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13.11.10 / Russisch-orthodoxer Griff nach einer Kirche / Die Kirche von Arnau wurde faktisch enteignet: Bitterer Beschluss der Duma

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-10 vom 13. November 2010

Russisch-orthodoxer Griff nach einer Kirche
Die Kirche von Arnau wurde faktisch enteignet: Bitterer Beschluss der Duma

Die St. Katharinenkirche in Arnau unmittelbar vor den Toren Königsbergs ist die zweitälteste Kirche des historischen Ordensgebietes. Die Kirche hat den Krieg unbeschadet überstanden und wurde nach 1945 von der örtlichen Kolchose als Getreidespeicher genutzt.

Nach Insolvenz der Kolchose lief die Kirche 1992 Gefahr, als Halbruine abgerissen zu werden. Das „Kuratorium Arnau e.V.“ verhinderte die Zerstörung und konnte nach langen Kämpfen durchsetzen, dass die Kirche unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Mit öffentlicher Unterstützung und Hilfe der Zeit-Stiftung sowie mit privaten Spenden begann das Kuratorium 1993 mit den Aufräumungs- und Sicherungsarbeiten. Es stellte unter anderem den Turm wieder her, besserte die Außenwände aus, errichtete einen neuen Dachstuhl einschließlich der Eindeckung und setzte Notfenster ein. Dies alles erfolgte nach streng denkmalgerechten Prinzipien. Vor allem wurde eine Expertin beauftragt, ein umfassendes Konzept für die Sicherung der Wandgemälde (Seccos) zu erarbeitet, und so erfolgten die ersten Sicherungsmaßnahmen.

Das Kuratorium konnte 2008 mit der Gebietsverwaltung und dem Königsberger „Museum für Geschichte und Kunst“ einen auf zehn Jahre angelegten Kooperationsvertrag abschließen, der die deutsche Seite als gleichberechtigten Partner definiert. Die Kirche erhielt den Status eines Museums und erfreute sich einer steigenden Zahl von Besuchern. Es entwickelte sich in der Folgezeit eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem Kuratorium und dem Museum, die allerdings durch den Leiter des Königsberger Denkmalschutzes, Wladimir Jarosch, wiederholt gestört wurde. Unter eklatanter Verletzung dieses Vertrages und ohne das Kuratorium überhaupt zu informieren, schloss die Gebietsverwaltung im Juni 2010 einen Nutzungsvertrag mit der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK). Damit ging der Museumsstatus verloren. Das Kuratorium protestierte dagegen und legte Widerspruch ein.

Anfang Oktober dieses Jahres fand eine Sitzung der Gebietsduma in Sachen Arnau statt, auf der der Interessensvertreter des Kuratoriums die Position und bisherigen Leistungen des Kuratoriums darlegen konnte. Die Duma hob daraufhin den Nutzungsvertrag mit der ROK auf, so dass nunmehr der Status quo ante vorerst bestand. Die Beschlussfassung sah weiterhin vor, dass eine weitere Abstimmung – Ende Oktober 2010 – der Gebietsduma über das endgültige Schicksal der Arnauer Kirche entscheiden sollte.

Vorher war das Oberhaupt der ROK, Patriarch Kyrill, aus Moskau angereist und hatte den erst vor kurzem in sein Amt eingeführten Gouverneur Nikolai Tsukanov öffentlichkeitswirksam gesegnet und anschließend in Arnau demonstrativ einen Gottesdienst abgehalten.

In der Zeit zwischen den Abstimmungen setzte eine lebhafte Aktivität der Medien in Sachen Arnau ein. Obgleich sich eine zunehmende Einflussnahme der ROK auf die öffentliche Meinungsbildung abzeichnete, traten erstaunlich viele Kommentare in den Zeitungen und den TV-Sendern für die Wiederherstellung des Museumsstatus ein.

Unmittelbar vor der Sitzung der Gebietsduma gab der Gouverneur Nikolai Tsukanov eine Erklärung ab. Darin verdeutlichte er den Abgeordneten, dass sie für eine Übertragung der Kirche Arnau an die ROK stimmen müssten, da die stark wachsende Anzahl der Gläubigen in dem Gebiet dies erfordere. Von 36 anwesenden Abgeordneten stimmten daraufhin nur vier gegen die Übertragung an die ROK bei einer Enthaltung. Damit fiel die Endscheidung gegen das Kooperationsabkommen. T. Rix/PAZ


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