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11.12.10 / Königsberg streitet über Kopfsteinpflaster / Viele ziehen das deutsche Pflaster dem russischen Asphalt vor – Gouverneur will die Gemüter beruhigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-10 vom 11. Dezember 2010

Königsberg streitet über Kopfsteinpflaster
Viele ziehen das deutsche Pflaster dem russischen Asphalt vor – Gouverneur will die Gemüter beruhigen

An vielen Orten in Königsberg ist es noch zu sehen: Kopfsteinpflaster aus der Vorkriegszeit. Nach langen Dis­kussionen soll es nun endgültig von allen Königsberger Straßen entfernt werden.

Vereinzelt schauen alte Kopfsteinpflaster unter dem Asphalt der Straßen hervor, die zu sowje­ti­scher Zeit mit Asphalt überbaut wurden. Während der Asphalt mit der Zeit brüchig geworden ist, haben die Pflastersteine der Verwitterung getrotzt und sehen aus wie neu.

Seit langem hatten Politiker immer wieder die Entfernung des Pflasters in Erwägung gezogen. Erst jetzt will man Tatsachen schaffen. Bürgermeister Alexander Jaroschuk hält das Entfernen der Steine deshalb für notwendig, weil der Erhalt gepflasterter Straßen erheblich teurer ist als gewöhnliches Asphaltieren. Zum einen handele es sich um Handarbeit und zum anderen gebe es derzeit in Königsberg keine Spezialisten fürs Verlegen und Ausbessern des Pflasters. Darüber hinaus verursache es erheblichen Lärm. Es sei bekannt, dass es einfacher und billiger sei, asphaltierte Straßen zu erhalten. Vor allem für Lastkraftwagen wirke sich Kopfsteinpflaster besonders auf Brücken negativ aus. Das Ausbessern von Schlaglöchern mit einzelnen Pflastersteinen sei zudem recht kompliziert.

Die Entscheidung der Gebietsregierung stößt jedoch auf Widerstand bei den Anwohnern der Straßen, bei denen die Bauarbeiten schon begonnen haben. Von der Drumann- und Jordanstraße (Ostrowskaja), dem Fritzener Weg und der Höftmannstraße (Ozernyj) hat man zum Beispiel vor kurzem das Kopfsteinpflaster entfernt und sie mit Asphalt gedeckt. Dieser zeigte jedoch, wie so oft, nach nur kurzer Zeit Auflösungserscheinungen. Es kommt nicht selten vor, dass neuer Asphalt meist schon nach einem Jahr repariert werden muss, Kopfsteinpflaster dagegen benötigt erst nach Jahrzehnten Pflege. Mitte November rissen die Straßenarbeiter an nur einem Tag Kopfsteinpflaster aus der Aschmannallee (Parkowaja Alleja) gegenüber dem Botanischen Garten heraus, das schon über 100 Jahre dort gelegen hatte. Darüber sind die Straßenanrainer erbost. Ihrer Meinung nach geht damit das besondere kulturelle und historische Kolorit der Straßen verloren. Für Ärger sorgt auch, dass die Pflastersteine oft von der Straße direkt auf den Schwarzmarkt gelangen und sich anschließend als Wegbedeckung auf den Grundstücken privater Villen wiederfinden.

Auch die Bewohner der Hoverbeckstraße (Turgenjewa) haben Alarm geschlagen. Der Bürgersteig, der noch aus sowjetischer Zeit stammt, war so schon verfallen und notdürftig geflickt. Nun wurden auch noch die haltbareren Pflastersteine entfernt. Auf der Schwertbrüderstraße (Ladoschskaja) blieb der Weg dank des Protests der Bewohner erhalten und die Straßenarbeiter mussten bereits entfernte Pflastersteine wieder neu verlegen.

Gouverneur Nikolaj Zukanow war überrascht, dass sich in der Bevölkerung überhaupt Widerstand gegen die Entfernung des Kopfsteinpflasters regte. Er sagte, dass auch in Paris oder Berlin Kopfsteinpflaster nur noch an his­torischen Plätzen erhalten sei. Er schlug vor, die Königsberger Pflastersteine zur Auktion freizugeben, damit jeder, der Interesse daran hat, sie ersteigern könnte, oder sie im Besitz der Stadt zu lassen, um sie für Plätze und Parks zu verwenden.         J.T.


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