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27.11.10 / Kampf um Anerkennung / Erika Steinbach über die Vertreibung der Deutschen und das ZgV

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Kampf um Anerkennung
Erika Steinbach über die Vertreibung der Deutschen und das ZgV

Die Autorin Erika Steinbach (*1943 in Westpreußen) hat diesen Band dem verstorbenen SPD-Politiker Peter Glotz gewidmet, mit dem zusammen sie das „Zentrum gegen Vertreibungen“ (ZgV) in Berlin gründen wollte. Der Band ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil ist der von Frau Steinbach verfasste Erinnerungsteil, der zweite ist ein Dokumentationsteil mit eigenen und mit Beiträgen von mehreren Autoren aus verschiedenen Quellen.

Das erste Kapitel ist dem Thema „Heimat“ gewidmet. Das zweite enthält schlichte Aufzeichnungen ihrer Mutter aus Berlin mit einem bedrückenden Landjahrlager im Rheinland und Zeiten im Reichsarbeitsdienst in Westpreußen, wo Tochter Erika zur Welt kam. Das dritte Kapitel beschreibt eine „terra incognita“, die kaum mehr bekannte Welt der Deutschen in verschiedenen Ländern Ostmitteleuropas vor 1945. Dazu gehört als ein Beispiel das Schick-sal der Familie des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. Dramatisch und historisch hochinteressant wird es dann in dem Kapitel über Vertreibungen der Deutschen und die Motive der Vertreiber mit einem Völkermord an Deutschen in Jugoslawien.

„Trauer um Deutsche“ ist das Thema des folgenden Kapitels, hier geht es um das Verhältnis einer Gemeinschaft, eines Volkes zu seinen Toten und deren Geschichte. Sie findet dazu gute Worte auch anderer Deutscher. Eine gewichtige Station des Umgangs mit dem historischen Geschehen ist zweifellos die „Charta der Heimatvertriebenen“ vom 5. August 1950, veröffentlicht vor fast 150000 Vertriebenen in Stuttgart. Als einen „Akt der Selbstüberwindung“ beschreibt die Autorin ihre Entstehung und Wirkung in einem Kapitel. Immer wieder gelingen ihr treffende Formulierungen. Chronologisch folgt die Gründung und Beschreibung des „Bundes der Vertriebenen (BdV) – weder links noch rechts!“. Sie beschreibt aber auch die Medien-Kampagnen gegen die Vertriebenen in den 1970er Jahren.

Die beiden letzten Kapitel des ersten Teiles führen in die unmittelbare Gegenwart mit der Problematik um die Gründung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ als einer „Berliner Gedenkstätte“ im Jahr 2000. Und diese Geschichte beginnt sehr zeitgemäß so: „Nichts machen wir uns in Deutschland leicht. Keine Reform, keinen Autobahn- oder Startbahnbau. Auch nicht die Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses und schon gar nicht ein dauerhaftes Gedenken an das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen ...“ Recht ausführlich schildert die Autorin die parteipolitischen Auseinandersetzungen um das Projekt, das auf Betreiben der SPD der Staat selber übernehmen soll, und die bedeutende Rolle von Peter Glotz.

Abschließend Erika Steinbach: „Die letzten Zeitzeugen der Kriegs- und Nachkriegsvertriebenen, der deutschen Deportierten und Vergewaltigten sollen noch erleben können, dass ihr Schick-sal, das sie ja stellvertretend für die weiter westlich lebenden Deutschen erlitten haben, nicht vergessen ist und einen würdigen dauerhaften Platz in Deutschland gefunden hat ...“ Und: „Unsere eigene Stiftung ‚Zentrum gegen Vertreibungen‘ muss weiter dringend treibende Kraft bleiben. Sie ist unverzichtbar.“

Der folgende Dokumentationsteil enthält reichhaltige sehr lesenswerte und oft auch bewegende Beiträge mit viel Empathie für die Millionen Betroffenen. Er beginnt mit Reden von Frau Steinbach, ihrer Erklärung im Deutschen Bundestag zum Deutsch-Polnischen Vertrag von 1991 und Briefen an den polnischen Minister Wladislaw Bartoszewski. Veröffentlichungen über und von Peter Glotz folgen. Er stammt aus Eger im Sudetenland, seine Mutter war Tschechin. Erzbischof Zollitsch erinnert sich als Donau-schwabe an den Völkermord an den Deutschen in Jugoslawien, denn „Erinnerung ist lebensnotwendig“. Es folgen Zeitungskommentare zum ZgV, die Charta der Heimatvertriebenen, Segenswünsche und eine Grußbotschaft von Papst Benedikt XVI. und Papst Johannes Paul II. Eine Siedlungs-, Bevölkerungs- und Vertreibungsstatistik und eine Karte von Deutschland mit den deutschen Siedlungsgebieten in Ostmitteleuropa beschließen den Dokumentationsteil.

Mit diesem schönen Band haben wir eine authentische Dokumentation eines zentralen Vorhabens der deutschen Heimatvertriebenen, das ein Vorhaben aller Deutschen sein soll: die Schaffung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ als einer Gedenk- und Dokumentationsstätte der rund 15 Millionen deutschen Heimatvertriebenen im europäischen Rahmen durch ihre Sprecherin Erika Steinbach. Prof. Dr. Helmut Sauer

Erika Steinbach: „Die Macht der Erinnerung“, Universitas, München 2010, geb., 250 Seiten, 22 Euro


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