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27.11.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-10 vom 27. November 2010

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Spaß dabei! / Wie alle auf Deutschland schimpfen, wie es unter Gaunern eben so zugeht, und wie Merkel uns das Lachen zurückbringt

Die Deutschen begreifen immer schwerer, wie ihnen geschieht. Sie sind es, die jedesmal den größten Haufen beisteuern, wenn wieder ein Euroland „gerettet“ werden muss. Sie sind der Anker Europas, ohne den der ganze Kahn längst an den Irrtümern seiner inkompetenten Kapitäne zerschellt wäre.

Dennoch gibt es kein EU-Land, das von seinen „Partnern“ seit Monaten so heftig beschimpft wird wie Deutschland. Germania steht da wie ein überfordertes Kindermädchen, das das Zimmer aufgeräumt, die Betten gemacht und den Tisch gedeckt hat, nur um sich nachher von den hässlichen Bälgern mit Eiern bewerfen zu lassen.

Was sie uns vorwerfen, ist entweder Blödsinn oder aber es handelt sich um genau die Handlungsweisen, derentwegen wir überhaupt zum „Retten“ imstande sind: „Zu sparsam“, „zu wettbewerbsfähig“, „zu streng“. Was keiner sagt: Wenn Germania genauso gefuhrwerkt hätte wie die Bälger, dann müssten die ihre Bettelbriefe jetzt an den Weihnachtsmann schicken statt an Frau Merkel.

Im Grunde könnten wir uns stolz an die Brust schlagen. Tun wir aber nicht. Wir sind eher starr vor Wut. Dabei könnte eine ganze Reihe von Deutschen jetzt richtig triumphieren. All diejenigen nämlich, die vor dem Euro verzweifelt gewarnt haben. Er würde die EU nicht festigen, sondern ihr Spaltpilz werden. Die Unterschiede und Gegensätze würden nicht eingeebnet, sondern zum Schaden aller noch vertieft. Nicht Harmonie würde er unter die Völker bringen, sondern sie gegeneinander aufhetzen. Die Weichwährungsländer würden eine große Party steigen lassen, die die Deutschen und ihre näheren Verwandten in Österreich, Holland und so weiter bezahlen müssen.

Wer das vor 15 Jahren gesagt hat, der war ein „Europagegner“ oder gar ein „D-Mark-Nationalist“, was in den hysterischen 90ern nicht weit entfernt war vom „Nazi“. Und heute? Alles wird wahr.

Aber warum, zum Teufel, können wir uns jetzt kein bisschen freuen über unseren Triumph beim Rechthaben? Darum: Wir sitzen leider mit drauf auf dem Kahn, müssen die Fehler der anderen mit ausbaden, wenn der Seelenverkäufer, den sie „Euro“ tauften, absäuft und einiges von der europäischen Einigung mitnimmt auf den Meeresgrund der Tatsachen.

Und noch etwas anderes schlägt uns aufs Gemüt: Auf der Brücke stehen nach wie vor die gleichen, teils gar dieselben Blindschleichen, die uns in diesen Schlamassel hineinmanövriert haben. Und was treiben die dort? Sie nennen es „Kurs halten“.  Das meinen sie ernst: So wie vor 15 Jahren wird jeder zum „Angstmacher“ erklärt, der die Sichtung des nächsten Eisbergs schon vor dem Aufprall  bekanntgibt. Portugal? Aber nein, gar nicht vergleichbar!

Minister Schäuble, ein Euro-Vorkämpfer der ersten Stunde, hat immerhin ein wenig von seiner Verwirrung durchblicken lassen: Bei Irland stehe unsere gemeinsame Währung auf dem Spiel. (Er sagt lieber nicht „Euro“.) Dafür müsse Deutschland Verantwortung übernehmen. (Zahlen bitte!). Und dann kommt’s: „Sonst werden die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für unser Land unübersehbar sein.“ Da ist das Wort: „Unübersehbar“. Er gibt zu, wenn auch durch die Blume, dass er die Übersicht verloren hat.

Aber ganz so blind, wie sie tun, sind sie gar nicht: Im Hintergrund zimmern sie bereits an der Portugal-Havarie. In dem Land seien spanische Banken besonders heftig engagiert, flüstert man uns jetzt schon in die Ohren. Spanien könne man nicht retten wie die drei Knirpse, weil es dafür viel zu groß sei. Wenn aber ein so großes Land kippe, dann rausche ganz Euroland in die Tiefe. Auf diese Weise eingeschüchtert soll der deutsche Steuerzahler schon heute eingestimmt werden auf den nächsten Aderlass. Warten Sie’s nur ab.

Was sagen Sie? Das wagen die nicht? Das sei doch glatte Erpressung? Natürlich ist es das: Entweder ihr Deutschen zahlt, oder wir fackeln euch die ganze Hütte ab. So und nicht anders liest sich die Portugal-Spanien-Geschichte ins Reine übersetzt. Das sind halt die Spielregeln in der Welt der Gauner, in die uns die Eurotiker entführt haben.

Grund genug also, sich Portugal kurz genauer anzusehen: Die Banken seien „solide“, singt man uns vor, und der Staatshaushalt sei auch nicht wirklich furchterregend. Auf den ersten Blick also alles in Butter. Der portugiesische Oppositionsführer Pedro Passos Coelho wagte allerdings noch einen zweiten Blick, und der gleicht dem in den nächsten Abgrund. Über Jahre habe Lissabon „eine Reihe von Aktivitäten aus dem Staatshaushalt zurückgezogen“, verrät er. Anders gesagt: Die Portugiesen haben Schulden woanders versteckt. Die offiziell zugegebenen Zahlen zur Staatsverschuldung seien daher „Fiktion“. Das hat Coelho der Madrider Zeitung „El País“ gesagt, also auf Spanisch. Er hätte auch gleich griechisch reden können. Fiktion? Manipulierte Haushaltszahlen? Das kennen wir von irgendwoher.

An dieser Stelle kommt das andere Gefühl in uns hoch, das gar nicht zur Wut passt, und dennoch immer stärker wird: Sonst sind Krisen ja wenigstens spannend. Die Selbstzerstörung des Euro-Systems hingegen dürfte die erste ökonomische Ka­tastrophe der Weltgeschichte werden, die ihre Leidtragenden auch noch langweilt.

Das ist ja mal ’ne dolle Mischung: Wut und Langeweile gleichzeitig. Das ist politisch nicht ungefährlich! Angela Merkel hat, geleitet von ihrem Instinkt für die Stimmungen im Volke, begriffen, dass sie einen ganzen Schwall forcierter Fröhlichkeit dagegensetzen muss. Auf der Bundeswehrtagung in Dresden ritt sie ihre Heiterkeits-Attacke.

Die Streitkräfte sind ebenfalls in schlechter Stimmung, was nicht bloß am Krieg in Afghanistan liegt. Auch die soundsovielte „Bundeswehr-Reform“ drückt aufs Gemüt. Muss sie aber gar nicht: „Haben Sie Spaß an den Veränderungen!“, gluckste die Kanzlerin den verdatterten Offizieren zu. Schrumpfung auf 185000 Mann, Schwuppdiwupp-Abschaffung der Wehrpflicht, miese Ausrüstung, zweifelhafte Aufträge – ach, Pusteblume. Lach doch mal wieder! Das wird die Soldaten bestimmt aufgerichtet haben. Dabei sollte das Beste erst  kommen: Später sagte Frau Merkel nämlich noch einen Satz, der angesichts einer Armee, die gerade Krieg führt, an Feingefühl kaum zu überbieten ist: „No risk, no fun!“ Ohne Risiko kein Spaß! Ist sie nicht witzig?

Etwas kosten darf der Spaß allerdings nicht. Merkel verlor kein Wort von zusätzlichen Mitteln für die „Jahrhundertreform“. Na ja, woher auch, wo doch jetzt unser Steuergeld nach Irland geht, damit die Iren ihre Körperschaftssteuer sensationell niedrig halten können, wodurch deutsche Firmen zur Übersiedlung verführt werden sollen.

Es ist ein regelrechter Wettlauf ausgebrochen um das Geld der deutschen Steuerzahler. Da wollen auch die Grünen nicht zu spät kommen: Von der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und des Spitzensteuersatzes bis zur „Bürgerversicherung“ lesen sich die grünen Parteitagsbeschlüsse wie von der Linkspartei abgeschrieben: „Die Reichen“ sollen blechen, wird gefordert. Die Mittelschicht soll bluten, ist gemeint.

Ärgert das die, die geplündert werden sollen? Ganz und gar nicht: Millionen deutsche Mittelschichtler scheinen regelrecht vernarrt in den Gedanken, mal ordentlich ausgenommen zu werden. Anders sind die Umfragewerte der Grünen kaum zu erklären. Oder nehmen die ihre Lieblingspartei am Ende gar nicht ernst? „Die spielen doch nur“?

Könnte auch sein. Wer die Geschichte des Euro, Frau Merkels Spaß-Offensive bei den Soldaten und die grüne Steuerpolitik zusammennimmt, der könnte gut den Eindruck gewinnen, in einem schrägen Lustspiel gelandet zu sein. Den passenden Titel für das Radaustück hat Frau Merkel bereits gefunden: No risk, no fun.


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