28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.11.10 / Liberal war gestern / USA: Rechtsruck bei der katholischen Kirche − Tea Party frohlockt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Liberal war gestern
USA: Rechtsruck bei der katholischen Kirche − Tea Party frohlockt

Eine große Überraschung gab es vorletzten Dienstag bei der Wahl des neuen Vorsitzenden der US-Konferenz der katholischen Bischöfe in Baltimore. Seit über vier Jahrzehnten ist es nicht vorgekommen (außer einmal durch Tod und ein anderes Mal durch frühzeitigen Ruhestand), dass nach Ablauf der Amtszeit des Präsidenten der amtierende Vize-Präsident nicht als Nachfolger gewählt wurde. Zum ersten Mal fiel jetzt die Wahl auf einen anderen: Im dritten Wahlgang siegte der konservative Erzbischof von New York, Timothy M. Dolan, über den als liberal bekannten Vize Gerald Kicanas, Bischof von Tucson, Arizona. Als neuer Vize wurde der schärfste Gegner gleichgeschlechtlicher Ehe, Bischof Joseph Kurtz von Louisville, Kentucky, gewählt. Ein klares Zeichen für den Rechtsruck des Landes auch unter den Katholiken.

Der gescheiterte alte Vize Kicanas ist ein erklärter Gegner des neuen harten Immigrations-Gesetzes in Arizona. Und während er die kirchliche Ablehnung der Abtreibung unterstützt, so wendet er sich gegen eine Verweigerung der Kommunion für Politiker, die Abtreibung befürworten. Er tritt für Dialoge mit Amtsinhabern ein, die in allen sozialen Fragen eine andere Auffassung als die katholische Kirche haben, was ihm Feinde in der katholischen Rechten machte. Erzbischof Dolan hingegen ist ein  temperamentvoller Konservativer, der der Denkweise des Vatikans und des Papstes näher steht. Er hält es, wie die meisten der Bischöfe, die ihn wählten, mit dem neuen Kurienkardinal Raymond Burke, der Politikern, die für gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung eintreten, die Kommunion und ein katholisches Begräbnis versagen wollen. Burke nannte die Demokraten gar eine „Partei des Todes“ und erklärte: „Ein Katholik, der das Programm von Präsident Obama kennt, was zum Beispiel Abtreibung, Embryo-Stammzellen-Forschung und gleichgeschlechtliche Ehe betrifft, dürfte ihn bewusst nicht gewählt haben.“

Diese Erklärung ist wichtig für Obamas Wahlchancen und die der Demokraten in zwei Jahren. Ein Fünftel aller Amerikaner sind heute Katholiken. Sie gelten als der größte Block von unentschlossenen Wählern, die mal zu dieser und mal zu jener Partei tendieren und den Demokraten kürzlich in einigen Staaten bereits entscheidende Verluste zufügten. Für die Wahl 2012 wird das „Faithful Citizen Statement“, die offiziellen Richtlinien für die katholischen Wähler, von Erzbischof Dolan verfasst. Das Jesuiten-Magazin „Amerika“ schrieb bereits: „Die beiden Entscheidungen vom Dienstag deuten darauf hin, dass die Bischöfe eine sehr aktive Rolle im derzeitigen Kulturkrieg spielen werden.“ Gemeint ist der Kampf zwischen dem durch die Tea-Party-Bewegung neu entflammten Konservativismus und den sozial-liberalen Tendenzen der Demokraten um Obama. Mit Dolan und Kurtz an der Spitze der katholischen Hierarchie in den USA sind die Republikaner ihrem Ziel, alle Katholiken auf ihre Seite zu bringen, näher gekommen.

So mächtig war die katholische Kirche in Amerika nicht immer. Anders als in Europa zerteilt sich die christliche Religion hier nicht nur in Protestanten und Katholiken, sondern in alle Arten von christlichen Gemeinschaften. Presbyterianer, Mormonen, Baptisten, die Fernseh-Prediger, die „Church of God in Christ“ und hunderte von kleinen Kirchen mit hochtrabenden Namen prägen das religiöse Leben von vielen US-Amerikanern.    Liselotte Millauer


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren