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18.12.10 / Die Meere leeren sich rasant / Entgegen allen Beteuerungen wird die weltweite Überfischung immer bedrohlicher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-10 vom 18. Dezember 2010

Die Meere leeren sich rasant
Entgegen allen Beteuerungen wird die weltweite Überfischung immer bedrohlicher

Auf den Speisekarten der Klima-Diplomaten in Cancun standen sie, auf der Agenda der Konferenz fehlten sie indes: Die Meeresfische und der drohende Kollaps der internationalen Fischereiindustrie.

Dennoch erhöhten Ende Dezember die 27 nationalen Fachminister der 27 Staaten der EU die Fangquoten, beim Hering um über 20 Prozent, bei der Scholle um 15 Prozent. Es ist eine politische und keine ökologische Entscheidung, die sich auf schwer nachprüfbare Fakten stützt. Denn in den rund 4000 Unternehmen des Industriezweiges arbeiten EU-weit 126000 Beschäftigte, 85000 Schiffe furchen mit ihren Netzen den Meeresgrund, voran aus Spanien, Italien, Portugal und Frankreich.

Eine löbliche internationale Ausnahme gilt dem bedrohten Thunfisch: Die „Western and Central Pacific Fisheries Commission“ in Hawaii setzte die Fangquoten für 2011 und 2012 für jungen Blauen Thunfisch herunter. Für Japan bedeutet das eine Reduktion um 26 Prozent von derzeit 6100 Tonnen jährlich.

Jedoch: Im Nordatlantik gibt es wegen Überfischung für die großen Flotten schon nicht mehr genug an Deck zu ziehen, also weichen sie nach Süden aus. Zum Teil plündern sie die Fischgründe anderer Nationen schon lange Zeit, so die Spanier vor Somalia. Dort erholen sich inzwischen, ironischerweise „dank“ der Piraten, die Fischbestände wieder.

Jetzt sind die Küsten von Westafrika dran. Angesichts der intensiven Ausbeutung vor Ländern wie Senegal steht die Fischereipolitik Brüssels auf fragwürdigen Säulen. Die Eurokraten handeln mit den Küstenstaaten Quotenabkommen gegen Bargeld aus und zerstören so langfristig die Ernährungsgrundlagen der Einheimischen, die mit ihrer handwerklichen Fischerei gegen die industrialisierten Flotten Europas keine Chance haben. Schon heute gelten dort rund 30 Prozent der Menschen als unterernährt.

Da die Bevölkerung wächst, die Fischbestände aber eher abnehmen, entzieht die EU zur Deckung des eigenen luxuriösen Bedarfs den Menschen dort eine wichtige Nahrungsgrundlage. Und es klingt wie Hohn, wenn einige Staaten die aus Brüssel eingehenden Gelder ausgerechnet dafür verwenden, ihrerseits Fisch zu importieren.

Lediglich Namibia und Mosambik zogen die Konsequenz und setzten dieser Politik ein Ende. Die beiden Länder setzen auf internationale Kooperation, Charterverträge und umfangreiche Kontrollen. Zugleich entwickeln sie ihre eigene Fischerei. In Mauretanien griff China ein und finanzierte im wohl verstandenen Eigeninteresse den Aufbau der dortigen Fischwirtschaft.

Beim Weltgipfel 2002 in Johannesburg waren die europäischen Länder übereingekommen, bis 2015 ihre Fischbestände wieder aufzubauen – große Worte und kleine Taten. Für einige Fischarten kämen Taten ohnehin zu spät. Der Bestand von zwölf Spezies ist erschreckend geschrumpft. Dazu gehört nach Erkenntnissen von Anfang 2010 auch die Scholle, bei der jetzt die Quoten wieder steigen. Nur drei der 54 untersuchten Fischarten im Nordatlantik haben eine ausreichende Bestandsgröße.

Sicher ist, dass der Fischbedarf nur noch gedeckt werden konnte, indem die Gründe bis 1970 jährlich um je eine Million Quadratkilometer ausgedehnt wurden. Erschwert werden alle Maßnahmen durch die vor allem im Pazifik geübte illegale Fischerei. So räumen die Japaner in der 300-Meilen-Zone Samoas illegal ab, weil Samoa zwar ein Aufsichtsboot besitzt, es jedoch wegen der Spritpreise kaum auslaufen lässt.

Nicht nur die Überfischung macht der Wissenschaft Sorgen, es sind auch die sich immer mehr verschlechternden Umweltbedin­gun­gen in den Ozeanen. Zwar ei­nigten sich die Unterhändler im Oktober beim UN-Naturschutzgipfel im japanischen Nagoya darauf, zehn Prozent der internationalen Meeresgewässer unter Schutz zu stellen und die Überfischung durch eine nachhaltige Fischwirtschaft weltweit zu stoppen. Doch wie das in der Praxis nach allen Erfahrungen mit anderen Übereinkommen aussieht, steht in den Sternen. Solange der Verbraucher noch seine beliebtesten Fische auf dem Teller hat, ist an seine Mitwirkung durch Verzicht am wenigsten zu denken. Joachim Feyerabend


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