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18.12.10 / Zuckerbrot und Peitsche vom Fiskus / Steuervereinfachung und härtere Strafen für Hinterzieher – Entlastung eher für die Verwaltung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-10 vom 18. Dezember 2010

Zuckerbrot und Peitsche vom Fiskus
Steuervereinfachung und härtere Strafen für Hinterzieher – Entlastung eher für die Verwaltung

Politiker der Bundesregierung loben sich heftig für die „umfangreichen Entlastungen“, die sie den Bürgern verschafft hätten. Bei näherem Hinsehen schlagen die Maßnahmen finanziell jedoch kaum zu Buche. Für Steuersünder wird es hingegen tatsächlich spürbar enger.

Steuern sind unbeliebt. Heute vielleicht sogar mehr denn zuvor, da den Deutschen schwindlig wird angesichts der Milliarden-Bürgschaften, die Berlin für anderer Länder Schulden abgibt, während bei den Bürgern daheim auf jeden Steuercent gepocht wird – notfalls auch mit Hilfe von Fahndung und Staatsanwaltschaft.

Berlin versucht den Groll mit Zuckerbrot und Peitsche zu dämpfen. Die strengere Bestrafung von Steuersündern wird zeitlich gekoppelt mit einer Reihe von kleinen Neuerungen, die neben geringen Entlastungen vor allem Vereinfachung bringen sollen. Die vollmundige Rede der Politik von einer „spürbaren Entlastung der Bürger“ trifft allerdings auf Kritik: „Entlastet“ werde vor allem die Verwaltung und weniger der Steuerzahler.

Zwei Beispiele: So spart der Staat rund 60 Millionen Euro jährlich, weil künftig nicht mehr belegt (also auch nicht geprüft) werden muss, ob Kinderbetreuungskosten wegen Berufstätigkeit oder aus privaten Gründen anfallen. Ob eine Familie Betreuer anstellt, weil die Eltern beide arbeiten oder etwa weil eine hohe Kinderzahl das notwendig macht – das ist dem Fiskus künftig egal.

200 Millionen spart der Staat gar, weil für das Kindergeld künftig nicht mehr geprüft wird, wieviel Geld volljährige Kinder selbst verdienen, die in Schul- oder Berufsbildung stecken. Bislang galt hier eine Obergrenze von 8004 Euro Jahreseinkommen des Kindes. Doch nur rund ein Prozent der Kinder erreichte diese Grenze. Die Überprüfung war ein Zuschussgeschäft für den Staat.

Eine wesentliche Vereinfachung für Steuerzahler wie Finanzämter gleichermaßen bringt die Neuregelung für Leute, die jedes Jahr in etwa das Gleiche verdienen: Sie sollen ihre Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre abgeben müssen. Auch bei Erbschaften tut sich etwas: Hinterlässt ein Verstorbener Geld bei einer Bank, so musste die Bank dies bislang ab einem Betrag von 5000 Euro melden. Künftig liegt die Grenze bei 10000. Weitere Vereinfachungen treffen Pendler, Unternehmen und Landwirte.

Beim härteren Vorgehen gegen Steuerhinterzieher will sich der Staat von seiner weniger kommoden Seite zeigen: Bislang gaben Selbstanzeiger oft nur jene „Schwarzgelder“ zu, denen der Fiskus sowieso auf der Fährte war, und verschwiegen andere, die sie besser verborgen glaubten. Künftig müssen die Sünder wirklich alles offenlegen. Wenn künftig noch etwas Unangemeldetes gefunden wird, dann setzt es auch Strafe für das bereits zugegebene Schattengeld.

Hintergrund: Nach dem Ankauf von CDs mit den Daten deutscher Steuerflüchtlinge in der Schweiz hagelte es zwar Selbstanzeigen der Aufgeflogenen. Jedoch hegen die deutschen Steuerfahnder den Verdacht, dass die scheinbar Reuigen nur über die Konten Ehrlichkeit einkehren ließen, wo sie sich bereits am Haken wähnten. Das soll sich durch die neue Regelung ändern.

Zahlreiche Steuerflüchtlinge reagieren indes auf ganz andere Weise: Nach der vom Ausland, auch und besonders von Deutschland, erzwungenen Lockerung ihres Bankgeheimnisses verzeichnen Schweizer Kreditinistitute einen massiven Kapitalabfluss hin zu anderen Finanzplätzen. Ausländische Anleger haben in diesem Jahr bereits umgerechnet rund 70 Milliarden Euro aus der Schweiz heraustransferiert – so die Schweizer Nationalbank, die die Kaptalströme von 76 Banken des Landes untersucht hat.

Dabei gibt es noch Zweifel an der Vollständigkeit dieser Aufstellung. Nach dem Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland, Großbritannien und vier anderen Ländern hofft die Schweizer Bankenwelt zwar auf Frieden und appelliert an die heimischen Geldhäuser, diesen nicht zu gefährden. Doch selbst der Branchenverband „Schweizerische Bankiervereinigung“ fürchtet offenbar, dass Schweizer Banken diesen „Frieden“ gefährden, indem sie ihren Kleinten helfen, ihr Geld auf Auslandsniederlassungen zu verlagern. Kenner der Szene sind sich recht sicher, dass genau dies geschieht.

Der steil aufstrebende Finanzplatz Singapur, an dem auch die Schweizer sehr aktiv sind, verzeihnet enorme Geldzuflüsse: Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres sind die Depotbestände von Ausländern dort um rund 24 Milliarden Euro gewachsen. Allerdings warnen Experten, dass alsbald auch der Druck auf Singapur zunehmen könnte. Solchen Druck ausüben dürften vor allem Staaten, die finanziell in Schwierigkeiten stecken. Und das betrifft neben Japan und den USA nahezu alle europäischen Länder inklusive Deutschland.

Für Normalverdiener ist Tugend bei der Steuererklärung ohnehin durch den Mangel an Gelegenheit bedingt. Sie verfügen weder über die Beträge noch über die Kanäle, um mit ihrem Geld in der Schweiz, in Singapur oder sonstwo unterzutauchen.

Umso mehr füchten Politiker und selbst Wirtschaftsexperten den Groll der Steuerbürger angesichts der von niemandem mehr zu überschauenden Belastungen durch die Eurokrise. Einige empfehlen den Deutschen gar, eine „Tea Party“-Bewegung nach US-Vorbild zu bilden. Eine Massenbewegung also, die gegen die Ausplünderung des Volkes für ambitionierte Ziele orientierungsschwacher Politiker kämpft. Allerdings halten viele die Deutschen für zu zahm dafür.

Eher schon, heißt es, würden die Franzosen auf die Barrikaden gehen, wenn ihre Regierung Leistungen kürzt und Steuern erhöht, um bankrotten Euro-Staaten aus der Patsche zu helfen.Hans Heckel


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