25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.11.10 / Die Partei neuen Typs / Gewandeltes Bürgerinteresse am besten bei den Grünen lebbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-10 vom 06. November 2010

Die Partei neuen Typs
Gewandeltes Bürgerinteresse am besten bei den Grünen lebbar

Zur Freude über den enormen Zuspruch bei Meinungsumfragen gesellten sich bei den Grünen zuletzt auch Nachrichten über steigende Mitgliederzahlen: Mit mehr als 51000 Parteifreunden bundesweit sind so viele Menschen bei den Grünen eingeschrieben wie nie zuvor. Und die weitere Entwick-lung deutet klar nach oben.

Paradoxerweise enthüllen die Zahlen gleichzeitig die stark abnehmende Neigung der Deutschen, überhaupt einer Partei beizutreten: In den Umfragen rangieren die Grünen auf Augenhöhe mit der SPD und nicht weit hinter der Union. Daran gemessen nehmen sich 51000 Mitglieder mehr als bescheiden aus: Das SPD-Parteibuch tragen zehnmal so viele, rund eine halbe Million. Ebenso viele sind Mitglied der CDU, die CSU bringt es auf rund 160000 Angehörige, die FDP auf gut 70000, die Linkspartei auf gut 78000.

Die schwindende Anziehungskraft von Parteimitgliedschaft belegt auch das hohe Durchschnittsalter der Mitglieder, das selbst bei den Grünen bei 47 Jahren liegt. Womit sie noch die „jüngste“ Formation sind: Bei der FDP liegt es bei 51, der CDU bei 56 und bei den Sozialdemokraten gar bei 58 Jahren. In der noch immer von alten SED-Genossen dominierten Linkspartei ist der Durchschnittsgenosse sogar stolze 62,5 Jahre alt.

Die Grünen scheint das Missverhältnis von hohem Wählerzuspruch und noch besseren Umfragezahlen auf der einen und der geradezu mickrigen Mitgliederzahl auf der anderen Seite kaum zu stören. Mehr als auf ihre Mitgliederbasis bauen die Grünen auf ihre enge Verzahnung mit großen Einflussorganisationen, darunter mächtige Umweltgruppen wie Greenpeace oder linke Globalisierungsgegner wie „Attac“. Hier finden die Grünen ein personelles Vorfeld, das ihre Mitgliederschwäche mehr als ausgleicht.

Die SPD findet so ein Vorfeld immer noch bei den DGB-Gewerkschaften und zum Ärger der Union auch in der (vor allem evangelischen) Kirche. Die bürgerlichen Parteien indes können hier nur auf wenig zurückgreifen. Dies könnte sich noch einmal als problematisch herausstellen, denn der Blick über die Grenzen zeigt, dass die Zeiten der großen Mitgliederparteien vorbei sein dürfte: Die britischen Konservativen etwa verfügen gerade noch über 260000 Angehörige, die Labour Partei nicht einmal mehr über 200000. In den USA sind es nicht die Parteiapparate, sondern lose vernetzte Initiativen wie die „Tea Party“-Bewegung, welche die politische Szene beherrschen.

So gesehen erscheinen die Grünen geradezu als Partei neuen Typs, wie er sich in den angelsächsischen Ländern längst durchgesetzt hat: Nur ein kleiner Kopf fest eingeschriebener Mitglieder, dafür die enge Verzahnung mit befreundeten und vernetzten Organisationen, der sich viel mehr Bürger anschließen als an eine Partei. Grund: Sie wollen sich nicht dauerhaft binden und engagieren. Sie finden sich viel eher und leichter zusammen unter einer einzelnen Forderung. Diese bringt sie dann in die Nähe einer bestimmten Partei, die sich des Themas annimmt und so die Unterstützung der Parteilosen erntet. Die Grünen schaffen sich ihre Kampagnenfähigkeit seit jeher auf diese Weise, während die Union ihr Umfeld eher vernachlässigt hat.Hans Heckel


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren