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06.11.10 / Dynamik der Selbstfindung / Die Kunst der Renaissance hat nördlich der Alpen nationale Eigenarten entwickelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-10 vom 06. November 2010

Dynamik der Selbstfindung
Die Kunst der Renaissance hat nördlich der Alpen nationale Eigenarten entwickelt

Die Kunst der Renaissance erfreut sich zurzeit besonderer Beachtung. In Ausstellungen wie in Publikationen werden Künstler wie Michelangelo, Albrecht Dürer oder Lucas Cranach gewürdigt.

Nach mehr als 20 Jahren zeigt die Albertina in Wien eine Ausstellung mit Werken von Michelangelo Buonaroti (1475–1564). Der Italiener ist neben Leonardo da Vinci und Raffael einer der bedeutendsten Künstler der Renaissance. Gezeigt werden 120 Blätter aus eigenen Beständen der Albertina, aber auch Leihgaben aus großen Museen und aus Privatbesitz.

Noch heute streiten sich Wissenschaftler über die Echtheit so mancher graphischer Arbeiten Michelangelos. Das umfangreichste Werkverzeichnis enthält immerhin rund 600 figürliche Zeichnungsblätter. Eine Zahl, die Experten anzweifeln, zumal Michelangelo noch kurz vor seinem Tod in zwei Schüben die meisten seiner Blätter verbrannt haben soll, da er sich eher als Bildhauer, Maler und Baumeister sah denn als Zeichner. So wird die Auswahl in Wien durch Arbeiten von Freunden und Künstlerkollegen ergänzt, denen man früher oft Zeichnungen des Meisters zugeschrieben hat. Darüber hinaus werden Gemälde und Reliefs gezeigt, die nach Entwürfen des Florentiners entstanden.

Nicht nur in Wien hat man derzeit ein Augenmerk auf die Kunst der Renaissance geworfen, auch in Bonn, Stuttgart und Regensburg sind Werke von verschiedenen Künstlern dieser Epoche zu sehen. Während Italien als Ursprungsland der Renaissance anzusehen ist, haben sich in den Ländern nördlich der Alpen nationale Eigenarten entwickelt. Der Malerei der deutschen Renaissance haben sich Anne-Marie Bonnet und Gabriele Kopp-Schmidt, ausgewiesene Expertinnen auf dem Gebiet der Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts, gewidmet.  In einem prachtvollen, reich bebilderten Band geben sie einen Überblick über die wohl wichtigste Epoche in der Geschichte der deutschen Kunst, die Maler hervorbrachte wie Albrecht Altdorfer, Lucas Cranach, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Matthias Grünewald und Hans Holbein.

„Um 1500 entdeckten diese Künstler im Dialog mit der italienischen Kultur eine atemberaubend sinnliche und tiefsinnige neue Welt, die sie in ihren atmosphärischen Naturbildern, lebensvollen Portraits, in ihren großen Altarschöpfungen und erzählfreudigen Historienbildern zu fassen versuchten“, erläutern die Autorinnen. „Ihre Kunst wurde lange als ,altdeutsch‘ und zumeist – verglichen mit der zur Norm erhobenen italienischen Renaissance – als unterlegen angesehen. Sie ist nicht nur als ebenbürtig anzusehen, sondern auch als überaus eigenwillig und in vielfacher Hinsicht einzigartig … Die Auseinandersetzungen mit der Vergangenheit, zunächst der ,importierten‘, der durch die italienischen Zeitgenossen aufbereiteten Antike, setzte eine Dynamik der Selbstfindung in Gang, die zum Nachdenken über das Eigene und zum Entwurf einer selbstbewuss-ten deutschen Kultur führte.“ os

Ausstellungen zur Kunst der Renaissance: Michelangelo – Zeichnungen eines Genies. Albertina Wien, bis 9. Januar 2011. Renaissance am Rhein, LVR-Landes Museum Bonn, bis 6. Februar 2011. Hans von Aachen – Hofkünstler in Europa. Kunsthistorisches Museum Wien,  bis 9. Januar 2011. Hans Holbein d. Ä. – Die Graue Passion in ihrer Zeit, Staatsgalerie Stuttgart, 27. November 2010 bis 20. März 2011. Furtmeyr: Meisterwerke der Buchmalerei – Aufbruch zur Renaissance in Regensburg, Historisches Museum Regensburg, 29. November 2010 bis 13. Februar 2011.

Anne-Marie Bonnet und Gabriele Kopp-Schmidt: „Die Malerei der deutschen Renaissance – Albrecht Altdorfer, Lucas Cranach, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Matthias Grünewald, Hans Holbein.“ Schirmer/Mosel Verlag, München 2010, 416 Seiten, 313 Abbildungen in Farbe, 128 Euro


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