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11.12.10 / Nürnberg bietet mehr als Lebkuchen / »Deutschlands Weihnachtsstadt« begeisterte schon den böhmischen Dichter Adalbert Stifter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-10 vom 11. Dezember 2010

Nürnberg bietet mehr als Lebkuchen
»Deutschlands Weihnachtsstadt« begeisterte schon den böhmischen Dichter Adalbert Stifter

Nürnberg ist ein Gesamtkunstwerk. Die innigste Liebeserklärung an die Reichsstadt stammt aus der Feder des Dichters Adalbert Stifter, der 1869 eine zeitlang in ihren Mauern weilte: „Nürnberg ist die schönste Stadt, die ich je gesehen habe. Die Zierlichkeit, Heiterkeit und Reinheit dieser mannigfaltigsten Schönheitslinien erfüllte mich mit den wohltuendsten Empfindungen.“ Wer die Reste der Altstadt mit ihren holperigen abschüssigen Gassen, den herrlichen Fachwerkhäusern und munter sprudelnden Brunnen durchstreift, fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt.

Es soll Musikliebhaber geben, die nach einer Aufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ auf dem nicht allzu fernen Grünen Hügel in Bayreuth erst einmal in die Altstadt Nürnbergs abtauchen. Dort suchen sie Erholung von der „entsetzlichen“ Inszenierung und träumen sich vor Ort in das alte Nürnberg des Hans Sachs zurück.

Der Weg führt automatisch zum Hans-Sachs-Brunnen am Weißen Turm. Er porträtiert in nahezu barocker Manier das pralle Leben des großen Sohnes der Stadt. Monumentale Figuren bevölkern das Becken, die das „bittersüße ehlich Leben“ – das wohl berühmteste Gedicht des Poeten – besingen. Neben seiner künstlerischen Funktion erfüllt das Werk des Braunschweiger Bildhauers Jürgen Weber einen sehr praktisch-ästhetischen Zweck. Er verdeckt den Schacht der nahen

U-Bahn, deren Geräusche vom Plätschern des Brunnenwassers übertönt werden. Ein grandioses Beispiel eleganter Gestaltungskunst ähnlich dem Ensemble anmutiger Häuser aus dem 14. Jahrhundert mit ihren schweren Eichentüren und bleiverglasten Butzenscheiben in der Zirkelschmiedgasse. Davor ein Biergarten wie aus dem Bilderbuch, in dem man im Dezember mit einem Glas Glühwein in der Hand das winterliche Nürnberg genießt. Ein Paar köstliche goldbraune Bratwürste aus der Historischen Bratwurstküche „Zum Gulden Stern“ – die anerkannt besten Würste der Stadt – gehören einfach dazu. Wenn es um kulinarische Genüsse geht, dürfen die berühmten Nürnberger Lebkuchen natürlich nicht fehlen. Auch hier gibt es wieder ein „Best of“ – in diesem Falle die „Confiserie Café Neef“ in der Winklerstraße. Kurz vor dem Fest aller Feste ist genau der Zeitpunkt für eine Lebkuchen-Verkostung, strahlt Besitzer Karl Neef und gibt gleich einige Geheimnisse bezüglich der Herstellung seines Backwerks preis.

„Lekoung“, wie sie in Nürnberger Mundart heißen, sind die reinsten Kalorienbomben und bestehen fast ausschließlich aus Nussmasse und Honig. „Mehl ist kaum drinnen“, erklärt der König aller „Lebküchner“ und lässt die Besucher seine Elisenlebkuchen probieren – süße Träume, die auf der Zunge zergehen.

Die Tradition der Lebkuchenbäckerei ist sehr alt und reicht bis ins Mittelalter zurück. Nürnberg besaß neben Wildhonig aus den umliegenden tiefen Wäldern und zentnerweise Mandeln sowie Nüssen dank seiner internationalen Handelsbeziehungen auch jene exotischen Gewürze, die dem Gebäck erst seinen einzigartigen Geschmack verleihen.

Jetzt zur Weihnachtszeit ist die ganze Stadt angefüllt mit diesem Aroma, das sich mit dem Geruch frischer Tannenzweige, gebrannter Mandeln und Glühweins zu einem betörenden Duftcocktail verdichtet. Überhaupt – und da sind alle Liebhaber dieser schönen Stadt einer Meinung – ist Nürnberg so etwas wie „Deutschlands Weihnachtsstadt“. Diesen Qualitätsbegriff sollten sich die Nürnberger eigentlich gesetzlich schützen lassen ganz so wie ihre Bratwürste und Lebkuchen. Denn nirgendwo anders ist die Vorweih-nachtszeit von einer so ausgelassenen Heiterkeit geprägt wie hier. Die ganze Stadt putzt sich weihnachtlich heraus. Straßen und Häuser sind festlich geschmückt. Den strahlenden Mittelpunkt aber bildet der „Christkindlesmarkt“, das „Städtlein aus Holz und Tuch“, auf dem Hauptmarkt. Dieser Markt blickt auf eine 400-jährige Tradition zurück und zeichnet sich gegenüber den meisten anderen Märkten durch die hohe Qualität der an den Holzbuden und Ständen angebotenen Waren aus. Das Christkindl, ein in güldene Gewänder gehülltes Kind, hat auch in diesem Jahr wieder das große Volksfest eröffnet.

Auf eine Besonderheit sind die Einheimischen besonders stolz: Kurz vor dem Fest beschert das Christkindl die kleinen Patienten in den Nürnberger Kinderkliniken. Ein Brauch, den auch die vielen italienischen Touristen sehr zu schätzen wissen. „Die sind ganz wild auf unsere deutschen Weihnachtsbräuche“, freut sich eine alteingesessene Nürnbergerin. „Denn so was Schön’s ham’s daheim nicht.“

Auch der Handwerkerhof am Königstor gegenüber dem Hauptbahnhof lohnt einen Besuch. Kleine, aber feine Handwerkerläden und Werkstätten laden zum Schauen, Einkaufen und Verweilen ein. Und wo es so „weihnachtet“, ist eine Krippenausstellung nicht fern. Zauberhafte Krippen, die den Besuchern Ahs und Ohs entlocken, sind hier bis einschließlich 30. Dezember kostenlos zu besichtigen. Uta Buhr


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