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11.12.10 / Eine Fahrt in die gleißende Sonne / Bilder von Ernst Mollenhauer im Ostpreußischen Landesmuseum entführen die Betrachter in ein unvergessliches Wunderland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-10 vom 11. Dezember 2010

Eine Fahrt in die gleißende Sonne
Bilder von Ernst Mollenhauer im Ostpreußischen Landesmuseum entführen die Betrachter in ein unvergessliches Wunderland

Es ist ein für den Maler Ernst Mollenhauer (1892–1963) ungewöhnlich kleines Format, das einer Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum den Titel gibt: „Fahrt in die Sonne“. Man sieht einen Fischer in seinem Boot auf ruhigem Wasser der aufgehenden Sonne entgegen staken. Das kleine Gemälde entstand 1945 und wie kaum ein anderes lässt es die Hoffnung erahnen, mit welcher der Maler in die Zukunft blickt. Schon jetzt dominiert das gleißende Licht der Sonne das Motiv, eine Sonne, die man später in dieser Form immer wieder auf Mollenhauers Bildern finden kann. Die Ausstellung in Lüneburg gibt mit geretteten Frühwerken der Zeit von 1919 bis 1925 und Werken der Jahre ab 1945 bis 1962 einen Überblick über das Schaffen dieses ostpreußischen Expressionisten. Dabei bilden die Themen aus Nidden den Schwerpunkt, entsprechend kongenial ergänzt durch eine Serie von Bildern von Sylt. Aber auch Stillleben sowie Motive aus der Eifel, aus Frankreich oder Bayern sind zu sehen.

Wie sein großer Landsmann Lovis Corinth wurde Ernst Mollenhauer in dem kleinen ostpreußischen Städtchen Tapiau geboren. Corinth war es auch, der ein Studium Mollenhauers an der Staatlichen Kunstakademie Königsberg befürwortete. Auf Wunsch des Vaters allerdings absolvierte der junge Ernst zunächst eine kurze Lehrzeit in einer Königsberger Reederei. Von 1913 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, den er als Kompanieführer miterlebte, studierte Mollenhauer unter anderem bei Richard Pfeiffer. Nach dem Krieg kehrte Ernst Mollenhauer nach Königsberg an die Akademie zurück, wo er bis 1922 als Meisterschüler von Arthur Degner blieb.

Schon 1920 fand man den Künstler, der bereits mehrfach in Ostpreußen ausgestellt hatte, in dem kleinen Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung, das dabei war, sich zu einer beliebten Künstlerkolonie zu entwickeln. Im selben Jahr heiratete er Hedwig Blode, die Tochter Hermann Blodes, jenes „Künstlervaters“, der aus dem ererbten Gasthof einen Anziehungspunkt der Künstlerkolonie gemacht hatte. – Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff, Carl Zuckmayer und Thomas Mann waren damals häufige Gäste in Nidden. – Nach einer Episode in den USA (1922–1925), wo er als erster deutscher Künstler nach dem Krieg ausstellen konnte, ging Mollenhauer zurück auf die Kurische Nehrung. Dort in Nidden hatte er sein Atelier, dort blieb er bis 1945 und baute die Künstlerkolonie weiter aus. Mollenhauer kümmerte sich um das Haus Hermann Blode und wurde zum Mittelpunkt eines Kreises, der sich weitgehend dem Expressionismus verschrieben hatte.

Während des Dritten Reichs wurde sein Werk wie das so vieler anderer als „entartet“ abgestempelt, Mollenhauer erhielt Ausstellungsverbot. Auch musste er sich vehement wehren, als die große Bildersammlung des Hauses Hermann Blode zerstört werden sollte. Bis zum Schluss hielt er es in Nidden aus, konnte jedoch nicht verhindern, dass sein gesamtes noch in seinem Besitz befindliches Werk wie auch die Gemäldesammlung beim Einmarsch sowjetischer Truppen zerstört oder verschleppt wurde.

Einen Neuanfang gab es zunächst in Kaarst bei Neuss, später in Düsseldorf. Seine ganze Liebe aber galt der See. Auf der Insel Sylt fand er das, was er auf der Kurischen Nehrung hatte zurücklassen müssen. „Nidden, unvergessliches Wunderland!“, malte Mollenhauer mit Worten. „Wenn der Herbst seine Farben ausschüttete, dann warst du ein einziges Märchen, in dem Gott, der aus weitem Himmel zusah, den Menschen verzauberte.“

Seit Anfang der 1950er Jahre hatte er ein zweites Atelier in Keitum, das allerdings 1969 mit allen dort befindlichen Bildern einer Brandstiftungsserie zum Opfer fiel. Als Mollenhauer starb, wurde er auf der Insel Sylt, deren Dünenlandschaft ihn so sehr an die Kurische Nehrung erinnerte,  auf dem alten Friedhof in Keitum zur letzten Ruhe getragen.

Nicht zuletzt dank des Engagements seiner Tochter Maja Ehlermann-Mollenhauer, die den künstlerischen Nachlass des Vaters mit großer Sachkenntnis verwaltet, ist diese sehenswerte Ausstellung in Lüneburg möglich geworden. Sie ist zugleich der Ausklang eines expressionistischen Schwerpunktes im Ostpreußischen Landesmuseum 2010. So ist noch bis zum

9. Januar parallel zu den Bildern Mollenhauers im Kabinettbereich die Ausstellung „Sinfonie der Farbe“ mit Werken des Expressionisten Alexander Kolde zu sehen. Silke Osman

Die Ausstellung „Fahrt in die Sonne“ im Ostpreußischen Landesmuseum, Ritterstraße 10, Lüneburg, ist bis zum 15. Mai 2011 dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 4 /3 Euro.


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