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04.12.10 / Für die Ehe mit 16 Jahren / Um die Geburtenzahl wieder zu erhöhen, wirbt der iranische Präsident fürs frühe Heiraten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-10 vom 04. Dezember 2010

Für die Ehe mit 16 Jahren
Um die Geburtenzahl wieder zu erhöhen, wirbt der iranische Präsident fürs frühe Heiraten

Dem Iran gehen die Kinder aus. Statistisch gesehen sind zwei Geburten je Frau notwendig, um die Bevölkerungszahl eines Landes stabil zu halten und das soziale Gleichgewicht sicherzustellen. Ziel einer verantwortungsbewussten Bevölkerungspolitik sollte es sein, diesen Wert nicht darunter absinken zu lassen. In Deutschland wird dieser Wert seit Jahrzehnten unterschritten, die Familienpolitiker haben daran wenig Anstoß genommen.

Nachdem die Geburtenraten im Iran noch 1979 Rekordhöhen erreichten (6,6 Kindern pro Frau 1970), fiel dort 2000 der Wert auf 2,2 und im Jahre 2007 auf nur noch von 1,7. „Menschen, die nicht im Iran leben, glauben, dass das Familienplanungsprogramm mit Zwangsmaßnahmen verbunden gewesen sein muss“, kommentiert Farzaneh Roudi in dem Magazin „Südwind“. „Das war aber nicht der Fall. Es gab eine umfassende öffentliche Aufklärung über Familienplanung; alle redeten darüber. Frauen hatten mehr Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit als unter dem Schah.“ Das ist für ein islamisch geprägtes Land ungewöhnlich, denn in Saudi-Arabien, Algerien, Marokko oder Ägypten gibt es weiterhin ein starkes Bevölkerungswachstum.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad macht nun das, was Helmut Kohl seiner Zeit versäumt hat. Er macht sich Gedanken, wie dem demoskopischen Ungleichgewicht entgegengewirkt werden kann. Mehrere öffentliche Erklärungen hatten zunächst offenbar wenig Erfolg, so dass im letzten Sommer materielle Anreize angekündigt wurden. Im Sommer stellte Irans Präsident Eltern für jedes Baby ein staatliches Sparbuch in Aussicht. Es müssten pro Familie dringend mehr als zwei Kinder geboren werden, forderte Ahmadinedschad. Das ist auch in Europa nicht unbekannt. Finanzielle Anreize haben sich manchmal als erfolgreiche Instrumente einer Bevölkerungspolitik erwiesen. Langfristige Maßnahmen wie zum Beispiel das französische Steuerrecht mit einem Familiensplitting – statt des Ehegattensplittings wie in Deutschland – verbessern nachhaltig die Finanzausstattung Kinderreicher zu Lasten Kinderloser. Auch in anderen europäischen Ländern gibt es aktive Familienpolitik, um einer Schrumpfung der Bevölkerung entgegen zu wirken. Die skandinavischen Länder können hier als Beispiele gelten. So sind die materiellen Anreize für den „Verzicht auf Kinder“ dort geringer als anderswo. Sparbuchaktionen, wie sie der Iran beabsichtigt, sind zwar „nett“ gemeint“ jedoch nicht langfristig angelegt.

Nun hat Präsident Ahmadinedschad sich erneut mit einem Appell in die öffentliche Debatte um die Geburtenrate eingeschaltet. Die meisten Iranerinnen heiraten mit Mitte 20 (die jugendliche Stadtbevölkerung sogar erst mit 25). Das empfindet Ahmadinedschad als viel zu spät und hat Mädchen dazu aufgerufen, schon mit 16 Jahren eine Ehe zu schließen. „Für Jungen sollte das Heiratsalter bei 20 Jahren und für Mädchen bei etwa 16 oder 17 Jahren liegen“, sagte der Präsident einem Bericht der staatlichen Zeitung „Dscham-e Dscham“ zufolge. Dieser Appell hat vermutlich religiös-islamische Ursachen. „Die Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu euren Saatfeldern, wo und wann immer ihr wollt“, so lautet eine Grundanweisung für das Eheleben aus dem Koran (Sure 2, 223). Ob diese Bemühungen tatsächlich Erfolge zeitigen, ist zweifelhaft, denn meist sind es materielle Überlegungen, welche die Familienplanung beeinflussen.

Kritiker jeglicher Familienpolitik (nicht nur im Iran) bringen stets das Argument vor, dass das soziale Umfeld mit der international weit verbreiteten Arbeitslosigkeit den Wert einer Förderung von mehr Kindern zweifelhaft erscheinen lasse. Dies mag dort zutreffen, wo die Geburtenrate bei drei, vier oder mehr Kindern je Frau liegt, nicht jedoch bei schrumpfenden Gesellschaften. Eine Geburtenrate von weniger als zwei Kindern bringt langfristig irreparable Schäden für den Staat und seine Bevölkerungsstruktur hervor. Ahmadinedschad erklärte, der Iran könne statt der heutigen Bevölkerung von 75 Millionen auch 150 Millionen Einwohner ernähren, aber bereits jetzt liegt die Arbeitslosenrate bei etwa neun Prozent – vor allem junge Leute sind oft arbeitslos und daher nicht in der Lage, eine Familie zu gründen. Hans Lody


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