel seit Juni immerhin eines gelungen: Der oft heftige Schlagabtausch auf offener Bühne, bei dem Koalitionäre einander sogar als „Wildsäue“ und „Gurkentruppe“ titulierten, endete. Auch wenn die Harmonie teilweise übertrieben wirkte – die CSU widersprach ihrer Schwesterpartei noch nicht einmal, als diese sich in der Sarrazin-Debatte in linkes Unterholz verirrte – war die wiedergewonnene Disziplin an sich durchaus im Sinne bürgerlicher Wähler. Da außerdem schwierige Sachentscheidungen gelungen sind und gute Wirtschaftszahlen eingingen, schien der Aufstieg von Union und FDP aus dem Umfragekeller erreichbar.

Falls es damit nichts werden sollte, wäre die Erklärung klar: Seit einigen Tagen ist in die schwarz-gelbe Koalition der Streit zurückgekehrt. Der Bundesinnenminister bezichtigte den Wirtschaftsminister der Ahnungslosigkeit, ja sogar der Geschwätzigkeit: „Jeder plaudert so daher, ohne sich mit der Sach- und Rechtslage zu beschäftigen“, sagte Thomas de Maizière im ZDF über den Vorschlag Rainer Brüderles, mit einem Punktesystem mehr qualifizierten Ausländern den Zuzug zu ermöglichen. Der Streit erscheint bizarr, weil sich hinter den heftigen Worten gar kein großer sachlicher Unterschied verbirgt.

Offener Dissens blitzte auch beim Thema „Rente mit 67“ auf. Horst Seehofer stellte sie kurzzeitig zur Disposition, falls die         Beschäftigung der Älteren nicht deutlich zunehme. Hier schien der CSU-Vorsitzende fast wie die SPD im Sinne des Gefälligen umzukippen. Daraus wurde zwar kein Koalitionsstreit, weil die eigene Partei ihrem Vorsitzenden widersprach. Dem Bild von Geschlossenheit und Willensstärke auch und gerade bei schwierigen Fragen hat es dennoch geschadet.

Gravierender war und ist der Streit um den Euro-Stabilitätspakt. Hier ist die Kanzlerin dem französischen Präsidenten, der keinen harten Euro will, unverständlich weit entgegengekommen. Der Widerspruch vor allem aus der FDP folgte umgehend und war auch begründet. Unklar ist, warum Merkel überhaupt diese Absprache mit Sarkozy getroffen hat, die innerhalb der EU kaum durchsetzbar ist. Was immer bei den kommenden Verhandlungen in der EU in Sachen Stabilitätspakt herauskommt, der innenpolitische Schaden ist schon jetzt beträchtlich.

Diese Liste der Streitthemen ist keineswegs vollständig: Auch beim Embryonenschutz und in der Steuerpolitik sind die Differenzen in der Koalition erheblich. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass die Bundesregierung ausgerechnet mit öffentlichem Streit wieder an Beliebtheit gewinnen könnte, ist gering.           Konrad Badenheuer


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