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11.12.10 / Abstieg wegen Beliebigkeit / Im Jahr 2011 droht der CDU eine Serie von Niederlagen – Mehrere Ministerpräsidenten könnten fallen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-10 vom 11. Dezember 2010

Abstieg wegen Beliebigkeit
Im Jahr 2011 droht der CDU eine Serie von Niederlagen – Mehrere Ministerpräsidenten könnten fallen

Nicht nur der schlechte Start in die schwarz-gelbe Koalition in Berlin beschert der CDU schlechte Umfragewerte. Auch mehrere Spitzenkandidaten auf Landesebene können mangels Profil und Programm nicht überzeugen.

Nach dem Platzen der schwarz-grünen Koalition in Hamburg stehen in den kommenden 15 Monaten nicht nur sieben, sondern acht Landtagswahlen an.  Und wenn sich die aktuelle Stimmungslage nicht durchgreifend verändert, müssen dann die CDU-Landesväter von Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt (siehe Seite 24), Schleswig-Holstein und Hamburg ihre Posten räumen. Umgekehrt können sich in Berlin oder Rheinland-Pfalz Christdemokraten kaum die Hoffnung auf eine Regierungsübernahme machen.

Besonders der Bruch der schwarz-grünen Koalition in Hamburg kommt für die CDU-Führung um Angela Merkel definitiv zur Unzeit. Die Hamburger Bürgerschaftswahl am 20. Februar liegt einen Monat vor der wegweisenden Wahl im einstigen Musterländle, wo die CDU seit 57 Jahren regiert. Eine Niederlage im hohen Norden könnte eine Kettenreaktion auslösen, befürchten Parteistrategen.

Ähnlich wie die Sozialdemokraten scheinen die Christdemokraten ihren Status als Volkspartei zu verlieren. Spötter sprechen bereits von der „Volkspartei en miniature“, wenn man zwar „das ganze Volk vertreten“ will, wie Sigmar Gabriel (SPD) unlängst verkündete, aber nur ein Viertel der Wählerstimmen erringen kann.

Für die Christdemokratie dramatisiert sich die Lage, weil ihr die Koalitionspartner ausgehen. Die besonders vom neuen Parteivize Norbert Röttgen favorisierte schwarz-grüne Option löste sich an der Elbe in Nichts auf. Die Selbstverleugnung in vielen Sachfragen – bei beiden Koalitionspartner an der Elbe – geht offenbar zu Lasten der CDU. Die Grünen scheinen trotz ihrer krachenden Niederlage bei der Volksabstimmung über die Schulpolitik im letzten Sommer eindeutig die Profiteure zu sein. Sie befinden sich nach neuesten Umfragen mit 20 Prozent auf einem Höhenflug, während die CDU zwischen 22 und 28 Prozent (nach 42 Prozent bei der letzten Bürgerschaftswahl) krebst.

Fast als Drohung erschien daher vielen hanseatischen Christdemokraten das Angebot des ehemaligen Bürgermeisters Ole von Beust, aktiv in den bevorstehenden Wahlkampf einzugreifen. Beust war es schließlich, der selbst vor einem Bündnis mit der hanseatischen Linkspartei nicht zurückschreckte und nicht nur damit die eigene Wählerschaft vor den Kopf gestoßen hat. Sein Nachfolger Christoph Ahlhaus gilt als zwar fähiger, aber uncharismatischer Verwaltungsfachmann. Ein Koalitionspartner ist derzeit für ihn nirgends in Sicht, da die FDP unter fünf Prozent gehandelt wird.

Im Ausland werden für das heraufziehende Desaster bei den Landtagswahlen vor allen Dingen die Freien Demokraten verantwortlich gemacht. Die „Neue Züricher Zeitung“ warf der FDP-Führung unter Außenminister Guido Westerwelle katastrophale Fehler seit der schwarz-gelben Regierungsübernahme in Berlin vor. Dazu zähle die Übernahme des Entwicklungshilfeministeriums, das man einst abschaffen wollte. Ebenso der Außenminister, der im Ausland wenig Respekt genieße, wie jüngst die amerikanischen Botschafts-Depeschen zeigten. Hinzu kämen die nicht eingelösten und vielleicht auch nicht einlösbaren Wahlversprechen von „mehr Netto vom Brutto“ und einem neuen Gesundheitssystem.

Die Schweizer Analytiker halten jedoch auch die CDU-Führung für einen Teil des Problems. Obwohl sich Angela Merkel in letzter Zeit entschlossener gebe, wisse keiner so recht, wo die CDU wirklich stehe. Die Bundeskanzlerin verkünde zwar das Ende von „Multikulti“, aber der christdemokratische Bundespräsident Christian Wulff werbe weiter für eine „bunte Republik Deutschland“. Das alles sorge bei bürgerlichen, konservativen und christlichen Wählern für Verunsicherung und führe zur Stimmenthaltung.

Der ehemalige Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, Hans-Hermann Tiedje, meinte, die CDU sei gerade dabei sich selber wegen „von oben verordneter Beliebigkeit abzuschaffen“. Mit der Frauenquote und der Problematik der „Metro-Menschen“ seien keine Wahlen zu gewinnen.

Alle derzeitigen Prognosen könnten allerdings schnell Makulatur werden, wenn Bewegungen jenseits der etablierten Parteien Wahlerfolge erringen könnten. Ein „Hauch von Tea-Party“ wehe durch Deutschland, meinte Tiedje. In Hamburg werden den bei der Volksbefragung siegreichen Schulreformgegnern zehn bis 20 Prozent der Wählerstimmen zugetraut.            Hinrich E. Bues


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