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30.10.10 / Die letzte große Schlacht des Alten Fritz / Bei Torgau fand vor 250 Jahren die blutigste Massenschlacht des 18. Jahrhunderts statt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Die letzte große Schlacht des Alten Fritz
Bei Torgau fand vor 250 Jahren die blutigste Massenschlacht des 18. Jahrhunderts statt

Im Siebenjährigen Krieg stießen am 3. November 1760 die Preußen mit 35000 Infanteristen, 13500 Kavalleristen und 256 Geschützen bei der sächsischen Stadt Torgau auf die etwa gleich starken Österreicher. Friedrichs des Großen Versuch eines konzertierten Angriffes von zwei Seiten endete damit, dass die Österreicher das Feld räumten, aber die Preußen die noch etwas höheren Verluste an Soldaten davontrugen.

Nach der Besetzung Berlins vom 9. bis 12. Oktober 1760 hatten sich die russischen Truppen unter den Generalen Gottlob Heinrich von Totleben und Graf Sachar Tschernischew nach Frankfurt an der Oder sowie das österreichische Kontingent unter Feldzeugmeister Franz Moritz Graf Lacy zum österreichischen Hauptheer nach Eilenberg zu­rück­gezogen.

König Friedrich der Große von Preußen ging gar nicht erst bis zu seiner Hauptstadt, sondern wollte versuchen, die Österreicher aus Sachsen zu verdrängen, das er zur Vergrößerung seiner Ressourcen dringend brauchte. Der österreichische Feldmarschall Leopold Joseph Graf Daun hatte sich mit 52000 Mann und 275 Geschützen bei Torgau westlich der Elbe gut verschanzt. Die Dörfer Zinna und Süptitz lagen vor der Front im Süden, während im Norden dichter Wald einen Angriff erschwerte.

Friedrich suchte die Schlacht und nahm erstmals eine Teilung seiner Truppen vor: Er selbst umging das Lager der Österreicher mit 33500 Soldaten westlich und wollte dann von Norden her angreifen, während 15000 Mann unter dem General der Kavallerie Joachim von Zieten zur gleichen Zeit von Süden her angreifen sollten.

Allerdings stieß Zieten südlich von Zinna auf ein Korps Kroaten, das er bekämpfte. Der Lärm dieses Treffens drang fünf Kilometer weit bis zu den Truppen des Königs, der seinen General nicht allein lassen wollte und unverzüglich den Angriff befahl. Jedoch waren noch nicht alle seine Truppen kampfbereit, sondern steck­ten teilweise noch im Gehölz. Gegen 14 Uhr griffen die ersten preußischen Bataillone an, wurden aber durch das konzentrierte Artilleriefeuer der Österreicher zurückgeworfen. Gegen 15 Uhr waren auf Friedrichs Seite 5000 Soldaten gefallen oder verwundet.

Endlich war die Hauptmasse der preußischen Regimenter zu einem erneuten Angriff auf der Nordseite formiert, als österreichische Kavallerie auf dem Westufer der Elbe gegen das Dorf Neiden angriff und die anmarschierenden preußischen Bataillone auf dem linken Flügel zurückwarf. Da griffen frische preußische Kavallerieverbände ein und warfen nun ihrerseits die am Nordrand des Lagers kämpfenden Österreicher zurück, so dass sich das zweite Treffen der Österreicher, das bisher gegen Zieten Front gemacht hatte, umwenden musste. Zieten hatte inzwischen die zwischen Zinna und dem sogenannten Großen Teich stehenden österreichischen Verbände vertrieben, wollte aber nicht geradewegs auf die ihm gegenüberstehenden österreichischen Linien vorgehen, sondern suchte einen Weg, der ihn zur Südwestecke des österreichischen Lagers führen konnte.

Gegen 17 Uhr, als im Norden ein dritter preußischer Angriff zum Erliegen gekommen war und Daun, der am Fuß verwundet worden war und sich nach Torgau hatte wegtragen lassen, schon meinte, den Sieg errungen zu haben, griffen die Preußen unter Zieten – jetzt schon in der Dunkelheit – von Südwesten her an. Die Szene wurde schauerlich erhellt durch das brennende Dorf Süptitz, das die Österreicher angesteckt hatten.

Um 18 Uhr waren die Österreicher in der Südwestflanke umstellt. Auch von Norden her gingen die preußischen Soldaten noch einmal vor und vereinten sich unter dem Dröhnen aller Trommeln mit den Truppen Zietens. Der König ließ sämtliche verfügbaren Geschütze so aufstellen, dass die halbkreisförmig eingeschlossenen Österreicher schwer beschossen wurden. Alle ihre Verbände zogen sich nach Torgau zurück.

Erst gegen 21.45 Uhr hörte das Schießen auf. Die Verluste der Preußen, deren Veröffentlichung der König verbieten ließ, waren beträchtlich: 16670 Soldaten waren gefallen oder verwundet. Die Österreicher verloren 15897 Soldaten. Der Erfolg auf dem Schlachtfeld war sehr teuer erkauft, der Gegner nicht so vernichtet, wie es die Absicht des Königs gewesen war; Daun behauptete sich in Sachsen.

Friedrich erwähnte die Schlacht in seiner „Histoire de la Guerre de sept ans“ (1763/1764) und gibt als Grund, warum er den Kampf habe wagen müssen, das Verhalten der Russen an, denn diese warteten noch immer an der Warthe, um bei einem Vorteil der Österreicher sofort über Brandenburg herfallen zu können. Nach der Schlacht gingen sie gleich bis Thorn zurück.

Friedrich erwähnte in seiner Schilderung über die Nacht nach der Schlacht noch eine Episode, die fast in Vergessenheit geraten ist, aber die menschliche Haltung der damaligen Soldaten beleuchtet, die sogenannte „seltsame Tatsache, wovon sich vielleicht kein Beispiel in der Geschichte findet. Es waren Soldaten beider Armeen, welche in diesem Holze (an Lagerfeuern in der kalten Nacht) Zuflucht gefunden hatten. Diese hatten untereinander eine Neutralität verabredet, um abzuwarten, wie das Schicksal über die Preußen und Österreicher entscheiden werde, beiderseits entschlossen, sich dem Glücke anzuschließen, und sich dem siegenden Teile zu ergeben.“        Jürgen Ziechmann


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