23.04.2024

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06.11.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-10 vom 06. November 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,     
liebe Familienfreunde,

so wie wir in unserer letzten Folge geendet haben, so beginnen wir in der heutigen: mit der Suche nach Verwandten, Freunden, Kameraden, nach Menschen, die uns lieb und wert waren und die seit Jahrzehnten vermisst werden, oft schon seit 60 und mehr Jahren. Es sind die schwierigsten Suchwünsche, vor allem dann, wenn sie nicht aus Deutschland kommen und in einer anderen Sprache formuliert wurden wie die von Madame Valerie Auber aus Frankreich. Sie hat sich auf der Suche nach der Familie ihres Großonkels Charles Fernand Avenel an uns gewandt, weil ihre Großmutter immer geglaubt hat, dass ihr Bruder noch lebe und zwar irgendwo in Ostpreußen. Ich hoffe, dass wir nach etlichen E-Mails den Suchvorgang richtig formulieren können, was bei der französisch-englisch-deutsch geführten Korrespondenz nicht leicht ist, weil sich leicht kleine Fehler einschleichen können – wie hatte es doch ein Leser bei einer von ihm gegebenen Auskunft kürzlich so treffend formuliert: Irrtümer inbegriffen!

Wenigstens haben wir zwei Namen und einige feste Daten. Der Bruder von Madame Aubers Großmutter, Charles Fernand Avenel, wurde 1895 in Rouville geboren, nahm als französischer Soldat am Ersten Weltkrieg teil und geriet in deutsche Gefangenschaft. Anscheinend hat er zu jener Zeit oder später eine deutsche Frau kennengelernt, die er etwa 1930 heiratete, und mit ihr einen Hof in Ostpreußen bewirtschaftete. Es ist anzunehmen, dass dieser Besitz aus der Familie der Frau stammte und im südlichen Ermland oder in Masuren lag. Denn 1940 erfolgte eine eigenartige Begegnung, die für Madame Auber und ihre Großmutter außerordentlich wichtig war. Ein französischer Soldat mit Namen Robert His kam als Kriegsgefangener in das Lager STALAG 1 B 1. Er wurde zur landwirtschaftlichen Arbeit auf den Höfen der Umgebung eingeteilt. Auf einem bei Hohenstein gelegenen Anwesen will er Charles Valerie Avenel begegnet sein und mit ihm während seiner Lagerzeit in Verbindung gestanden haben. Ob er auch auf dem Hofe tätig war, der Charles Avenel oder seiner Frau gehörte, ist nicht festzustellen. Jedenfalls konnte die Familie aus den Berichten von Robert His entnehmen, dass Charles im südlichen Ostpreußen lebte, mit einer deutschen Frau verheiratet war und mit ihr zwei Töchter hatte, die 1945 etwa 15 Jahre alt waren. Die Großmutter von Madame Auber hat immer nach ihrem Bruder gesucht, aber ihn oder seine Familie nie gefunden, zumal deren weiteres Schicksal ja auch im Ungewissen liegt, ob diese französisch-deutsche Familie auch nach der Russenbesetzung auf ihrem Besitz blieb oder ob sie auch vertrieben wurde.

Wie gehen wir nun vor? Gefragt sind zuerst einmal die ländlichen Bewohner des südlichen Ostpreußens, ob sie einen Landwirt mit Namen Charles Fernand Avenel kannten – falls dieser nicht den Namen seiner deutschen Frau angenommen hat, was aber unwahrscheinlich ist. Der französische Familienname dürfte sich in der Gegend schon eingeprägt haben. Wer kannte seine ostpreußische Frau und deren Familie, ging mit den Töchtern zusammen zur Schule? Die etwa 1930/31 geborenen Mädchen werden auch durch ihren französischen Namen aufgefallen sein. Auf welchem Hof arbeitete der französische Kriegsgefangene Robert His und wer kann über ihn etwas gesagt werden? Es wäre natürlich eines jener Wunder – von denen wir zu oft und viel zu früh sprechen, aber von denen wir träumen dürfen –, wenn sich jemand von der Familie Avenel, eine der Töchter oder deren Nachkommen, melden würden. Wegen eventueller Sprachschwierigkeiten ist es ratsam, uns eine kurze Mitteilung zukommen zu lassen, zumal Madame Auber nur ihre Online-Adresse angegeben hat. (valerie.aub@orange.fr)

Familienforschung wird ja bei uns groß geschrieben – im wahrsten Sinne. Weil für viele Vertriebene kaum etwas Bewahrtes aus Heim und Heimat blieb, ist man glücklich, wenn plötzlich greifbare Dinge auftauchen, die Licht in das Dunkel der Vergangenheit bringen. Vor allem, wenn es sich um Bilder oder Briefe handelt, die Leerseiten in der eigenen Familiengeschichte füllen könnten. So erging es auch Herrn Dr. Klaus Becker aus Wetter, der kürzlich zwei Briefe seiner Großmutter entdeckte und dadurch aufgerüttelt wurde, sich mit ihrer Lebensgeschichte zu befassen. Die führt nach Königsberg, und deshalb riet ihm ein Freund aus dem Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen, sich an uns zu wenden, und er tat dies mit einigen konkreten Angaben zu den gesuchten Personen, die wohl in Königsberg nicht ganz unbekannt waren. Es handelt sich um die Großmutter von Herrn Dr. Becker, Martha Anna Elisabeth Zuckerfrisch geborene Becker, und ihren Ehemann Leo Zuckerfrisch, der sich als Schauspieler Leo Grand nannte. Da der Enkel von seiner „Oma Anna“ spricht, muss der Rufname der Großmutter so gelautet haben. Sie hat Zeit ihres Lebens nur in Königsberg gewohnt, ist 1872 dort geboren und 1973 laut Todesurkunde des Königsberger Standesamtes als „Schauspielerwitwe Zucker-Frisch geborene Becker“ in Königsberg verstorben. Ihr Mann Leo Grand gehörte ab 1912/13 zum festen Ensemble des Luisen-Theaters auf den Hufen. Das Paar wohnte in der Tragheimer Kirchenstraße, das Haus Nr. 46 lag genau gegenüber der Altstädtischen Kirche. Von diesem Haus hätte Herr Dr. Becker gerne eine Abbildung, und da es ja an einer der belebtesten Plätze der Innenstadt lag, ist es möglich, dass dieser Wunsch erfüllt werden kann. Schwerer dürfte dies bei seiner zweiten Frage sein, denn die bezieht sich auf das Ehepaar Zuckerfrisch, besonders auf den Großvater von Herrn Becker, der bisher nicht feststellen konnte, wann und wo Leo Zuckerfrisch verstorben ist, es muss jedenfalls vor 1937 gewesen sein. Der Enkel besitzt noch ein Theateraufnahme von 1913 mit dem Schauspieler und ein Gruppenfoto von 1933, das wir hier veröffentlichen. Es zeigt Anna und Leo Zuckerfrisch inmitten von Verwandten, davon namentlich genannt Großmutter Laura Willer aus Danzig, Ego Klaus und Bruder Heinz. Vielleicht erinnert sich anhand dieses Fotos jemand von unseren älteren Lesern an das Ehepaar oder besitzt noch Königsberger Theaterprogramme, in denen Leo Grand genannt wird. Der Enkel würde sich freuen. (Dr. Klaus Becker, Haus Hove 9 in 58300 Wetter (Ruhr), E-Mail: kbecker-wetter@t-online.de)

Auf solche Programme – allerdings viel ältere – hatte auch Herr Michael Schuncke gehofft, über dessen Suche nach Informationen über seinen Urgroßonkel, den Schauspieler Julius Schuncke, wir bereits ausführlich berichteten. Er besitzt zwar in seinem wieder aufgebauten „Schuncke-Archiv“ – das erste wurde 1945 durch Brand vernichtet – das Programm einer „Räuber“-Inszenierung aus dem Jahr 1817(!) mit dem Namen des Schauspielers. Aber die Aufführung fand nicht in Königsberg statt, sondern in einem „Stadt-Theater“ – leider ohne Ortsangabe –, und Herr Schuncke „vom Stadt-Theater zu Königsberg“ hatte die Gastrolle des Franz Moor übernommen. Nun schrieb Michael Schuncke: „Zu meinem Urgroßonkel Julius, Schauspieler auch in Königsberg, habe ich leider nichts von der Ostpreußischen Familie gehört. Meine leise Hoffnung war, dass irgendwo Theaterzettel jener Zeit gerettet, aufbewahrt und jetzt aktiviert würden.“ Dafür bekam er Hinweise zu der Familie seiner 2002 verstorbenen Ehefrau Dorothea Czibulinski, die – in Metgethen geboren – die Ausbildung zur Mezzosopranistin bei ihrer Tante Margarete Schulz in Königsberg erhielt. Hierzu schreibt Herr Schuncke: „Meine verstorbenen Anverwandten, Schwiegermutter Irmgard Czibulinski-Dressler – aus der Breslauer Malerdynastie Dressler stammend, die auch an der Ostseeküste malte – und mein Schwager Bernhard wussten, dass die Czibulinskis keine große, kopfreiche Familie waren, aber schon durch die großmütterliche Linie ,Kamm‘ tief in den ostpreußischen Wäldern verwurzelt waren“. Also da taucht ein neuer Name auf, vielleicht gibt es jetzt weitere Zuschriften zu diesem – angeheirateten – Schuncke-Zweig. (Schuncke-Archiv, Maiengasse 4 in 76534 Baden-Baden, Telefon 07221/75056.)

Wenn ich wieder einmal ein Schreiben unseres Landsmanns Knut Walter Perkuhn aus Wriedel bekomme und seinen Namen lese, steigt die Erinnerung an eine Begegnung mit der Dichterin Agnes Miegel auf, und sie ist so taufrisch, als sei nicht inzwischen ein Dreivierteljahrhundert vergangen. Damals war ich eine sehr junge Schriftstellerin und hatte eine Erzählung geschrieben, die in einer Königsberger Zeitung erschienen war. Agnes Miegel hatte sie gelesen und sprach mich bei der nächsten Begegnung darauf an. „Die Geschichte hat mir gefallen, aber mit dem Namen stimmt etwas nicht, da ist ein h zuviel.“ Sie meinte damit die Hauptfigur dieser in der Niederung spielenden Erzählung, die ich „Hanne Perkuhn“ genannt hatte. Die Dichterin erklärte mir, dass sich der Namen von unserm Prussengott Perkunos herleite und deshalb auch so geschrieben werden müsste. Ich habe es mir gemerkt – aber als ich dann vor einiger Zeit einen Suchwunsch bekam, den ein Herr Perkuhn stellte, fühlte ich mich rehabilitiert. Ob mit oder ohne h – Perkunos stand Pate für diesen echten altpreußischen Namen. Und wenn der „noch heute auf fliegendem Schimmel über unserer Heimat reitet und von oben herab donnert“ – so die Schriftstellerin Erminia von Olfers-Batocki in einem ihrer schönen Heimatgedichte – , dann wäre er wohl sehr stolz auf seinen Namensträger Knut Walther Perkuhn, der sich mit großer Ausdauer und Energie seiner Familiensaga widmet und deshalb unsere Ostpreußische Familie bemüht. Wobei er in der bereits zweimal vorgetragenen Suche nach dem in Skuldeinen bei Kuckerneese ansässig gewesenen Rudolf Perkuhn bis heute nicht weiter gekommen ist, dafür aber einen Erfolg bei einem anderen Perkuhnzweig aus Kiauken/Muldszen, Kreis Gerdauen vorweisen kann. Und in diesen Kreis führt auch seine neue Suchfrage nach einer Perkuhn-Linie, bei deren Erforschung er nicht weiter kommt, weil die Behörden mit ihrem Datenschutz einen Sperrriegel vorgeschoben haben.

Es geht um den am 1. März 1929 in Friedenberg, Kreis Gerdauen geborenen Paul Perkuhn, der am 17. August 1973 im Städtischen Krankenhaus Stade verstarb. Knut Walter fuhr im Rahmen seiner Sippenforschung nach Stade und erhielt vom Stadtarchiv die Sterbeurkunde, aus der hervorging, dass der kaufmännische Angestellte im benachbarten Harsefeld gewohnt und dort am 7. Juli 1963 seine Ehefrau Irmgard geborene Janke geheiratet hatte Er fuhr sofort nach Harsefeld, wo ihm vom Samtgemeindearchiv zwar bestätigt wurde, dass eine Heiratsurkunde vorhanden sei, ihm aber ein Einblick oder eine Kopie verwehrt werden müsse – da sei der Datenschutz vor! So ist es Knut Walter bis heute nicht gelungen, diese Linie weiter zu erforschen. Vielleicht kann unsere „Ostpreußische Familie“ nun weiter helfen. Da Paul in Friedenberg bei Gerdauen geboren wurde, müssten seine Eltern, Ernst Perkuhn und Johanna geborene Pahlke, dort gelebt haben. Während von Ernst Perkuhn alle Daten fehlen, ist von Mutter Johanna bekannt, dass sie am 5. Dezember 1897 in Schakenhof, Kreis Gerdauen geboren wurde. Dorf und Gut Schakenhof lagen an der Kreisstraße 131 zwischen Friedland und Nordenburg. Wo und wann Ernst Perkuhn geboren wurde, welchen Beruf er hatte, wo das Paar geheiratet und bis zur Flucht gelebt hat, ob die Familie flüchten konnte und gegebenenfalls wohin, wo und wann Ernst und Irmgard Perkuhn verstorben sind – das alles ist unbekannt. Ebenfalls fehlen jegliche Angaben über Irmgard Perkuhn geborene Janke, die nach dem Tod ihres Mannes nach Horneburg verzog. Wer kann Angaben über die Genannten machen, ist mit ihnen verwandt oder hat mit ihnen vor und nach der Flucht zusammen gelebt? (Knut Walter Perkuhn, Bergstraße 25 in 29565 Wriedel/Brockhöfe, Telefon 05829/16 68.)

Eure Ruth Geede


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