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20.11.10 / Quo vadis, CDU? / Für ein »Nein« zu Schwarz-Grün gibt es gute Gründe, doch wie glaubwürdig ist Merkels Absage?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-10 vom 20. November 2010

Quo vadis, CDU?
Für ein »Nein« zu Schwarz-Grün gibt es gute Gründe, doch wie glaubwürdig ist Merkels Absage?

Rhetorisch hat sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel zuletzt deutlich von den Grünen abgesetzt. Doch personell sendet die CDU ganz andere Signale aus, beispielsweise steht der neue Parteivize und Landesvorsitzende von NRW, Norbert Röttgen, klar für Schwarz-Grün. Von den entsprechenden Bündnissen auf Landesebene kommen unterdessen schlechte Nachrichten.

Die CDU tritt nach ihrem Bundesparteitag in Karlsruhe mit einer verjüngten und weiblicheren Führungsriege an. Unter den vier Stellvertretern der Parteivorsitzenden befinden sich nun drei Bundesminister und zwei Frauen. Norbert Röttgen, Annette Schavan und Ursula von der Leyen sind erklärte „Merkelianer“ und stehen für den Kurs der „Öffnung“ der Kanzlerin. Einzig der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier könnte auch konservativere Wählerschichten ansprechen.

Ungeachtet miserabler Umfragewerte und der bevorstehenden Landtagswahl in Baden-Württemberg setzt die CDU mit diesem Personaltableau ihren bisherigen Kurs fort. Angela Merkel gab sich zehn Jahre, nachdem sie Helmut Kohl als Parteivorsitzenden beerbte hatte, in ihrer Parteitagsrede kämpferisch. Die sogenannten Flügelmänner der Partei und zumindest zeitweiligen Konkurrenten der Kanzlerin wie Roland Koch, Friedrich Merz oder Jürgen Rüttgers sind ausgeschieden.

Die Kanzlerin und Parteivorsitzende bedauerte zwar den schlechten Start der Bundesregierung, nannte Schwarz-Gelb aber „alternativlos“. Man müsse „unserem Land Rot-Rot-Grün ersparen“, denn das sei die Alternative im Jahr 2013. Ein schwarz-grünes Bündnis oder eine Jamaika-Koalition auf Bundesebene beruhe auf „Illusionen und Hirngespinsten“. Damit widersprach sie einer Option, die der neue Parteivize aus Nord-rhein-Westfalen, Norbert Röttgen, lange mehr oder minder offen favorisiert hat.

Ist mit den Grünen tatsächlich kein Staat zu machen? Der Zustand der beiden Landesregierungen, in denen Christdemokraten zusammen mit den Grünen regieren, ist tatsächlich nicht verheißungsvoll. Es ist kein Geheimnis, dass die schwarz-grüne Landesregierung in Hamburg am Beginn der letzten Woche vor ihrem Scheitern stand. Ultimativ forderte der grüne Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan (GAL) den Rauswurf des HSH-Nordbank-Chefs Dirk Jens Nonnenmacher. Der christdemokratische Bündnispartner sah sich von den Elb-Grünen mehr oder minder vor vollendete Tatsachen gestellt und willigte zähneknirschend in den umstrittenen Rauswurf ein, um die kriselnde Koalition zu retten. Da die hanseatischen Grünen bei Neuwahlen derzeit problemlos mit den Sozialdemokraten um Olaf Scholz eine Regierung bilden könnten, ist die Alternative klar und die Position der CDU schwach. Von dem „Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ wie noch vor dem Start der Koalition vor zwei Jahren redet an der Elbe keiner mehr.

Ähnliches spielt sich derzeit in der Jamaika-Koalition im Saarland ab, die ebenfalls als Zukunftsmodell gehandelt worden war. Nach nur einem Jahr kriselt es im schwarz-gelb-grünen Experiment an der Saar. Pünktlich zum ersten Jahrestag legten FDP-Landeschef Christoph Hartmann und Fraktionschef Horst Hinschberger vorige Woche ihre Ämter nieder. Sie zogen damit die Konsequenzen aus einem parteiinternen Streit um die liberale „Stiftung Villa Lessing“. Am 22. November sollen ihre Nachfolger gewählt werden. Die saarländische CDU und die Grünen sehen indes keine Belastung der gemeinsamen Arbeit und sprechen von einer rein „parteiinternen Angelegenheit“ der Liberalen. Aus Sicht der Opposition steht die „schwarze Ampel“ dagegen vor einem Scherbenhaufen. „Das Land befindet sich im Regierungsnotstand“, erklärt SPD-Landeschef Heiko Maas.

Obwohl in diesen beiden Ländern die schwarz-grüne Option ganz erheblich bröckelt, denkt der Berliner CDU-Chef Frank Henkel laut über ein schwarz-grünes Bündnis nach der Landtagswahl 2011 nach: „Theoretisch bietet Schwarz-Grün Chancen.“ Mit dieser Koalition könne ein „transparenterer und offenerer und bürgernäherer Regierungsstil in Berlin einziehen“, wird Henkel in der „Rheinischen Post“ zitiert. Während er die Spitzenkandidatin der Grünen lobt und umwirbt („Ich freue mich auf die sportliche Auseinandersetzung mit ihr.“), kommt von Renate Künast ein Korb. Sie schließt in fast jeder Rede eine Koalition mit den Christdemokraten in Berlin aus.

Quo vadis CDU? Auf Bundesebene bleibt wohl keine Alternative zur schwarz-gelben Koalition, auch wenn die Umfragewerte anhaltend schlecht sind. Daher geht Angela Merkel zur Attacke auf den politischen Gegner über. „Die Opposition macht Mist“, so ein deutliches Wort der Kanzlerin in Karlsruhe, wofür sie viel Beifall bekam. Die Grünen seien „vor allem und ständig immer dagegen“.

Konservative und christliche Wähler versuchte die Parteivorsitzende außer mit ihrem Nein zur Präimplantationsdiagnostik (PID) mit der Forderung nach strengeren Integrationsregeln für Migranten mit einem besonderen Diktum zurückzugewinnen: Deutschland habe nicht ein Zuviel an Islam, sondern ein Zuwenig an Christentum. Hinrich E. Bues


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