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30.10.10 / Dunkle Ahnungen vom Niedergang / Das britische Empire ist keine Weltmacht mehr – Neue britische Regierung zieht die Konsequenzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Dunkle Ahnungen vom Niedergang
Das britische Empire ist keine Weltmacht mehr – Neue britische Regierung zieht die Konsequenzen

Die konservativ-liberale Regierung Großbritanniens hat ihren Bürgern in der letzten Woche  ein eisernes Sparprogramm in allen Bereichen des öffentlichen Lebens verordnet. Auch der Rüstungsetat, die „heilige Kuh“ der ehemaligen Weltmacht, wird massiv beschnitten.

Die Labour-Vorgängerregierung hatte ein gigantisches Haushaltsdefizit in Höhe von rund elf Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) hinterlassen. Anders als bei der schwarz-gelben Bundesregierung hierzulande geht das neue britische Kabinett ohne Zögern und wahltaktisches Kalkül an die Arbeit. Schon im Juni machte der neue Schatzkanzler George Osborne deutlich, dass der gigantische Schuldenberg mit dem größten Sparpaket seit Jahrzehnten bekämpft werden soll, und kündigte ein „hartes, aber faires Budget“ an. Die Bevölkerung Großbritanniens scheint willig, den Kurs mitzugehen, denn – anders als in Frankreich oder Griechenland – blieben größere Proteste bisher aus. Allein die Labour-Opposition warf der Regierung vor, sie nutze die Einsparungen, um ihre „Ideologie“ von einem neoliberalen, geschrumpften Staat durchzusetzen.

Ziel der Sparmaßnahmen ist es, im Laufe der Legislaturperiode bis zum Jahr 2015 das Haushaltsdefizit von umgerechnet 177 Milliarden Euro um 95 Milliarden Euro zu reduzieren. Derzeit verschlingt allein der Schuldendienst zehn Prozent des britischen BIP. So schienen die Erhöhung des Rentenalters und der Mehrwertsteuer, Einsparungen bei Sozialleistungen sowie Kostensenkungen bei Polizei und Justiz unausweichlich. In der öffentlichen Verwaltung sollen in den nächsten fünf Jahren sage und schreibe 490000 Arbeitsplätze eingespart werden. Die Studiengebühren werden auf durchschnittlich 8000 Euro pro Jahr erhöht. Finanzminister Osborne hatte schon vor einigen Wochen angekündigt, dass das Kindergeld für Besserverdienende gestrichen wird, womit er ein konservatives Wahlversprechen brach. Ausgaben für Investitionen sollen dagegen weitgehend erhalten bleiben, so auch die geplante, 16 Milliarden Pfund teure, unterirdische Eisenbahnlinie „Crossrail“ unter der Londoner Innenstadt.

Für das Selbstbewusstsein der einstigen Weltmacht sind freilich die Kürzungen im Militärhaushalt am gravierendsten. Die neue Verteidigungsdoktrin sieht die Abrüstung des britischen Flugzeugträgers „HMS Arc Royal“ vor. Ein zweiter Träger, die „HMS Illustrious“, wird statt mit Flugzeugen nur noch mit Hubschraubern bestückt. Von den zwei im Bau befindlichen Trägern soll allein die „Prince of Wales“ komplett mit Flugzeugen ausgerüstet und einsatzbereit gemacht werden. Die zweite schwimmende Plattform soll nur noch in Gemeinschaft mit der französischen und US-amerikanischen Marine genutzt werden.

Desweiteren verliert die britische Marine 4000 Mann sowie fünf ihrer 24 Kriegsschiffe. Zu diesen für die einst so stolze britische Flotte schmerzlichen Verlusten passte die Nachricht, dass das modernste und teuerste britische Atom-U-Boot in der letzten Woche vor Schottland auf Grund lief. Die umgerechnet vier Milliarden Euro teure „HMS Astute“ war auf einer Erprobungsfahrt vor der Insel Skye auf einen Felsen gelaufen.

Auch die Royal Air Force muss mit empfindlichen Kürzungen leben. Sie behält zwar vorerst ihre Kampfflugzeuge vom Typ „Tornado“, muss aber auf 5000 Soldaten verzichten. Das Heer verliert 7000 Leute und die Panzerarmee wird um 100 Fahrzeuge verkleinert. Die britische Militärpräsenz in Deutschland, bisher 25000 Mann stark, wird bis zum Jahr 2014 halbiert und bis 2020 ganz beendet, was bereits Proteste von Land- und Stadtregierungen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hervorrief. Allein die britische Nuklearwaffe „Trident“ bleibt unangetastet. So behält Großbritannien zumindest den kleinen Trost, seinen nuklearen Schutzschild erhalten zu können.

Aufgrund dieser Fakten ist es nicht verwunderlich, dass in Großbritannien dunkle Ahnungen vom unaufhaltsamen Niedergang der Nation kursieren. Erst die horrende Finanzkrise, die das Land mit dem Finanzzentrum London besonders hart traf, jetzt das absolut zwingende Gebot zu sparen. Das ist schmerzlich für eine Nation, die noch vor 70 Jahren ein weltumspannendes „Empire“ ihr eigen nannte. Großbritannien dürfte in Zukunft auch nicht mehr in der Lage sein, einen Krieg um die Falkland-Inseln zu führen, geschweige denn zu gewinnen. Dafür bräuchte man Flugzeugträger und Kampfflugzeuge. Doch die stehen in den nächsten zehn Jahren nicht zur Verfügung. Britische Jets werden auf der ganzen Welt auf Stützpunkten „befreundeter Nationen“ verteilt sein. Großbritannien besitzt zwar nach wie vor kampferprobte und schlagkräftige Truppen, doch bei den Einsätzen im Irak und in Afghanistan offenbarten sich gravierende Mängel – es haperte bereits in wirtschaftlich noch rosigen Zeiten an ausreichend Soldaten wie an Ausrüstung.      Hinrich E. Bues


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