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30.10.10 / Millionäre streben in die Politik / Ob als Gouverneur oder Senator, US-Wirtschaftsbosse greifen nach der Macht im Staat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Millionäre streben in die Politik
Ob als Gouverneur oder Senator, US-Wirtschaftsbosse greifen nach der Macht im Staat

Wer wird am 2. November, wenn in den USA nicht nur wichtige Posten im US-Senat neu gewählt werden, sondern auch in 37 Bundesstaaten die Gouverneure zur Wahl stehen, Nachfolger von Arnold Schwarzenegger? Auch in Kalifornien muss das Amt des Gouverneurs neu besetzt werden. Schwarzenegger hört auf, weil er bereits seine zwei erlaubten Amtszeiten hinter sich hat. Für die Demokraten tritt der 72-jährige Jerry Brown an, der Justizminister war bereits von 1976 bis 1984 Gouverneur in Sacramento. Für die Republikaner schicken sich gleich zwei ehrgeizige Damen an, den bevölkerungsreichsten Staat der USA zu regieren: Milliardärin Meg Whitman will in Arnold Schwarzeneggers Rolle schlüpfen und Gouverneurin werden. Millionärin Carly Fiorina möchte die langjährige demokratische Senatorin Barbara Boxer ablösen. Beide Damen haben keinerlei politische Erfahrung, Whitman hat sogar 28 Jahre nicht einmal gewählt. Sie sind jedoch beachtliche Wirtschaftskapazitäten.

Die 54-jährige Meg Whitman, aufgewachsen in Long Island, New York, machte nach Wirtschaftsstudium an den Business Schools in Harvard und Princeton ihren Weg bei der von der US-Regierung gestützten Investment-Bank Goldman Sachs. Den Coup aber landete sie als Präsidentin des Online-Auktions-Hauses eBay. Dort startete sie 1998 mit einer mageren Website, 30 Angestellten und einem Budget von vier Millionen. Als sie den Posten 2008 aufgab, um sich auf die Gouverneurswahl vorzubereiten, hatte eBay 35000 Angestellte und Milliardenumsätze. Bei der Präsidentschaftswahl im selben Jahr schnupperte die dynamische Geschäftsfrau (verheiratet mit Griffith Rutherford Harsh IV., Neurochirurg am Medical Center der Stanford Universität, zwei erwachsene Söhne) erste politische Luft als Finanzberaterin der republikanischen Kandidaten Matt Romney und John McCain. Diese Erfahrung brachte sie auf die Idee, selbst in die Politik einzusteigen. 141 Millionen Dollar eigenen Geldes hat sie bisher in ihre Wahlkampagne gesteckt. Der höchste Einsatz von eigenen Mitteln eines US-Kandidaten überhaupt – Schwarzenegger investierte seinerzeit 49 Millionen Dollar.

Carly Fiorina, 56 Jahre alt, stammt aus einer texanischen Familie in Austin. Ihr Vater ist Jurist, die Mutter abstrakte Malerin. Carly studierte Philosophie und mittelalterliche Geschichte in Stanford, ehe auch sie ein Wirtschaftsstudium vorzog. Verheiratet mit einem US-Italiener begann ihre Karriere als leitende Angestellte der Telefongesellschaft AT&T und danach als Präsidentin (CEO) der Computerfirma Hewlett-Packard. 2009 war auch sie Beraterin von John McCain, der ihr zur Kandidatur riet.

Beide Frauen verkörpern den Trend bei dieser Wahl, den der Journalist Tim Rutten „ein Comeback von Vermögen und Big Business in der Politik“ nennt. Überall drängen plötzlich – neben den von Groß-Unternehmen offen wie heimlich geförderten Tea-Party-Kandidaten – Wirtschaftsbosse in die höchsten Posten der Politik, preisen sich als Retter in der Krise und suggerieren dem verunsicherten Volk, dass, wer ein Unternehmen leiten und mit Milliarden jonglieren, auch regieren könne. Doch kaum im Amt, stolpern viele enthusiastische Neulinge zumeist, wie Schwarzenegger, in den Fallstricken der Realpolitik.

Dies musste bereits Meg Whitman erfahren. Ihr einst siegesbewusstes Kopf-an-Kopf-Rennen erlitt einen unerwarteten Schlag (39 zu Browns 52 Punkten). Durch eine Mexikanerin namens Nicky Diaz Santillian, die neun Jahre die gute Seele für die Whitman-Familie war. Doch dann forderte Whitman: „Wir müssen mit äußerster Härte gegen alle vorgehen, die illegale Arbeitskräfte beschäftigen.“ Und feuerte ihre eigene illegale Hausangestellte 2009 mit einem Anruf, ohne Abfindung und den Worten: „Wir haben uns nie gesehen, verstanden?“ Doch Nicky verhielt sich nicht still und appellierte jetzt an die wahlentscheidenden Latino-Wähler: „Ich wurde weggeworfen wie ein Stück Abfall!“ Und so könnte es geschehen, dass die Affäre „Nannygate“ den kalifornischen Traum zumindest einer der ehrgeizigen Damen ein schnelles Ende bereitet.      Liselotte Millauer


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