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27.11.10 / Noch lange keine Volkspartei / Trotz ehrgeiziger Ziele machen die Grünen weiter Klientelpolitik − Umverteilung und Infrastruktur-Blockade

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Noch lange keine Volkspartei
Trotz ehrgeiziger Ziele machen die Grünen weiter Klientelpolitik − Umverteilung und Infrastruktur-Blockade

Die Grünen haben ein klar linkes Umverteilungsprogramm verabschiedet und ihren Ruf als „Dagegen-Partei“ bestätigt. Der hart arbeitende Mittelstand, um dessen Sympathien die Grünen bei den sieben Landtagswahlen 2011 werben, wäre das Opfer der Pläne.

Auf ihrem Bundesparteitag in Freiburg sind sich die Grünen treu geblieben – allen Spekulationen über eine „neue Volkspartei“ („Der Spiegel“) zum Trotz: Die Öko-Partei hat in Freiburg ein klar linkes Umverteilungsprogramm beschlossen und sich weiter als eindeutige Unterstützerin aller Protestaktionen gegen Infrastrukturmaßnahmen und Atomtransporte profiliert.

Einige Einzelheiten: Das Gesundheitssystem soll zur „Bürgerversicherung“ umgebaut werden. Damit werden auch Beamte und Selbständige erfasst, alle Einkommensarten wie Zinserträge, Mieten, Spekulationsgewinne würden krankenkassenbeitragspflichtig. Nach den immensen Bürokratiekosten, die das verursachen würde, fragen die Grünen nicht. Ob es dann noch Privatversicherungen geben kann, steht in den Sternen.

Zweiter Punkt: Steuerreform. Der Spitzensteuersatz wird von 42 auf 45 Prozent angehoben. Das Ehegattensplitting – den grünen Gender-AktivistInnen ein Dorn im Auge – soll so weit gekappt werden, wie es verfassungsrechtlich zulässig ist. Die vorstaatliche Solidargemeinschaft der Ehe, in der einer freiwillig für den anderen einsteht, ist den Grünen von ihrem Wesen her offensichtlich fremd. Um die Gemeindefinanzen zu sanieren, soll die Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer ausgeweitet werden, die dann auch Freiberufler zahlen müssen.

Ein dritter Punkt: Widerstand gegen alle wichtigen Infrastruktur-Maßnahmen wie „Stuttgart 21“, Verlängerung der Kernkraft-Laufzeiten oder die Suche nach einem Atommüll-Endlager. Diese soll nach beinahe 40 Jahren nochmals bei Null beginnen: Ausgeschlossen soll aus ideologischen Gründen allein der Standort Gorleben sein, dem indes viele Untersuchungen die beste Eignung bescheinigen. Weiter: Kompletter Umstieg der Stromversorgung auf erneuerbare Energie bis 2030. Ob das technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist – auch angesichts des öko-ideologischen Protests gegen neue Hochspannungsleitungen – interessierte nicht. Im Zweifelsfall muss eben der Industriestandort Deutschland kürzer treten, hörte man von Delegierten. Und zu guter letzt: Absage an Olympia 2018 in München und Garmisch. Hier setzte sich die linksgrüne Basis gegen die Führung durch. Parteichefin Claudia Roth, bisher Mitglied im Olympia-Kuratorium, will diese Tätigkeit nun einstellen. Kritiker meinten aber, wenn sich eine Parteichefin in einem wichtigen Punkt nicht durchsetzen könne, hätte sie eher als Parteichefin zurücktreten müssen.

Verlierer des Programms wären alle, die noch arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften, und dabei erfolgreich sind – vor allem Einkommen ab 3750 Euro brutto. Wer etwa 5500 Euro brutto verdient, müsste allein durch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze künftig 1400 Euro im Jahr mehr an seine Krankenkasse zahlen. Verlierer wären auch klassische Ehepaare, bei denen einer schwerpunktmäßig das Familieneinkommen erwirbt, der andere den Kindern zuliebe kürzer tritt. Die Kappung des Ehegattensplittings würde – so der Bund der Steuerzahler – ein Ehepaar mit 70000 plus 30000 Euro Bruttoeinkommen um volle 2533 Euro jährlich zusätzlich belasten.

Der Kritik, sie seien eine „Dagegen-Partei“, setzen die Grünen den Begriff „Dafür-Partei“ entgegen, der erkennen lässt, was mit der zusätzlichen „Staatsknete“, die den Fleißigen abgenommen werden soll, geschehen soll: Für „Umverteilung von oben nach unten“, für noch mehr erneuerbare Energien, für „Bildung“. Ein Blick auf die vielen Fragwürdigkeiten, die von zwei grünen Ministerinnen in NRW und Hamburg in Sachen Schulreform gestartet wurden, lässt indes auch hier Schlimmes befürchten.

Beobachter fragten sich angesichts des Grünen-Programms, wer aus der Mittelschicht, die die Grünen gerade bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg ansprechen wollen, bereit sein soll, diese „Enteignungspartei“ („Die Welt“) zu wählen. Die entscheidende Frage könnte dabei sein, ob die anderen Parteien, vor allem die CDU, in der Lage sind, den Bürgern zu vermitteln, was das Grünen-Programm für sie persönlich und ihren Geldbeutel bedeuten würde. Die SPD ist da schon weiter als die Christdemokraten: SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Grünen umgehend regierungsunfähig und sieht sie allenfalls in der zweiten Reihe.

Der Begriff „Volkspartei“ für die Grünen hat sich demnach ebenfalls erledigt, meinen Kommentatoren. Dies ist ja nicht nur ein quantitativer Begriff – nach dem Motto: Ab 20 Prozent ist man Volkspartei, sondern eine Volkspartei ist nicht auf einzelne Klientelgruppen fixiert, sondern stellt das Wohl des gesamten Volkes in den Mittelpunkt. Während die Grünen derzeit der Union im Hinblick auf die Verlängerung der Kernkraftwerks-Laufzeiten ausgerechnet Klientelismus vorwerfen, haben die Grünen selbst „ihre“ Gutmenschen-Lobbygruppen weiter fest im Blick.

Viele Beobachter trösteten sich bisher damit, dass die radikalen Pläne der Grünen keine Chance auf Umsetzung hatten. Schließlich hatte schon SPD-Kanzler Schröder den Grünen in der Regierung manchen Zahn gezogen. Doch nun haben sich die Kräfteverhältnisse geändert. Wenn Grüne und SPD auf Augenhöhe miteinander regieren sollten, wird die Verteilung der Rollen von „Koch und Kellner“ neu ausgehandelt.             Anton Heinrich


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