29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
18.12.10 / Wackeliger »Tisch« / 120 Millionen Euro für Heimkinder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-10 vom 18. Dezember 2010

Wackeliger »Tisch«
120 Millionen Euro für Heimkinder

Er steht auf drei Beinen, dennoch wackelt er: Der „Runde Tisch Heimerziehung“, dessen vorläufige Ergebnisse die grüne ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer am Montag dieser Woche bekanntgab. Mit insgesamt 120 Millionen Euro wollen Bund, Länder und Kirchen Heimkinder für in den 50er, 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlitttenes Unrecht entschädigen.

Aber: Wer wie viel in diesen Topf einzahlen soll, wird in dem nunmehr erzielten Kompromiss eher angedeutet. Lediglich die Kirchen haben sich uneingeschränkt zu ihrer Mitschuld bekannt und ihren finanziellen Beitrag unter – fast – keinen Vorbehalt gestellt. Zahlen wollen sie, allerdings nur in einer „Verantwortungsgemeinschaft“. Bund und Länder hingegen halten sich einige Hintertürchen offen. Nach welchem Schlüssel sie sich zur Kasse bitten lassen, bleibt weiteren Verhandlungen vorbehalten. Außerdem müssen der Bundestag und alle 16 Länderparlamente zustimmen, was keineswegs sicher ist.

Reichlich Ärger gab und gibt es auch auf Seiten der Opfer. Diejenigen, die sich an den zweijährigen Verhandlungen beteiligt hatten, zeigten sich von der Höhe der Entschädigungen nicht begeistert, räumten aber ein, der „Spatz in der Hand“ sei ja mehr wert als die „Taube auf dem Dach“.

Andere, organisiert im „Verein Ehemaliger Heimkinder“ (VEH) hatten sich erst gar nicht an den „Runden Tisch“ gesetzt und träumten stattdessen von einem mit 25 Milliarden Euro ausgestatteten „Tischlein-deck-dich“, an dem sich jeder ohne Einzelfallprüfung bedienen kann. Sie beschimpfen die Opfer, die nun zähneknirschend den Kompromiss akzeptieren, als „Verräter“ und sprechen von „Bevollmerung“.

Antje Vollmer selbst nannte ihre Arbeit am „Runden Tisch“ die „härteste meines Lebens“. In der fraglichen Zeit lebten, auch infolge von Krieg und Vertreibung, rund 800000 Kinder in bundesdeutschen Heimen. 2000 von ihnen haben Entschädigungsansprüche wegen Zwangsarbeit, Prügelstrafe, Psychoterror oder sexueller Übergriffe angemeldet. Die Dunkelziffer für solche – inzwischen verjährte – Taten wird auf bis zu 40000 geschätzt. H.J.M.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren