20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
30.10.10 / Opa muss weg / Neuer Krimi von Ingrid Noll enttäuscht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-10 vom 30. Oktober 2010

Opa muss weg
Neuer Krimi von Ingrid Noll enttäuscht

Die Bücher von Ingrid Noll sind anders. Sie zählen zu den Kriminalromanen und gehören doch nicht dazu. Ihre Helden sind Menschen, wie wir sie kennen, bürgerlich, fast ein wenig langweilig, eigentlich ganz normal – doch unterhalb der sichtbaren Normalität entdeckt der Leser Abgründe vom allzu Menschlichen bis zum wirklich Bösen. Ingrid Noll erzählt dabei immer bevorzugt die Geschichten älterer und alter Menschen und zeigt dabei auch die Alten mit ihren ewig jungen Bedürfnissen, die ihnen von ihren jüngeren Mitmenschen gar nicht zugetraut und oft nicht zugestanden werden. So kommt es immer wieder zu seltsamen Verwick-lungen, die nur auf den ersten Blick erstaunlich sind. Nolls Alte handeln entschlossen – wenngleich nicht immer nett – und häufig auch mit Blick auf die eigene Endlichkeit.

Ihr neuestes Buch „Ehrenwort“ handelt von dem fast 90-jährigen Willy Knobel, der nach einem schweren Sturz im Krankenhaus landet. Gegen den Willen seines Sohnes Harald, der sich mit dem Alten noch nie gut vertragen hat, setzen Schwiegertochter Petra und Enkel Max es durch, den Opa im Haus der Familie zu pflegen. Petra und Harald gehen davon aus, dass es der Alte nicht mehr lange macht. Max hingegen versteht sich gut mit seinem Opa – auch wenn er sich heimlich an dessen Geld bedient – und schafft es, mit seiner Vanillepuddingkur Willy Knobel wieder auf Vordermann zu bringen. Damit hat niemand gerechnet, und je fitter der alte Herr sich fühlt, desto mehr gerät das Leben von Harald und Petra aus den Fugen. Auch die junge Pflegerin Jenny, in die Max sich sofort verliebt, ist keineswegs nur eine Hilfe, denn auch sie hat ein dunkles Geheimnis. Es muss etwas geschehen. Die scheinbar heile ist eben keine heilige Familie...

Leider ist Ingrid Noll in „Ehrenwort“ von ihrer bewährten Methode abgewichen, die Hauptperson in der Ich-Form erzählen zu lassen. Dadurch bleiben die Charaktere flach und ausdrucksschwach, es fehlt dem Leser die Identifikation mit einer bestimmten Figur, der für Noll so typische literarische Stil leidet. Auch nimmt die Erzählung nur sehr langsam an Fahrt auf und die parallel verlaufende Gangstergeschichte wirkt teilweise an den Haaren herbeigezogen. Alles in allem eine gut lesbare, bitterböse Komödie, die dennoch ein wenig enttäuscht.       Barbara Kruse

Ingrid Noll: „Ehrenwort“, Diogenes, Zürich 2010, broschiert, 336 Seiten, 21,90 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren