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13.11.10 / Tod durch Strychnin / Krimi à la Agatha Christie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-10 vom 13. November 2010

Tod durch Strychnin
Krimi à la Agatha Christie

Ein abgelegenes Hotel an der argentinischen Atlantikküste, eine illustre Gesellschaft, eine Tote und ein Sandsturm, welcher die Anwesenden, trotz des Unheils, an das unheimliche Hotel fesselt. Ganz à la Agatha Christie sind die Hotelgäste nach dem Mord erst mal dazu gezwungen, beisammen zu bleiben. Jeder der Anwesenden könnte der Mörder gewesen sein. Drohungen, Verdächtigungen und haltlose Anschuldigungen bringen die Luft in dem ohnehin stickigem Strandhotel, dessen Eigentümerin unter einer Sandphobie leidet und sämtliche Fenster verbarrikadiert hält, zum Brodeln.

Im Mittelpunkt der Erzählung „Der Hass der Liebenden“ stehen die Beobachtungen eines arsensüchtigen Arztes. Seine Sichtweise erscheint nicht nur sehr spleenig und sein Verhalten zum Teil großspurig, sondern er versucht den anderen Hotelgästen und dem anwesenden Polizeikommissar weiszumachen, genau zu wissen, wie der Hase läuft. Zum Teil scheint er selbst davon überzeugt zu sein. Doch unerwartete Wendungen bringen den Doktor sowie den Leser immer wieder von der Spur des wahren Mörders ab. Manipulierte Hinweise locken ihn auf eine falsche Fährte.

„Wir waren in diesem Haus eingeschlossen wie in einem Schiff am Meeresboden oder, genauer gesagt, wie in einem U-Boot, das sich in den Grund gebohrt hat. Ich hatte das Gefühl, die Luft verringere sich auf beängstigende Weise. Überall fühlte ich mich derart unwohl, dass es in dem Zimmer der Toten auch nicht schlimmer sein konnte … In diesem Haus verhielt sich selbst die Zeit anormal … Ich machte mir ernsthaft Sorgen. Durch die Fenster in der Hotelhalle warf ich einen Blick nach draußen. Das Unwetter war wieder heftiger geworden.“

In „Der Hass der Liebenden“ erwartet den Leser ein Kriminalroman der altmodischen Art mit Stil und Charme. Die Tatsachen, dass die Tote durch Strychnin ermordet wurde, die Ermordete vor ihrem Tode heimlich den Ehemann ihrer Schwester geküsst hat und etliche andere Details der Handlung mögen zwar für einen klischeehaften Krimi sprechen, doch die düstere Stimmung, die zwielichtigen Charaktere der Hotelgäste und die überraschenden Wendungen strafen dieses Vorurteil Lügen.

Wer sich wundert, dass die Atmosphäre des Romans an die 1920er Jahre erinnert, man unbewusst an Agatha Christies Klassiker Miss Marple und Hercule Poirot denken muss, der liegt damit schon ganz richtig. Denn bei diesem Kriminalroman handelt es sich nicht um das neueste Werk eines noch lebenden Schriftstellers, der Roman ist vielmehr schon von gestern, genauer gesagt von 1946. Denn in diesem Jahr veröffentlichte das argentinische Schriftstellerehepaar Silvina Ocampo und Adolfo Bioy Casares dieses Buch. Doch erst jetzt hat die Übersetzerin Petra Strien-Bourmer diesen außergewöhnlichen argentinischen Kriminalroman erstmals ins Deutsche übersetzt.

Bei nur 188 Seiten bewahrheitet sich hier mal wieder das altbewährte Motto „In der Kürze liegt die Würze“. Auch nach 64 Jahren ist „Der Hass der Liebenden“ ein fesselnder, kurzweiliger Krimi der besonderen Art.       Vanessa Ney

Silvina Ocampo, Adolfo Bioy Casares: „Der Hass der Liebenden“, Manesse Verlag, Zürich 2010, gebunden, 188 Seiten, 18,95 Euro


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